Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt man. Dieses Statement scheint auch auf das New-Country-Business in diesem Jahr bestens übertragbar zu sein. Ich kann kaum noch nachvollziehen, wie viele tolle neue CDs ich seit Januar in meinem Player liegen hatte. Habe ich vor kurzem noch Wynonnas aktuelle Scheibe zum Highlight des Jahres emporgehoben, da lassen Brooks & Dunn den nächsten Kracher los.
Und ich bin mir relativ sicher, dass die beiden Herren mit "Red Dirt Road" bei den
anstehenden Awards ein schwer wiegendes Wort mitzureden haben werden. Denn es ist ihnen ein komplettes, perfektes Album geglückt, wobei viele Songs aus der eigenen Feder stammen. Sie präsentieren sich stärker denn je als Vocal-Duo, denn Kix Brooks wurde diesmal in recht hohem Maße am Gesang beteiligt und auch mit dem Titelsong ist ihnen ein echter 'Earcatcher' mit persönlicher Note gelungen.
Auffällig sind die dezenten Huldigungen vieler Größen der Musikszene. Retrowelle? Eher nicht! Brooks & Dunn lassen dem Zuhörer Spielraum zur Interpretation, erhalten das typische New-Country-Feeling aber jederzeit. Direkt das Auftaktgitarrenriff und auch der Titel sind eine deutliche Anspielung auf "Honky Tonk Women" von den
Rolling Stones; das southernrockigee "Caroline" mit seinem stampfenden Rhythmus und herrlichen Dobroslideeinlagen, als auch "Good Cowboy" machen ihren Diener vor
ZZ Top; bei "When We Were Kings" beenden
U2-artige Gitarrenrhythmen
den Song, "That's What She Gets For Loving Me" wirkt wie eine Mischung aus
Neil Young, Eric Clapton zu "Ocean Boulevard"-Zeiten und
Diamond Rio; "I Used To Know This Song By Heart" ist ein toller Blues mit leichtem Gospeltouch, der von den Gitarrensoli her Parllelen zu Eric Clapton und den
Allman Brothers beinhaltet; "Believer" könnte den
Neville Brothers gewidmet sein; "She Was Born To Run", zeigt wie
Bruce Springsteen klingen müsste, so dass ich mir mal eine CD von ihm zulegen würde; "Good Day To Be" enthält
Charlie Daniels- typischen Sprechgesang und ein Beten für die kämpfenden US-Soldaten (wenn's als Persiflage gedacht war, wär es ja ok...)
Trotzdem, das genretypische Flair bleibt zu jedem Zeitpunkt das überwiegende Moment.
Weitere Highlights: "Feels Good Don't It" und "Till My Dyin' Day" sind Gute-Laune-Rocker zum Abdancen; "Memory Town" ist eine Sonnenuntergangsballade, die jeden Marlboro-Spot im Hintergrund veredeln würde - wunderschöne Hammond- und Mandolinenklänge untermalen dieses Lied mit Lagerfeuer- und Cowboyromantik; "My Baby's Everthing I Love" ist ein swingendes Country-Jam-Stück, wo jeder ein Solo einwirft, der gerade ein Instrument
zur Verfügung hat.
Habe ich noch was vergessen? Ach ja, etwas zu meckern gibt es dann doch: Der Hidden-Track entpuppt sich als Gospel-Kirchenchor-Lied der übelsten Sorte, die klischeehafte Covergestaltung, sowie die rotgerasterte Schrift auf bräunlich gerastertem Hintergrund machen das Anschauen und Lesen zur Qual.
"Red Dirt Road" von Brooks & Dunn kann man natürlich bei Bärchen-Records bestellen.