Dickey Betts & Great Southern
Back Where It All Begins - Live At The Rock And Roll
Hall Of Fame And Museum
Back Where It All Begins - Live At The Rock And Roll Hall Of Fame And Museum
Dickey Betts & Great Southern (DB&GS), kommt jemandem dieser Bandname bekannt vor? Jawohl, so nannte sich der legendäre Gitarrist und seine Truppe in der zweiten Hälfte der 70er Jahre nach der ersten Auflösung der Allman Brothers Band (ABB) anno 1976. DB&GS brachten 1977 und 1978 zwei musikalisch mehr als zufriedenstellende Alben heraus.
Nun gibt es die erste DB&GS-DVD, aber kein Song von den beiden letztgenannten Platten ist drauf, dafür (beinahe) alle Klassiker der ABB, die Dickey geschrieben hat. Das könnte man noch verdauen, wenn Herr Betts sich nicht für drei Stücke vom allenfalls durchschnittlichem Allmans-Album "Back Where It All Begins" entschieden hätte. Dass man auf der DVD vergeblich nach Songs von der letzten Studio-CD "Let's Get Together" (noch unter dem Namen Dickey Betts Band 2001 aufgenommen) sucht, sollte inzwischen auch klar sein...
Eigentlich auch kein Wunder, denn nicht nur die Band wurde umbenannt, sondern zum Zeitpunkt der Aufnahmen im September 2004 auch die Musiker bis auf Gitarrist 'Dangerous' Dan Toler ausgewechselt. Inzwischen ist aber auch Toler raus, dafür aber Duane Allman..., ich meine Duane Betts drin. Ja, der Sohn des Bandleaders, der hier auch auf "In Memory Of Elizabeth Reed" als Gast auftritt.
Nun zu den Aufnahmen, die im 'Rock And Roll Hall Of Fame' stattfanden. Diese Location ist relativ steril und beim Publikum scheint auch kaum Stimmung aufzukommen, so dass atmosphärisch sehr wenig los ist. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Einblendung eines etwa dreijährigen Mädchens und seines Vaters währed "Ramblin' Man", die sie beide laut singend zeigt. Zumindest die filmische Umsetzung ist gut gelungen und am Ton gibt es auch nichts auszusetzen.
Ansonsten fängt die DVD mit den Heucheleien der Bandmitglieder an, die alle kurz erklären, warum sie so gerne mit Dickey Betts zusammenspielen. Tja, gute Freunde kann niemand trennen. Lustig ist dieses Konzert aber auch, da der Keyboarder und Sänger Michael Kach so ausschaut und singt wie Gregg Allman. Vielleicht ist er ja auch ein Neffe des ABB-Gründers? Ich habe mich jedenfalls tot gelacht als er anfing, den Opener "Statesboro Blues" zu singen. Ist das die Rache am ehemaligen Bandkollegen, Herr Betts?
Göttlich geht es weiter mit "Blue Sky", denn die Twin-Gitarren von Dickey & Dan (D & D) sitzen perfekt, da fühlt man sich wirklich im siebten Himmel. Southern Rock Fans werden wissen, was ich meine! Herr Betts war nie ein guter Bluessänger, das wird bei "Change My Way of Living" mehr als deutlich. Warum er bei diesem Song nicht dem Gregg Allman-Klon das Mikrofon überlässt, ist unverständlich. Auch sonst ist Dickey's Stimme nicht mehr ganz so stark. "Get Away" pläschert so einfach dahin, so dass "Ramblin' Man" gerade zur rechten Zeit kommt. Dickey dreht auf und tanzt wie ein Derwisch auf der Bühne, diesmal aber übertreibt er es, denn sein Solo ist ungestüm und ohne Aufbau. Wo bleibt diesmal das Gefühl, Herr Betts?
