Jello Biafra - der giftige Querdenker, ein Name, der kontroversestes Denken, bitterböse Texte, Gesellschaftskritik, schwarzen Humor, Punkrock und noch so vieles mehr mit seiner unnachahmlichen Quengelstimme vereint.
Nachdem die Musikwelt fast zwanzig Jahre ohne die Dead Kennedys leben musste, kommt Mr. Biafra 2009 mal wieder mit einem neuen Projekt um die Ecke gefegt.
Gut, ohne ihn, den Meister der Worte und Anprangerungen mussten wir nie ganz auskommen, immerhin lässt Jello alle paar Jahre mal in Form irgendeiner Zusammenarbeit mit Freunden und/oder befreundeter Bands was von sich hören.
Sei es mit so kaputten Typen wie Mojo Nixon, Bands wie No Means No oder DOA oder auch in Form von Projekten, wie das mit Ministrys Masterminds Al Jorgensen erschaffene LARD, oder die Anfang der 90er erschienenen Tumor Circus. Letztere sind sträflich unterbewertet, haben aber gewisse Bezüge zu heute, aber dazu später.
Die Quasselstrippe aus San Francisco hat mal wieder geschafft eine illustere Mannschaft um sich zu scharen, denn mit Billy Gould (Faith No More), Ralph Spight (Victims Family), Jon Weiss (Sharkbait) und Kimo Ball (Freak Accident) sind hier bekannte und berühmte Persönlichkeiten mit an Bord.
So, jetzt kommt auch schon die alles entscheidende Frage: Haben die Halunken es geschafft, den Spirit der Kennedys ins neue Jahrtausend zu transportieren???
JA, und verdammt noch mal: JA!!!
Klar ist auch eine Stimme wie Jellos nicht vor dem Altern gefeit, er jammert nicht mehr ganz so hoch wie noch zu "In God We Trust"-Zeiten, hat aber dennoch nichts von seiner unnachahmlichen Phrasierung verloren.
Den Sound der Burschen könnte man jetzt als alles Mögliche bezeichnen, (eine Unsitte der letzten Jahre, alles mit neuen, hippen Bezeichnungen aufzuwerten) für mich ist und bleibt es einfach Punkrock, Basta.
Wie ich ja schon einwarf, klingen hier und dort mal Tumor Circus durch, besonders bei "Three Strikes" zu hören, das eine nicht gerade kleine Ähnlichkeit zu deren "Swine Flu" trägt. Komisch, dass das mit der Schweinegrippe schon vor mehr als zwanzig Jahren ein Thema für Jello war?!? Oder kann der Mann einfach nur in die Zukunft schauen? Oder wurde damals auch schon irgendeine Pandemie-Angst geschürt??? Aber das nur nebenbei.
Sicher, wenn man es ganz genau will macht der Herr nix neues, zugegeben, selbst wenn Biafra mit den "Urintaler Anal-Katzen" ein Projekt starten würde, es klänge immer irgendwie nach den Dead Kennedys. Aber so frisch und unverbraucht wie auf "The Audacity Of Hype" klang der alte Sack (der gute Jello ist ja auch schon über 50) schon lange nicht mehr.
Manchmal lassen die Gitarren eine gewisse Verbindung zu Jellos Zusammenarbeit mit Mojo Nixon erkennen, wie bei "I Won't Give Up" oder dem erwähnten "Three Strikes" zu seinen alten Projekten, aber dieser Mann gehört einfach unterstützt in seinem Kampf gegen die Verblödung der Welt und Amerika im Speziellen, die er wie immer gekonnt anprangert. Themen wie Kinderarbeit, die angeblich soooo tolle Globalisierung und deren Folgen, Angst vor dem Islam, Krieg, Terrorismus, Amerikas Antisozialsystem, TV-Verblödung (» Flatscreen flatscreen on the wall / Who's the best marketed of all / Best disguising what an asshole / They really are I've had enough of this / We've have enough of this Audacity to exploit hope for cash…« aus "I Won't Give Up") und so weiter und so fort sind natürlich auch wieder mit von der Partie, wie sollte es auch anders sein, bzw. nichts anderes erwartet man von einem Jello Biafra. Themen. die er zwar auch schon früher behandelt hat, die aber nie langweilig bzw. unaktuell sind und bleiben.
Ein optisch gelungenes Digipack, das mit viel Liebe fürs Detail aufgemacht ist (so erinnert das Booklet an Dead Kennedys' '86er Output "Bedtime For Democracy" und das Cover mit Jello als Teufel ist unschlagbar) sich wunderbar in die Reihe Jello Biafras vertonter Denkanstöße reiht.
Einzig die Spielzeit ist eine kleine, sagen wir mal Mogelpackung, denn nachdem "I Won't Give Up" verklungen ist, muss man erst mal mittels der Vorlauftaste vier Minuten Stille überspringen, nur um dann letzten Song noch mal in einer kakophonischen Version zu erleben. Aber das wollen wir dem 'Godfather' des Amipunks mal nicht so übel nehmen.
Hoffen wir mal, dass der, wie Al Jorgensen einmal behauptete: »Jello ist wie der Onkel von dem man immer gerne verrückte Geschichten erzählt, ihn aber nie länger als fünf Minuten um sich haben will, und wenn man mit ihm auf Tour ist, man ihn am liebsten in einem Anhänger hinter dem Bus mitnehmen möchte, weil er einen sonst wahnsinnig macht« uns noch lange erhalten bleibt, und dass er mit seinem neuen Projekt etwas länger aushält als mit seinen sonstigen Wirkungsstätten.
Fazit: Wer den Projekten des Herrn Biafra bisher etwas abgewinnen konnte wird von Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine nicht im Mindesten enttäuscht.
Line-up:
Jello Biafra (lead vocals)
Ralph Spight (guitar,vocals,keyboards)
Kimo Ball (guitar)
Jon Weiss (drums,percussion)
Billy Gould (bass)
Tracklist |
01:The Terror Of Tinytown
02:Clean As A Thistle
03:New Feudalism
04:Panic Land
05:Electronic Plantation
06:Three Strikes
07:Strength Thru Shopping
08:Pets Eat Their Master
09:I Won't Give Up
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