Mein Adrenalin war gerade wieder im Normalbereich, erzeugt von Aynsley Lister, den ich am 26.3.2008 im Downtown Bluesclub von Hamburg genoss, doch drei Tage später stieg es wieder an.
Grund war die Ankündigung, dass Joe Bonamassa seine Visitenkarte in Berlin abgeben sollte. Dieser Gig fand am 29.3. im Fritz-Club am Ostbahnhof statt. Ich hatte ihn zuvor schon drei mal gesehen und war von seinen Gitarrenkünsten begeistert, so dass alle Voraussetzungen für einen weiteren Konzertbesuch gegeben waren. Hatte er vorher in Berlin in Clubs bis zu 500 Fans gespielt, so fasst der Fritz-Club etwa 1200 Zuschauer und dementsprechend waren auch die Eintrittspreise gleich 'ne Klasse höher eingestuft, 28 Euro!
Schon beim Betreten des Clubs konnte man erahnen, dass man an diesem Abend etwas Besonderes erleben würde. Die erhöhte und ziemlich breite Bühne, mit etlichen Marshall-Boxen ausgestattet, wirkte schon sehr professionell. Dazu waren seitlich etwa 10 Klampfen von Bonamassa aufgereiht, die der Roady alle nacheinander stimmte und mit einem Lappen noch aufpolierte.
Um 20.40 Uhr war es dann soweit, Bonamassa betrat als erster die Bühne und mir fiel gleich sein Nadelstreifenanzug auf, der eines Meisters würdig war. Als Bogie Bowles seinen Platz an den Drums einnahm, folgte Bassist Carmine Rojas, der für Mark Epstein den 5 Saiten-Bass bediente. Sicherlich eine gute Wahl von Bonamassa, da ich immer der Meinung war, dass Epstein dem Niveau von Bonamassa nicht stand hielt und schon gar nicht die Basslegende Eric Czar ersetzten konnte. Für mich neu, dass nun ein Keyboarder folgte, der Australier Rick Melick.
Ich hatte mir noch einen Frontplatz gesichert und war gespannt was nun folgen würde. Ohne Ansage legte die Band los und die Boxen drohten mein Gehör zu betäuben und der Bass rumorte in meiner Magengegend, doch ich kam ohne Renny und Aspirin aus und versorgte meine Lauscher mit Ohropax.
Es wurden erwartungsgemäß viele Songs vom aktuellen Album "Sloe Gin" präsentiert, wobei gleichnamiger Song mit großer Begeisterung von den Fans aufgenommen wurde. Keyboarder Melick tastete routiniert seine Pianos und wenn er von Joe animiert wurde, legte er auch Soli hin. Basser Rojas ergänzte sich hervorragend mit dem Gitarrenvirtuosen, ließ Epstein total vergessen und war für mich ein absoluter Gewinn. Bowles tat nicht mehr als nötig und gab fehlerfrei den Takt vor, doch mit einem Solo hätte er bei den Fans sicherlich mehr punkten können.
Doch an diesem Abend thronte Bonamassa über allen! Egal welche Klampfe er gerade spielte, ob er sie während eines Songs mal eben austauschte, ob er eine Fender oder eine Gibson bediente, er zog die Fans in seinen Bann. Zu den Höhepunkten zählte, als Joe zwei Songs an seinen Akustikklampfen den Fans zelebrierte, dabei nahm sich der Rest der Band eine Auszeit und der Roady war währenddessen mit der Pflege der restlichen Gitarren beschäftigt. Ein Fan neben mir meinte: »Wat macht der denn da? Ick gloobs nich! Ick kann ja nich so schnell kicken, wie der spielt«. Ich gab ihm Recht und beim Schließen der Augen, meinte man, da spielen mindestens zwei bis drei Gitarristen.
Ich hatte das Glück, dass Bonamassa zwei Mal direkt vor mir stehen blieb und so konnte ich seine Künste aus allernächster Nähe verfolgen, es war perfekt.
Nach 70 Min. wurde erstmal eine Pause eingelegt um den wohlverdienten Applaus einzuheimsen, doch die Fans gestatteten der Band nur eine kurze Erholungsphase, tosender Beifall, Getrampel und Pfiffe zwangen die Band zum weitermachen. Weitere 40. Min später wollten die Fans das Ende des Gigs noch immer nicht akzeptieren und wurden mit einer weiteren Zugabe belohnt. Dann war aber endgültig Feierabend und Bonamassas Crew baute die Bühne ab, als ob sie nach Akkord bezahlt würden.
Ich beobachte noch die Menge und sah ausschließlich zufriedene Fans. Beim rundum diskutieren, waren sich viele einig, an diesem Abend den besten Bonamassa, den es je gab, gesehen zu haben. Auch ich teilte die Meinung und empfand, dass sich Joe toll weiterentwickelt hat, der in seinem neuen Outfit meisterlich rüberkam, der Club mit seiner tollen Anlage und großen Bühne tat sein Übriges dazu. Ob es ausverkauft war, mag ich nicht beurteilen, aber die 'Hütte' war recht voll.
Meine Digitalkamera signalisierte, dass die Speicherkarte voll war, allerdings hatte ich diesmal auf Fotos verzichtet und mein Augenmerk hauptsächlich auf Filmmitschnitte gelegt. Diese habe ich mittlerweile bei YouTube eingefügt (siehe Linkblock unten)!
Nachdem die Mehrzahl den Nachhauseweg antrat, wurden die Hardliner noch belohnt. Joe nahm sich die Zeit und erfüllte jeden Autogrammwunsch. Ich erzählte ihm, dass ich bei seinem ersten Berlin-Gig (2006) dabei war. Er schaute mich ungläubig an und meinte: »Ohh - Wild at Heart! It was a crazy gig!« Recht hatte er, ging damals doch der gebuchte Rockclub Nahe des Kudamms Pleite und sein Management oder wer auch immer buchten den besagten Punkschuppen in Kreuzberg. Ca. 180 Fans drängten sich in dem Laden ohne Klimaanlage und der Betreiber war den Ansturm von 'seriösen' Fans gar nicht gewachsen. Fast zwei Jahre waren zwischen den Berlin-Gigs vergangen, was waren das für Unterschiede, was für eine Entwicklung! Bonamassa hat sich vom 'Trabi' zu einem Porsche entwickelt.
Line-up:
Joe Bonamassa (guitar, vocals)
Carmine Rojas (bass)
Bogie Bowles (drums)
Rick Melick (keyboards)
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