Es gibt Tage, die wird man sein Leben lang nicht vergessen. Zu diesen Tagen wird für mich auch der 31.08.2006 gehören. Könnt ihr euch noch an euer erstes, bewusst wahrgenommenes Weihnachten erinnern? Wie ihr vielleicht staunend und fasziniert vor dem Weihnachtsbaum, der so schön bunt geglitzert hat, gestanden habt?
Genauso stand ich am 31.08.2006 im Musiktheater Rex in Lorsch (zwischen Mannheim und Frankfurt gelegen) und habe einem Ausnahmegitarristen bei seinem Treiben auf der Bühne zugeschaut - mit offenem Mund und ohne jegliches Zeitgefühl!
Wie gut Joe Bonamassa ist, wusste ich schon von seinen Studio-CDs und der überragenden Live-CD "A New Day Yesterday Live". Jedoch ist es etwas ganz anderes, wenn man Musik nicht nur hört, sondern eben live sieht, erlebt - ja fast schon schmeckt. Und auf den Geschmack kamen an diesem Abend mit Sicherheit alle 600 Besucher des Rex in Lorsch.
Joe Bonamassa feuerte 110 Minuten ohne Unterbrechung lang ein musikalisches und gitarrentechnisches Feuerwerk auf höchstem Niveau ab. Vom ersten Takt an war die Stimmung in der kleinen Halle unheimlich gut. Und Joe verstand es, geschickt mit dem Publikum zu spielen und die Zuhörer nicht zu Außenstehenden zu machen, die einfach ein paar Musiker auf der Bühne bei ihrer Arbeit sehen - nein, alle waren Teil des Programms, wurden zum wesentlichen Bestandteil der tollen Atmosphäre und des Abends, der als äußerst gelungen bezeichnet werden muss.
Ich kann mich nicht mehr an alle Songs der Setlist erinnern, aber es waren u.a. "A New Day Yesterday", "Had To Cry Today", "Django" und "Never Make Your Move To Soon", "Takin' The Hit", "Blues Deluxe", "Walk In My Shadows" und "Mountain Time" dabei. Welche Klasse Joe Bonamassa hat, bewies er einmal mehr bei "Miss You, Hate You". Diesen Song spielte er auf einer Akustikgitarre unheimlich gefühl- und dann wieder powervoll. Im Anschluss gab es eine Improvisation, bei der ich gar nicht anders konnte als nur auf Joes Gitarre und seine Finger zu schauen, die sich unheimlich schnell, aber dennoch locker und sehr sicher über das Brett bewegten. Ich habe im meinem bisherigen Leben noch nie jemanden eine Akustikgitarre in dieser Art und Weise bearbeiten gesehen. Wahnsinn!
Die Zugabe eröffnete Joe Bonamassa mit dem Song "Asking Around For You". Dabei fiel sein Mikrofon aus. Kurzerhand stellte er sich an den Bühnenrand und sang ohne Mikro - und ich fragte mich, ob er das nicht öfter machen könnte. Denn seine tolle Stimme kam nun erst richtig 'live' zur Geltung.
Es kann sein, dass Joe das Konzert mit "Starship Trooper" beendete - auf jeden Fall kam mitten im Schlusssong eine furiose Interpretation des Led Zeppelin-Klassikers "Dazed And Confused".
Joe spielte fast die kompletten 110 Minuten auf höchstem Niveau durch, nahm sich nur ein paar kurze Auszeiten und stand im Anschluss auch allen Fans zur Verfügung. Locker erfüllte er alle Autogrammwünsche, ließ sich auch bereitwillig fotografieren (mit zwei jungen weiblichen Fans im Arm. :-)
Auch ich wollte mir die zuvor gekaufte DVD "Live At Rockpalast" signieren lassen. Zuvor bedankte ich mich artig für den wunderschönen Abend - und prompt erhielt ich ein freundliches Lächeln und der Meister schüttelte mir die Hand als Dank zum Abschluss (die ich jetzt nie mehr waschen werde...).
So schön, ja fast genial dieser Abend war - dennoch will ich auf zwei Kritikpunkte hinweisen, die meiner Meinung nach Aufmerksamkeit erfordern.
Zum einen habe ich miterlebt, dass etliche Fans von Joe gerne die ein oder andere CD erstanden hätten. Doch 20 Euro für eine CD sind ein stolzer (unverschämter?) Preis.
Zum Zweiten. In unserer Gegenwart beschweren sich immer viele Leute über die heutige Jugend und deren Disziplinlosigkeit. Manchmal mit Sicherheit auch zu Recht. Doch ich frage mich - wie soll die Jugend Disziplin lernen, wenn die 'Vorbilder' ihnen es nicht vorleben können? Worauf will ich hinaus? Ich stand im hinteren Bereich des ausverkauften Rex. Und im Verlauf der knapp zwei Stunden sind mit Sicherheit an die 100 Personen an mir vorbei und mir auf die Füße gestiefelt. Viele, weil die Blase gedrückt hat und ich hier der Meinung bin, dass ich es an so einem Abend auch mal zwei Stunden aushalten können sollte - schließlich wurde dadurch z.B. meine Aufmerksamkeit für die tolle musikalische Darbietung ständig gestört. Noch mehr geärgert habe ich mich aber über die Leutchen, die allen Ernstes wegen einer Zigarettenpause ständig an mir vorbei raus- und wieder reingegangen sind. Das sollte ebenfalls mal zwei Stunden lang auszuhalten sein!
Ich freu mich schon unheimlich auf mein nächstes Joe Bonamassa Konzert - bei dem er dann vielleicht auch ein Bottleneck auspackt und über die Bünde slidet...
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