"Back Where It All Begins" bleibt nicht so richtig hängen, dafür aber "Come Into My Kitchen", denn hier singt wieder Gregg Allman..., ich meine Mike Kach. "Seven Turns" ist die allseits bekannte Country-Ballade ohne Esprit, gepflegte Langeweile, um es mit anderen Worten zu sagen. Nun kommt aber mit "In Memory Of Elizabeth Reed" einer der Höhepunkte des gesamten Konzertes, denn hier sehen wir auch Duane Betts (somit D & D & D zusammen) an der Gitarre. Er wirkt zwar wie ein Fremdkörper auf der Bühne, aber seine Improvisationen sind interessant und weichen von dem ab, was Dickey und Dan sonst spielen. In diesen Song werden auch die üblichen Soli der Rythmustruppe eingefügt, wobei man den Hut vor dem Können des jungen Bassisten Pedro Arevalo ziehen muss (Herr Betts, tun Sie das mit ihrem Strohhut auch!), der mit seinen Rastalocken eher wie ein Mitglied der Wailers aussieht.
"No One To Run With" reißt einen nicht vom Hocker, aber der krönende Abschluss mit "Jessica" entschädigt für vieles. Chuck Leavell..., ich meine Mike Kach brilliert am Piano, aber was der Altmeister im Laufe des Songs an der Gitarre treibt, ist wieder Zauber. Das Zusammenspiel mit Drummer Frankie Lombardi läuft nicht immer reibungslos, dafür klingen die Twin-Gitarren von D & D wieder wie aus einem Guss. Ja Freunde, schon deswegen lohnt sich diese DVD, trotz aller Kritik. Die Southern Rock Fans...na ja, ihr wisst es inzwischen schon!
Auf der DVD gibt es dann doch ein paar nette Extras, wie die Aufnahmen vom Soundcheck ("Southbound" und "Blue Sky"), ein Interview mit Dickey Betts und Kommentare des legendären Gitarristen zu seiner Karriere und zu einzelnen Songs. Das ist schön und gut, aber wo bleiben die deutschen Untertitel? Otto Normaverbraucher aus Germany wird sicherlich jedes genuschelte Wort verstehen.
Neben der DVD gibt es dann noch eine CD in der Hülle, die allerdings mit "Donna Marie" (diesmal tatsächlich vom letzten Studioalbum) nur einen Song enthält, der nicht auf der DVD zu sehen und hören war.
Alles in allem eine zwiespältige Angelegenheit, aber Freunde der ABB, Southern Rock Fans und Jam Rock Fanatiker dürfen sich diese DVD nicht entgehen lassen. Man darf nur hoffen, dass der Rockpalast uns nächstes Jahr mit der Veröffentlichung des legendären DB&GS-Konzerts aus dem Jahre 1978 überrascht.
Allerdings schwirrt mir am Ende doch die Frage im Kopf herum: Quo vadis, Herr Betts? Möchten Sie der Chef einer ABB-Coverband sein oder möchten Sie an die glorreichen Zeiten von Dickey Betts & Great Southern anknüpfen?
Technik:
DVD 9, Audio Format: 5.1 Dolby Sorround, Dolby Digital Stereo, Pal


Spielzeit: 152 Min (DVD), 60 Min (CD),Medium: CD/DVD, Eagle Vision, 2005
DVD:
1:Opening 2:Statesboro Blues 3:Blue Sky 4:Change My Way Of Living 5:Get Away 6:Ramblin' Man 7:Back Where It All Began 8:Come Into My Kitchen 9:Seven Turns 10:In Memory Of Elizabeth Reed 11:No One To Turn To 12:Jessica

CD:
1:Southbound (Soundcheck-Version) 2:Blue Sky (Soundcheck-Version) 3:In Memory Of Elizabeth Reed (Soundcheck-Version) 4:Donna Marie (Konzertversion) 5:Cleveland Blues (Konzertversion) 6:Jessica (Konzertversion)

Bonusmaterial:
Aufnahmen vom Soundcheck zu "Southbound" und "Blue Sky".
Ein Interview mit Dickey Betts.
Dickey Betts' Kommentare zu Songs und zu seiner Karriere
Janos Wolfart, 01.12.2005