"Queen Of The Night" ist die erste Studio-Produktion der schottischen Shouterin Maggie Bell als Solistin. Nach dem Split ihrer Band Stone The Crows, bedingt durch den tragischen Stromschlag-Tod des Leadgitarristen Les Harvey, setzte sie alle Hebel in Bewegung, um auch unter ihrem eigenen Namen in der Rockmusik-Landschaft Fuß zu fassen.
Durch pausenloses Touren durch die USA hinterließ sie einen durchweg positiven Eindruck, verausgabte sich aber dabei total. Trotzdem erhielt sie sehr schnell die Möglichkeit in den New Yorker Atlantic-Studios etliche neue Songs aufzunehmen. Heraus kamen dabei gleich zwei komplette Alben, die vom ehemaligen Mountain Bassisten Felix Pappalardi bzw. dem Young Rascals-Mitglied Felix Cavaliere produziert wurden.
Doch beide Werke fanden bei Peter Grant, Maggies damaligem Manager, keinerlei Gehör. So blieben die Tapes, gegen den Willen der Interpretin, unveröffentlicht und verschwanden in den Archiven von Atlantic Records. Erst der dritte Anlauf war dann erfolgreich und brachte "Queen Of The Night" in die Läden. Diesmal bot sich Jerry Wrexler, der unter anderem für Aretha Franklin, Ray Charles und Dusty Springfield gearbeitet hatte, für die Produktion an.
Innerhalb von zwei Monaten hörten sich die beiden immer wieder durch einen Berg von über zweihundert Songs, bis sich schließlich elf Titel für das Album heraus kristallisierten. Maggie war begeistert von dieser Zusammenarbeit sowie von der konzentrierten und pedantischen Art und Weise, mit der Jerry Wrexler an die Sache heran ging. So lernte sie ohne zu murren zunächst alle Texte auswendig, bevor sie das Studio betrat, denn dort war jedes Blatt Papier, sei es mit Noten oder Texten versehen, strengstens verboten. Das war laut Jerrys Meinung schon mal der erste Schritt, der ein gutes Album und einen großen Interpreten ausmachte. Des Weiteren verpflichtete er mit Steve Paul, Sohn des legendären Les Paul, genau den richtigen Sound Engineer.
Die Studioband setzte sich neben dem Schlagzeuger Steve Gadd und dem Gitarristen Cornell Dupree noch aus Reggie Young, John Hughey und Chuck Rainey zusammen.
Entstanden ist ein sehr variables Album, bei dem die verschiedensten Stilrichtungen angeschlagen wurden. Gibt es beim Opener noch eine ziemlich funkige Gitarre auf die Ohren, so folgt mit "A Woman Left Lonely" ein Song, der schon 1971 durch Janis Joplin auf ihrem Album "Pearl" bekannt gemacht wurde. Doch Maggie Bell driftet mit ihrer Version deutlich in Country-Gefilde ab und produziert somit einen ganz eigenständigen Titel.
"Souveniers" ist ein wundervoll gefühlvoller Gospel, bei dem zarte Bläser mit zum Einsatz kommen und die große Stimme der Glasgower Sängerin unterstreichen. J.J. Cales "After Midnight" folgt und legt mit seinen dichten Percussions einen brodelnden lateinamerikanischen Groove an den Tag.
Der Titelsong wurde vom Stone The Crows-Keyboarder Ronnie Lahey geschrieben. Diese Ballade besticht vor allem durch einen perfekten Harmonie- und Backroundgesang. Nachdem "Oh My My", geschrieben von Ringo Starr, etwas leichtere Kost bietet (das Stück wurde auch als Single ausgekoppelt), geht es bluesig weiter. "As The Years Go Passing By" enthält ein sehr schönes Gitarrensolo von Cornell Dupree und ist mein Anspieltipp dieses Albums.
Jazzige, soulige Klänge beherrschen "Yesterday's Music" aus der Feder von David Clayton Thomas (Blood, Sweat & Tears) und wurden abgelöst von einer weiteren Ballade. Wunderschön ergänzen sich bei "We Had It All" Maggies Vocals mit den ruhigen Keyboard-Sounds.
Wie schon bei der Neuauflage ihrer zweiten Solo-Scheibe Suicide Sal sind für mich die beiden Bonustracks auch hier die absoluten Highlights. Beides sind Liveaufnahmen und zeigen die ganze Kraft und Energie, die Maggie Bell und ihre Tourband damals auf die Bühne brachten. Wenn auch die Tonqualität nicht unbedingt die allerbeste ist, kann man sich trotzdem sehr gut vorstellen, wie viel Power in diesen Auftritten steckte.
Obwohl "Queen Of The Night" bei ihrem Erscheinen, trotz guter Kritiken, nur einen Achtungserfolg erzielte, sollte dieser Silberling in keiner guten Sammlung fehlen, denn hier hat sich eine große Rocksängerin für alle Zeit verewigt.
Spielzeit: 58:07 Minuten, Medium: CD, Angel Air Records, 2006, Rock
1:Cado Queen 2:A Woman Left Lonely 3:Souveniers 4:After Midnight 5:Queen Of The Night 6:Oh My My 7:As The Years Go Passing By 8:Yesterdays Music 9:We Had It All 10:The Other Side 11:Trade Winds 12:Penicillin Blues (Live) 13:Wishing Well (Live)
Jürgen Bauerochse, 30.07.2006
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