Brocelian / Lifelines
Lifelines Spielzeit: 43:44
Medium: CD
Label: 7hard, 2014
Stil: Symphonic Metal/Melodic Metal

Review vom 04.10.2014


Jochen v. Arnim
Es ist doch immer wieder dasselbe, du legst eine Platte ein und weißt schon bei den ersten Tönen, ob dich das Teil packen wird, oder ob es womöglich einiger weiterer Durchläufe bedarf, in der Hoffnung, der Funke möge überspringen. Logisch, auch der zweiten Kategorie soll man eine Chance geben und für einen Schreiberling in Sachen Musik steht das eh außer Frage. Warum sage ich das? Nun, unsere Band hier gehört ganz klar zur ersten Fraktion!
Bin ich auch sonst eher verhalten, wenn es um mystisch angehauchten, Sopran singenden, Frontfrau bestückten Metal mit klassischem Einschlag geht. So manch eine Truppe überdreht die Schraube gehörig und geht den meisten Hörern nach spätestens 15 Minuten auf den Pinsel - kleine Ausnahmen bestätigen die Regel.
Was haben wir denn hier nun eigentlich in der Rotation? Brocelian nennt sich das Sextett aus dem Raum München. Vier Jungs und zwei Mädels gehören zum Line-up: Susan am Mikro und Elli an der Violine (war ja fast klar) und die Gitarre, der Bass, die Keyboards und die Trommeln werden von Alex, Stefan, Francesco sowie Anderl bedient - Nachnamen gibt es nicht. Zu Beginn des Jahres veröffentlichte die Truppe ihr Debütalbum mit dem schönen Titel "Lifelines", das seinerzeit bei dem kleinen bayerischen Independent-Label Bad Land Records für den digitalen Markt verlegt wurde. Im Mai kam dann das Signing bei 7hard und die ersten richtigen Rundlinge fanden im Sommer den Weg in die realen Regale.
Mystisch-episch gibt sich die Truppe, die ihren Namen aus dem Sagenkreis um König Arthus entlehnten. Brocéliande sind die alten Wälder in Frankreichs Bretagne, um die sich fantastische Geschichten ranken. Und genauso fantasievoll gestaltet die Band ihre Geschichten, die in dem Dutzend Songs auf "Lifelines" zu finden sind.
Trommeln und Violinenklänge eröffnen die Platte in "Fields Of Sadness" und der Titel ist Programm. Da dringt schon eine gewisse Schwermut durch, die die ersten akustischen Töne begleiten. Setzt dann die glockenhelle Stimme Susanns ein, bekommt der Hörer ein wenig Licht in die Stimmung. Schon mal eine gelungene, wenn auch sehr moderate Mischung aus traditionellen, mittelalterlichen Klängen und einer härteren Gangart, wenn die rockigen Passagen eingeflochten werden. Chorale Backings runden den positiven ersten Eindruck sehr schön ab.
Mit dem zweiten Track aber geht die Reise erst richtig los und der Wechsel zwischen den Stilen kommt voll zur Geltung. Meist zwar sanfterer Gesang, aber die kernigen Gitarrenpassagen und die Rhythmusparts legen kräftig an Härte zu, bereiten die Spur für den Rest der Scheibe vor. Überhaupt fällt schon beim ersten Durchlauf auf, dass "Lifelines" mit jedem Song an Spannung zulegt.
Dazu werden nicht nur an den richtigen Stellen die Riffs härter und Bass oder Schlagzeug eindringlicher, auch mehrstimmige Backings verbreiten geschickt eine gewisse Dramatik. Natürlich ist das Strickmuster klar, es gibt einen steten Wechsel vom einen zum anderen Genre, die Passagen mit beidem jedoch machen das Salz in der Suppe aus. Dazu kommt eine fein arrangierte Regulierung der Tempi, die für zusätzliche Kurzweil sorgt.
Orchestrale Epik ist ein weiteres Stilmittel, mit dem Brocelian arbeiten. Hierzu höre man nur das Intro von "Morphine", das auch sonst einer der stärkeren Songs ist. A propos Stärke, die nimmt ja mit fortschreitender Spieldauer zu: "A Winter's Dream", der vorletzte reguläre Song, ist an Stimmung nur schwer zu überbieten. Leicht plätschert der Gesang, von ein wenig akustischer Gitarre und der Violine begleitet, wenngleich auch mit subjektiv gefühlter Trauer versetzt. Man möchte fast zu einem Gedichtband aus der Zeit der Romantik greifen, um die Stimmung ins Schöne zu wandeln…
Auch in "Unbreakable" fokussiert sich dann gefühlt alles bereits Gespielte, der Song steigt in höchste Gefilde auf. Mit erneut knackigem Riffing und einer eindringlichen Stimme wird hier der letzte reguläre Akzent des Albums gesetzt. Danach gibt es mit "Dornen" einen nochmals kräftig abrockenden Track. Auf Deutsch gesungen, macht der 'Rosengarten' richtig was her und beschließt die Platte eindrücklich.
Um "Lifelines" zu mögen, muss man sich auf die Stilmittel dieses Genremixes einlassen können. Man muss mit den weiblichen Sopranstimmen klarkommen und darf sich klassisch-traditionellen Klängen nicht verschließen. Wer das kann, der wird mit Brocelians Debütalbum viel Freude haben!
Line-up:
Susan (vocals)
Alex (guitar)
Elli (violin)
Stefan (bass)
Francesco (keyboards)
Anderl (drums)
Tracklist
01:Fields Of Sadness
02:Devil's Babe
03:Garden Of Roses
04:Heartstrings
05:Lost Memories
06:Last Hope
07:The Hunt
08:Theatre Moments
09:Morphine
10:A Winter's Dream
11:Unbreakable
12:Dornen (bonus track)
Externe Links: