Der Schweizer Reto Burrell legt nach seinem mehr als überzeugendem Debüt "Echo Park" nach einem Jahr nach. Das Grundschema ist geblieben, aber obwohl einem beim ersten Hören vieles rockiger vorkommt, beinhalten die neuen Songs doch mehr Pop-Elemente.
Reto Burrell hat dieses Album in New York City aufgenommen und war so ganz nahe der Quelle seiner Inspirationen und Klangvorstellungen. Eins vorweg: Dies ist eins der amerikanischsten Alben eines europäischen Künstlers, das ich kenne.
Tom Petty & the Heartbreakers oder auch die Wallflowers kommen einem in den Sinn. Die ersten Songs knallen dem Hörer die Weite des Himmels über der endlosen Prärie auf einem einsamen Highway um die Ohren, unwahrscheinlich modern produziert, aber doch ganz ret(r)o. Die Musiker sind hörbar Vollprofis, die gekonnt umsetzen können, was vom Produzenten verlangt wurde.
Locker eingestreute Gitarrenfills, schöne Hammondklangteppiche, eine sehr eindringliche (wenn auch gewöhnungsbedürftige) Stimme Burrells, all das macht dieses Album zum Knüller. Da stört kein pseudophilosophischer Anspruch, die Band spielt gradlinig auf den Punkt. Die Vorgabe für die Zielkoordinaten waren wahrscheinlich das Zentrum der Gehörgänge - und Reto und Co. landen einen Treffer nach dem anderen.
Sicher, man kann diese Art von Musik auch als Mainstream par excellence abtun, wer so denkt ist dann auch keine Klientel für die vielen Interpreten und Bands dieser Spielart des Rock. Wer aber drauf steht, bekommt eine hohe Dosis der so geliebten, melodieseligen Klänge verabreicht.
Eigentlich genauso erstaunlich wie erfreulich, dass noch jemand wagt so ein Album zu produzieren, das sich ganz klar an amerikanischen Vorbildern orientiert und dennoch eigenständig ist. Die meisten Songs passen vom Konzept und der Spieldauer her problemlos ins gängige Format der unzähligen Radiostationen in den USA. Auch hierzulande würde man diese Musik gern mal im Radio hören, aber es gibt ja nur noch Sender, die komprimierten Schwachsinn von der Festplatte abnudeln.
Kommerzieller Erfolg stellte sich für Reto Burrell deswegen schon ein, weil der US-Sender "Fox" vier Songs des Vorgängeralbums als Signature Songs einer bekannten Fernsehserie gekauft hat. Diese neue Platte hat das Zeug dazu auch andere zu überzeugen, dass amerikanischer Mainstream auf sehr hohem Niveau durchaus auch von europäischen Interpreten stammen kann. Einer hochgelobten Sheryl Crow ist Reto Burrell sicher um Längen voraus.
Für meinen Geschmack gibt es ein, zwei Songs die etwas abfallen, Aussetzer sind aber auch die nicht. Wie bei "Blue Rose Records" üblich kommt die CD mit einem aufwendigen Booklet, das alle Songtexte und Produktionsangaben beinhaltet. Hervorragender, saftiger Klang, der echt anmacht.
Spielzeit: 41:12, Medium: CD, Blue Rose Records, 2002
1:Hey You 2:It Doesn't Mean A Thing 3:Baby Blue 4:Simple Things 5:Mr. Sorry
6:Take Me Away 7:Habits 8:Overboard 9:Back Home 10:Take It Or Leave It 11:Amy, Amy
Manni Hüther, 27.07.2002
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