The Brandos / Over The Border
Over The Border Spielzeit: 44:14
Medium: CD
Label: Blue Rose Records, 2006
Stil: Tex-Mex Rock


Review vom 10.12.2006


Jürgen B. Volkmar
Es gibt Veröffentlichungen, die werden richtiggehend herbeigesehnt. Dies ist eine dieser seltenen Spezies. The Brandos, Kultgruppe aus New York, die in der Vergangenheit bereits mit Alben der Extraklasse glänzten, präsentieren nach 8 Jahren Abstinenz ihr neuestes Werk - erstmals beim deutschen Blue Rose Records-Label.
Bereits mit den ersten Klängen des Titelsongs "Over The Border" eröffnen sich fantastische Melodienlandschaften. Eine akustische Gitarre sorgt bereits nach wenigen Takten für mexikanisches Feeling und wird eingerahmt von einer elektrischen Gitarre, auf die perfekt eingestimmt, die Stimme von Dave Kincaid folgt. Klagend, fast filigran ertönt eine Melodie, die sofort an Westernfilme erinnert und die Glanz und Elend des mexikanischen Volkes widerspiegelt. Rau, kehlig und doch einfühlsam zaubert dieser Track Bilder in magischer Schönheit.
Eingetaucht in diese Welt macht "Walking Home" einen Szenenwechsel in rockigere Gefilde. Druckvoll und metallisch rein, setzt die Gitarre Melodien frei, die, wie könnte es anders sein, durch perfekte Arrangements glänzen. Vollendete Refrains, mal süß, dann wieder scharf wie Tequila, setzen Akzente für Liebhaber gut gewürzten Roots Rocks.
Wie am Fließband reiht sich ein Höhepunkt an den nächsten.
"The Only Love I Can Get" kommt schleppend und schwer. Die Drumsequenzen sind exakt wie die Kolbenhübe eines V8 Zylinders. Kein Geringerer als Simon Kirke, Schlagwerker der Rocklegenden Free und Bad Company, setzt hier wahre Drumeruptionen frei. Die Gitarren mahlen im Hintergrund, Töne werden extrahiert und im Breitwandsound sorgsam sortiert, leicht funkig mit Vocals, heiß wie ein Durchlauferhitzer.
Bei "She's The One" stehen die Signale ebenfalls auf Rock. Breitbeinig knallen die Gitarren, perfekte Backgroundchöre formen einen Klassiker. Erinnerungen an Velvet Underground kommen hoch, jedoch noch fetter und intensiver. Dieser Track krallt sich fest in der virtuellen Bestenliste des Zuhörers. Ein Megaohrwurm, der mit Elan die komplette Bay Area hinabrockt.
The Brandos haben es schon immer verstanden, Rockperlen erster Güte zu züchten. Balladen, Stampfer sowie Traditionelles zerfließen zu einem Kunstwerk eigenen Stils. "The Triangle Fire" ist so eines. Balladesk mit irischen Wurzeln, Geschmack von Single Malt liegt in der Luft, Kincaid zaubert Gefühle von zerbrechlicher Anmut. Die ganze Vergangenheit irischer Einwanderer verpackt in einen Song von elegischer Grandezza.
Quicksilver Messenger Service wird mit "Dino's Song" wieder zum Leben erweckt. Groovig signalisieren die fließenden, auf Hall gestimmten Gitarrenläufe hippieskes Feeling. Hier wird aus dem reichhaltigen Rockbackkatalog ein neuer Klassiker geformt. Rock mit Surfappeal im hier und jetzt, modern und eingängig.
Mit "Merrily Kissed The Quaker" wird ein Instrumentaltrack auf irischer Folkbasis präsentiert. Dudelsäcke und Shanty Gesang lassen irische Historie entstehen. Perfekte Gitarrenarbeit veredelt das Bürgerkriegs-Traditional "The New York Volunteer" in zeitgemäßer Form. Mandolinen und Gitarren vereinen sich zum Tanz durch die Jahrhunderte.
"He's Waiting" zollt den längst vergessenen Sonics verspätet den fälligen Tribut. Schnörkelloser Gitarrenrock: Rollend und kraftvoll wird drauflos gerockt. Hier zeigt der Sänger seine Standfestigkeit in allen Facetten des Rock.
"Let It Go" kommt rau und melodisch und überzeugt mit wechselnden Harmoniegesängen in hoher emotionaler Tiefe. Druckvoll agiert das Schlagzeug und lässt einen Uptempo-Rocker ohne Klischee entstehen. Gitarrensoli kommen grandios verzerrt mit einer Intensität hart an der Grenze zur Dissonanz.
Reduziert auf das Wesentliche und in Originalsprache endet das Album mit "Guantanamera", das in dieser Interpretation Wehmut und Sentimentalität in unnachahmlicher Form vereint. Die Kakteen werden blutrot in der untergehenden Abendsonne und glutäugige Senoritas werfen verheißungsvolle Blicke.
Ein Showdown der Gefühle übermitteln uns The Brandos mit "Over The Border". Emotional und auf höchstem Niveau produziert, reißt uns dieses Album in einen Looping der Gefühle. Ein akustischer Glanzpunkt reiht sich an den anderen und macht dieses Werk mit Sicherheit zu einem Referenzalbum in diesem Genre.
Viva Brandos, die Zukunft gehört euch.
Die gerade angelaufene Tour (siehe Tourdaten) ist jedem nur ans Herz zu legen!
Line-up:
Dave Kincaid (lead & backing vocals, guitars, mandolin)
Ernie Mendillo (bass & vocals)
Frank Funaro (drums)
Andy Burton (hammond organ)
Jerry O'Sullivan (uilleann pipes & whistle)

Guest musicians:
Dennis Diken (drums # 4, 8)
Simon Kirke (drums #3)
Tracklist
01:Over The Border
02:Walking Home
03:The Only Love I Can Get
04:She's The One
05:The Triangle Fire
06:Dino's Song
07:Merrily Kissed The Quaker/The New York Volunteer
08:He's Waiting
09:Let It Go
10:Guantanamera
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