Gibt es ein besseres Medikament gegen die herbstliche Tristesse als eine lupenreine Rock 'n' Roll Show? Wohl kaum! Also zückte Dr. Baird am 02.10.2005 den Rezeptblock und verschrieb für das Spirit of 66 in Verviers/Belgien eine Kur mit dem Namen Dan Baird and Homemade Sin. Soviel vorweg: Diese Heilmethode ist erfolgreich. Nach der Show verließ niemand die Location verbittert oder mit schlechter Laune.
Bisher fegten Dan Baird, Keith Christopher, Mauro Magellan und Ken McMahan unter der ungeliebten Bezeichnung The Heart of the Georgia Satellites durch die Clubs. Diesen Namen will die Truppe nun endgültig hinter sich lassen. Mick Brown von Jerkin' Crocus Records dazu:
"Wir müssen uns endlich von "Georgia Satellites" als Namensbestandteil abkoppeln. Schließlich ist Dan Baird and Homemade Sin die eindeutig bessere Band als die Truppe, die heutzutage unter The Georgia Satellites unterwegs ist."
Lassen wir das mal so stehen.
Deutschland war 2005 kein Schwerpunkt der Tour. Es wurde gerade mal eine Show in Sersheim gespielt. Dan Baird konzentrierte sich dieses Jahr mehr auf Skandinavien und das Vereinigte Königreich. Dort werden übrigens im Rahmen der Show in Dudley Aufnahmen für eine DVD mitgeschnitten.
Gegen 21:30 Uhr war es dann soweit. Mit "Dixie Beauxderaunt" wurde die Show eröffnet. Die Band war sehr gut aufgelegt, allerdings wohl noch etwas durch den Wind. Der 3-Stunden Auftritt am Vortag in Sersheim steckte den Musikern noch in den Knochen. Dan Baird und Keith Christopher spielten sich schräg bemützt schnell warm. Ken McMahan hat seinen Status als Gastmusiker wohl vollends abgelegt und agierte, mittlerweile wollhaarig, engagiert und integriert.
Natürlich spielten Dan Baird and Homemade Sin ein Best Of… Programm mit allen Hits. Allerdings richteten sie sich dabei nicht nach einer Set-List. Zwischen den einzelnen Parts der Show trafen sich die Gitarristen immer wieder in der Bühnemitte und legten die nächsten Songs fest. Einmal allerdings konterte McMahan die fragenden Blicke seiner Mitstreiter so:
" Frag die doch, was sie hören wollen" und deutete dabei mit dem Kinn ins Publikum.
Einer von uns ließ sich die Chance nicht entgehen und forderte kontextgetreu lauthals "Another Chance." Homemade Sin brauchten nicht lange überredet werden. Als wenn sie über eine Pause froh gewesen wären, verließen alle bis auf Dan Baird die Bühne. Der Meister zauberte flink ein Kapodaster hervor und intonierte den Song leidenschaftlich nur in Begleitung seiner Telecaster. Wie immer war die Interpretation göttlich.
Der Robert Johnson/ Cream/ Lynyrd Skynyrd Klassiker "Crossroads" wurde als Publikumswunsch in einer schleppenden Variante dargeboten, die schon deshalb umwerfend groovte. Neben den üblichen Gitarren-Fills taten sich auch Mauro Magellan und Keith Christopher mit spielfreudigen Einlagen hervor.
Die alte Georgia Satellites-Nummer "Railroad Steel" wurde mittendrin durch bekannte Töne der Doors, nämlich "L.A. Woman" aufgeppt. Was für eine Überraschung...
"Keep Your Hands To Yourself" ist wohl das Kreuz, welches Dan Baird seit 1986 mit sich herumschleppen muss. Auch dieses mal merkte man ein wenig, dass es offenbar nicht zu Dans Lieblingsstücken gehört. Der erste Ansatz, lustlos und ohne das dazugehörige Jodeln, klang eher wie eine Selbstparodie. Oder wie ein Foppen der Fans. Dan bat seinen Co-Gitarristen den Eingangsriff zu übernehmen und überließ dem Publikum die Vocals. Keine Meisterleistung der belgischen/britischen/niederländischen und deutschen Fischer-Chöre! Mit dem üblichen Spielwitz präsentiert, nahm der Song dann doch noch ansehnliche Gestalt an.
Die Vorstellung des Trommlers Mauro Magellan tritt in Gestalt eines eigenen Songs auf. Er nennt sich "Theme Of Mauro" und ist eine der absoluten Spaß-Nummer eines Dan Baird Gigs. Überhaupt hatte man das Gefühl, als würden dort auf der Bühne vier wirkliche Freunde miteinander ihre Freude haben. Sie machten Witze, besonders gerne übereinander, und schubsten sich bei jeder Gelegenheit freundlich umeinander. Eine Pharaoeinlage gab es zur Zugabe. Die Jungs kamen mit Handtüchern über den Kopf auf die Bühne zurück, was sie wohl selbst am lustigsten fanden.
Eine unschöne Szene ereignete sich nach dem Ende des regulären Sets, als ein Gestörter das Mikrophon von Keith Christopher mit seinem Gehstock absichtlich umstieß. Wer wundert sich angesichts solcher Typen noch über den Zustand der Welt?
Im Finale des Gigs gab es den schon vom letzten Jahr bekannten Tribut an den Southern Rock in der Form von wunderbaren Double Leads der Herren Baird und McMahan. Kein Wunder, denn Letzterer ist ein begeisterter Fan der Outlaws. Vielleicht erlebt man nächstes Jahr im Spirit of 66 eine Show dieser im Frühjahr reformierten Band. Träumen darf man ja wenigstens noch...
Was uns sonst noch aufgefallen ist:
Jemand hat der Truppe endlich gesteckt, dass Hosen mit einem akkuratem Cut über dem Knie mittlerweile meilenweit out sind.
Der Roadie war ein vielbeschäftigter Mann. Er musste nicht nur den Gestörten mit dem Stock zurechtweisen und eine FanIn von der Bühne jagen, die partout über Keiths Mikro Stadiongesänge anstimmen wollte, sondern auch immer wieder Kens Gitarren tauschen.
Die Band hatte gleich zwei neue Live-Scheiben im Gepäck, die wir in Kürze vorstellen werden.
Mick Brown schwafelte von neuen Songs und einer neuen Studio CD.
Mauro Magellan hat nach eigenem Bekunden in letzter Zeit auch schon mal bei The Dusters die Stöcke geschwungen.
Auch Ken McMahan liebt den Kontakt mit dem Publikum.
Bilder von der Show
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