Ein knapp zweistündiges Rock'n'Roll-Gewitter krachte an diesem Dienstagabend ab 20:10 Uhr auf uns hernieder, sorgte für immerwährende Bewegung des Körpers und half ihm auch auf die Sprünge. Es verursachte wohlige Schauer und machte uns nass, 'schwitznass-schweißgebadet'. Wir schlotterten vor Wärme, nur die Blitze stammten von einigen Kompaktkamerabesitzern.
Die Verursacher des Infernos und die Leute, die vor 'zig Jahren die höchsten Weihen des Rock'n'Roll-Gottes erhielten: Dan Baird, der sich an der zerschrammten Telecaster die Seele aus dem Leib und wieder zurück rockte, zuständig für den Saitenrhythmus und den 'knarzrockigen' Gesang.
Gibsonmaster Warner E. Hodges aus Nashville/Tennessee - er erblickte übrigens vor 51 Jahren in Würzburg das Licht der Welt - gab alles, uns und sich nicht schonend. Ein Lead-Gitarrist wie er im Buch der Gitarren im Kapitel 'ich kann spielen wie ein Weltmeister aber diene immer der Band und dem Song' an vorderster Stelle steht.
Keith Christopher an den sehr swingend gezupften Saiten, die den Untergrund zum Songgebilde bilden, aber beileibe nicht im Untergrund agierend sondern immer mittendrin statt nur dabei und singen kann er auch.
Und im Hintergrund der Bühne aber nicht im Hintergrund 'Dr. Prügelpeitsch' (danke Otto Waalkes) Mauro Magellan am Schlagzeug, mit Betonung auf Schlag. Mauro prügelt derart auf das bedauernswerte Ensemble ein, dass du jeden Moment damit rechnest, gleich drischt er das ganze Zeug durch den Bühnenboden und er peitscht die Band spaßeshalber nach vorne… Wie hält er das bloß zwei Stunden lang aus… sein Geheimnis.
Dieses Quartett singt und spielt das Hohelied des Rock 'n' Roll der Berry'schen Art, auf diese und jene Weise und in einer Qualität die keine andere Band dieser Erde meiner bescheidenen Meinung nach erreicht, von zwei, drei, vier Ausnahmen abgesehen, frühe AC/DC, Quireboys, Rhino Bucket, The Four Horsemen!
Der Präsident des erdigschmutzigen Rock'n'Roll-Vereins, Dan Baird, zählte vor und ab ging der Rock mit "Dixie Beauxderaunt", einem auch mal leicht in die Countryecke schielenden Song über ein Mädel aus Thibodaux/Louisiana, herrlich rustikal verschleppt 'groovend': die Stimmung vor und auf der Bühne prickelte um die Wette mit dem Schaum in etlichen Gläsern und Flaschen mit nieder- und mitteltourigem Bier der begeisterten Zuhörer: Drei Akkorde für ein Halleluja - daraus wurden 120 Hallelujahs, und die prasselten auf die Band ein. Die vier Rocker und etliche Mädels wie Jungs im Publikum feierten über zwei Stunden lang und kurzweilig eine Ü50 Party ohne Prosecco und Häppchen, mit viel Bier und Mon Cheri.
"Mon Cherie" gab es auch von der Bühne - »My my mon cheri« - mit oder ohne E ist jetzt egal. Dan weihte uns mit Inbrunst darüber ein, wie das so ist mit seiner Mademoiselle… ein Uptempo-Kracher der trockensten Art. Die Band spielte wie aus dem Buch - so muss eine Rock'n'Roll-Kapelle spielen und klingen. Und was ich an dieser Band so besonders mag, ist ihre Spontanität in Bezug auf den Einbau von Coverversionen in ihr Liedgut. Mal mit ein paar Tönen kurz angedeutet, mal etwas ausführlicher ausgedeutet, so enthielt der sowieso schon sehr schwer hymnische Bandklassiker "All Over But The Cryin'" durch das funkige Lou Reed'sche "Sweet Jane" noch den besonderen Groove und Dan sang um sein Leben.
Das Spontane geschieht auf Zuruf oder durch kurze Absprachen und was ich auch noch hervorheben möchte und will, die Jungs verstehen sich blind und spielerisch passt da kein anderes Notenblatt mehr zwischen.
"The Letter" - im Original von den Box Tops - bauten die vier in ihren Song "Keep Your Hands To Yourself" ein. Dies war 1986 der größte Hit der damaligen Band von Dan und Mauro, den Georgia Satellites und klingt erfrischend in der Hitze des Auftritts. Die Jungs schonen sich und uns in keinster Weise, in der Zeche wird der Spaß gefördert und ein 'Gitarrenschrupprhythmusspielfinger' von Dan muss danach mit Pflaster getapet werden, das erledigt Warner E.
Eine Soloeinlage gab es von Dan mit "Another Chance", das habe ich bei meinen bisher besuchten Homemade Sin-Konzerten immer als ein besonderes Highlight empfunden - auch hier und heute wieder. Ich singe leise für mich mit: »don't wanna ask for another chance«, ein leiser 'Rockenroller', perfekt.
Neben anderen Liedern gab es noch was aus dem Leben von "Sheila" »put your red dress on… singing nananana, nananana, oh, oh, Sheila, Sheila…«. Den Refrain gab es einige Male mittendrin von den Mitsingern unter den Zuschauern unplugged und A Capella. Dazwischen mal wieder ein Ausflug, diesmal in den Punk mit "I Wanna Be Sedated" von den Ramones, ein 'Covereinfügungssprengsel' zur Tempoverschärfung.
Der sehr schleppbluesige Beginn des Klassikers "Railroad Steel" gefiel mir altem 'Blues-Kopp' besonders. Der Steel fährt nach den zwölf Takten ab wie ein ICE ohne kaputte Klimaanlage.
Die Zugaben des Quartetts und Schlussattacken auf die hin und her gebeutelten Zuhörer gehörten diesmal reinen Coverversionen: "American Girl" von Herrn Petty und "Helpless" von Neil Young, sie schließen ein hochoktaniges Konzert ab. Absolut nicht bleifrei, die Leute der Tankstelle oder besser Getränketheke in der Zeche haben während des Auftritts der amerikanischen Vierers mit vier Steuermännern keine Langeweile. Der Getränkeumsatz ist sicherlich sehr beachtlich.
Ihr Jungs aus Nashville, beehrt uns bitte bald wieder in Germany, ich danke euch für einen sehr vergnüglichen Abend.
Line-up:
Dan Baird (vocals, guitar)
Warner E. Hodges (guitars, vocals)
Keith Christopher (bass, vocals)
Mauro Magellan (drums)
Externe Links:
|