Mit "Bad Religion" erschien 1997 das letzte Album von Brazen Abbot und nun gibt es endlich ein neues Silbertörtchen des bulgarischen Multiinstrumentalisten und Saitenhexers Nikolo Kotzev, der sich ohne Frage in die lange Liste der Gitarrenhelden einordnen kann: "Guilty As Sin" nennt sich das Teil.
Brazen Abbot, das sind: Ian Haughland an den Drums, John Leven am Bass sowie Mic Michaeli am Keyboard (die ehemalige Europe-Hintermannschaft), die sich bereits auf dem Album "Nostradamus" bewährten. Außerdem konnte Nikolo Kotzev die Ausnahmeshouter Joe Lynn Turner (Rainbow, Yngwie Malmsteen, Deep Purple), Jorn Lande (TNT, Company Of Snakes, Masterplan) und Goran Edman (Talisman, John Norum, Yngwie Malmsteen)gewinnen, die aufs I-Tüpfelchen passend bei den einzelnen Songs eingesetzt werden.

Irgendwelchen Trends hecheln Brazen Abbot keinesfalls hinterher und wer auf klassische Mucke im Stil von Rainbow und Deep Purple steht, ist mit diesem Album wirklich bestens bedient. Es ist Nostalgie pur.

Schon beim Opener "One Life To Live" legt Turner stimmlich mächtig los, gewürzt mit Nikolo Kotzev's Gitarren-Soli, womit dem Song richtig ordentlich Drive verpasst wird.
Beim nächsten Stück "Eyes on the Horizon" beweist Jorn Lande, dass er ebenfalls zu den besten Sängern des Genres gehört. Gitarre und Keyboard liefern sich ein tolles Duell.

Im dritten Song singt Goran Edman eine gefühlvolle Ballade, die mir persönlich aber ein wenig zu schmalzig geraten ist.
Nach dieser kurzen Erholungspause folgt gleich wieder ein exzellenter Midtempo-Kracher der nach einem bombastischen Start sofort ins Ohr geht: "Slip away".

Hey, hey, was ist das denn? "Mr. Earthman" erinnert mich fatal an einen ganz bestimmten Deep Purple-Song: Keyboard, Gitarre, Rhythmus, ja selbst Jorn Lande's Stimme!
Noch mal den Song von vorn gespielt.
Ich überlege und überlege - da - ich hab's: Natürlich, es klingt fast wie "Highway Star", ist aber doch keine billige Kopie.

"Like Jonah": und wieder gibt es ein einleitendes Gitarrensolo, untermalt mit Chorgesang. Dabei überrascht der ungewöhnliche Rhythmus, aber dieser Song hat im Endeffekt doch wieder etwas faszinierendes.
Danach folgt eine Ballade mit einem sehr schönen und eingängigen Refrain und der ebenfalls tollen Stimme Jorn Lande's. Welch ein unter die Haut gehendes Stück: "Bring The Colors Home". Eine der Balladen, die wirklich sehr gut gelungen und anhörenswert ist!

"Fool's Confession" und "Supernatural", beides Rocknummern, zünden bei mir erst nach mehrmaligen Hördurchläufen.
Mit "Eve" wird es sogar mal akustisch, die dritte Ballade des Albums übrigens. Anschließend wird mit "A Whole Lotta Woman" wieder ein ordentlicher Kracher um die Ohren gefetzt, dass es raucht und Mr. Kotzev beweist auch hier wiederholt seine Fingerfertigkeit auf den Saiten.

Den Abschluss bildet der Titeltrack "Guilty As Sin", mein absoluter Favorit, der mich von mal zu mal mehr begeistert.
Ganze 8.53 Minuten Vollbedienung pur!
Es ist ein Midtemposong mit eingängiger Melodieführung, den Refrain mehrstimmig gesungen, fließende Gitarrenläufe, wunderschöne Soli, welche sogar etwas an Yngwie Malmsteen erinnern aber nie in eine wilde Frickelei ausarten. Den Höhepunkt bilden gegen Ende des Stückes orientalische Klänge.
Wirklich genial und ein würdiger Ausklang für ein solides und hörenswertes Album, dessen Produktion Nikolo Kotzev selbst übernahm.
Allen Nörglern zum Trotz: Für Nostalgiker ist das Teil einfach ein Ohrenschmaus und für Kotzev-Fans natürlich ein Muss.

Als störend empfinde ich, dass der Rezensent nicht mehr die eigentliche Kauf-CD auf den Tisch bekommt, so dass es z.B., wie in diesem Fall, einer ausführlichen Recherche bedurfte um herauszufinden, welcher der 3 Shouter bei welchem Song mitwirkt, sofern man die Stimmen nicht von vornherein auseinanderhalten kann.
Leider ist auch keine ausführliche Aussage zum Booklet und dessen Gestaltung möglich. Schade eigentlich. Zu einer richtigen Rezension ist die Original-CD mit Original-Booklet unabdingbar.

Anspieltips: "One Life To Live", "Bring The Colors Home", "Guilty As Sin"