Spielzeit: 78:31 Medium: CD Label: STF Records, 2013 Stil: Jazz Review vom 15.07.2013 Wolfgang Giese

Das 'Classic Quartet' des Pianisten Dave Brubeck mit Paul Desmond, Eugene Wright und Joe Morello existierte seinerzeit bereits ungefähr ein Jahr, als das amerikanische State Department es für eine 'Goodwill'-Tour durch Europa und darüber hinaus anheuerte. Man schrieb das Jahr 1958 und die Tournee führte nach England, Deutschland, Schottland, Dänemark, Belgien, Pakistan, Indien, Afghanistan, in die Türkei, den Iran, den Irak und die Niederlande. Brubeck sah es so, dass der US-Präsident Eisenhower die Band zum Kulturaustausch entsandte.

Einige der Konzerte wurden aufgezeichnet - hier finden wir jenes vom 5. März 1958 aus Kopenhagen. Angereichert wurde diese Platte mit Bonustiteln, die im September 1956 in New York live eingespielt wurden - es handelt sich um die Stücke sieben bis dreizehn.
Frank Loesser war es, der die Eröffnungsnummer "Wonderful Copenhagen" für das Musical "Hans Christian Andersen" schrieb. Eine nette Geste, so meine ich, dass Brubeckgenau diese für sein Konzert in Kopenhagen wählte. Die Aufnahmen wurden lange nicht veröffentlicht und wenn man sie hört, wundert man sich, welche Gründe hier wohl vorlagen. Denn die Musik zählt sicher zu den besseren Einspielungen des Musikers und der seinerzeit lange Zeit in dieser Besetzung klassischen Formation.

Jeder der Vier besaß seine besonderen Eigenarten, die innerhalb des Quartettformats genügend Spielraum zur Entfaltung hatten. So ist Desmond in erstklassiger Form, ganz besondere Momente hat er in dem wunderschönen "Tangerine". Diese Zartheit im Spiel - kombiniert mit bluesigem Anstrich, gelegentlich zupackenden Momenten, das Ganze derart cool präsentiert - verführt schnell dazu, in ein gewisses Verzücken zu geraten. Ein wahrer Ausnahmemusiker, dieser Paul Desmond. Aber auch die Rhythmusgruppe war mehr als nur 'Timekeeper'. Bassist Eugene Wright beispielsweise trug auch eine Komposition bei, "The Wright Groove". Klar, dass er hier in diesem bluesbetonten Song ebenfalls gefeatured wird. Und Morello ist ohnehin eine feste Bank, er war ein sehr gestaltender Schlagzeuger.
Beim letzten Titel der Originalplatte hat er seinen großen Auftritt mit "Watusi Drums", einer Idee, die Brubeck schon Jahre zuvor umgesetzt hatte. Da hieß das Stück noch "Drums Along The Thames", weil man es zuerst in der Londoner Royal Festival Hall aufführte. Morello war keiner der typischen, wilden Showdrummer. Vielmehr gestaltete er dezent und seine Soli waren voller Raffinesse, und um das zu beweisen, ließen ihm die über zehn Minuten des Titels genügend Zeit. Das Kopenhagener Publikum schien das genossen zu haben, gab es doch reichlich Beifall. Und der Chef selbst sprühte vor Einfallsreichtum und schien sich auch aus dem Zitatenschatz zu bedienen, oder ist es etwa nicht "Hello Dolly", das zum Schluss in den Eröffnungstitel einfließt?

Nun folgen die Bonustitel aus New York mit anderer Rhythmusgruppe, zwei Jahre ältere Aufnahmen und in schlechterer Klangqualität. Unabhängig davon bemerkt man deutlich den Unterschied zu Wright und Morello, die wesentlicher in der Gestaltung der Musik beteiligt waren als ihre Vorgänger. Dennoch sind es schöne Aufnahmen, die aber sowohl in der Gestaltung als auch stilistisch unterschiedlich sind und ein wenig wie Fremdkörper im Gesamtbild wirken. Mir hätte insofern die Liveeinspielung aus Kopenhagen gereicht.

Line-up:
Paul Desmond (alto sax)
Dave Brubeck (piano)
Gene Wright (bass - #1-6)
Joe Morello (drums - #1-6)
Norman Bates (bass - #7-13)
Joe Dodge (drums - #7-13)