Gerade einmal ein halbes Jahr ist es her, dass Richard Bargel und Klaus 'Major' Heuser
mit ihren musikalischen Mitstreitern Sascha Delbrouck und Marcus Rieck auf der Kleinkunstbühne des Bonner Pantheon unter dem Motto "Men In Blues" erstmals gemeinsam (in dieser Vierer-Besetzung) aufgetreten sind und einen grandiosen Erfolg erzielten. Seitdem ist einiges passiert. Die Viererbande tourte erfolgreich durch diverse Lokalitäten quer durch Deutschland und hat auch die im Mai dieses Jahres erschienene Live-CD von Richard Bargel gemeinsam eingespielt. Davon und vieles mehr hatten die beiden Frontmänner zu erzählen, als sie am 3. September 2010 wieder ins Pantheon zurückkehrten.
Für Richard Bargel war dies zudem eine weitere Rückkehr. Bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts (das klingt schon "Verdammt lang her") ist er in diesen Gemäuern als Musiker sowie als Puppenspieler (!) aufgetreten. Und tatsächlich hatten The Men In Blues mit "Empire State Express" an diesem Abend einen Song im Repertoire, den Bargel schon zu der damaligen Zeit erstmalig aufgenommen hatte.
Das aktuelle Konzert war schon seit Wochen restlos ausverkauft, und im Eingangsbereich des Pantheon sah man etliche Menschen, die darauf hofften, über eine Warteliste doch noch Einlass zu finden. Verwundert war ich allerdings, als ich beim Betreten des im Keller gelegenen Saales feststellen musste, dass dieser - wie bei Kabarett-Veranstaltungen üblich - mit eng beisammen stehenden Tischen und Stühlen eingerichtet war (wodurch auch die Raumkapazität auf 270 Personen begrenzt war). Ein Blues-Konzert im Sitzen? Da soll Stimmung aufkommen?
Um es vorweg zu nehmen: Gute Stimmung kam von Beginn an auf und blieb den ganzen, knapp dreistündigen Abend (mit Pause) erhalten. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leisteten die Protagonisten nicht nur mit ihren musikalischen Darbietungen, sondern auch mit ihren launigen Beiträgen zwischen den Songs. Ein wenig erinnerten die beiden Frontmänner dabei an Ernie und Bert aus der "Sesamstraße" bzw. - vielleicht sogar mehr noch im Hinblick auf ihr gesetztes Alter, beide sind in den Fünfzigern - an Statler und Waldorf, die beiden älteren Herren aus der "Muppets-Show". Beide waren mit vorder- wie hintergründigem Humor ausgestattet und scheuten sich auch nicht, Witze übereinander zu machen.
Etliche Stories hätten es verdient, hier wiedergegeben zu werden, doch zum einen will ich nicht über eine 'Dichterlesung' berichten, und zum anderen möchte ich niemandem den Spaß (vorweg-)nehmen, der zukünftig ein Konzert von Bargel und Heuser nebst Band besuchen möchte. Nur eins: Wer in dieser Zusammensetzung für einen Auftritt im Café Gertrudenhof in Quickborn (!) gebucht ist und dort vor 30 - 40 durch Stickarbeiten nummerierten Klappstühlen als BAP-Coverband angekündigt wird, muss schon arg leidensfähig sein, um dies mit Humor zu ertragen und davon zu erzählen: Chapeau!
Bargel und Heuser verstanden den Abend offenbar als intime Veranstaltung im Kreise von Freunden und der Familie (die sie mehrfach direkt ansprachen), so dass der Rahmen mit Tischen und Stühlen irgendwie passte. Dazu passte auch, dass beide sich zur eigenen Bequemlichkeit 'Stehhilfen' mitgebracht hatten - im Vorgriff darauf, dass sie in einigen Jahren diese vielleicht ohnehin würden benötigen müssen - und auch dies immer wieder bei ihren verbalen Einlagen thematisierten. Der Bassist war der Einzige an diesem Abend, der die ganze Zeit stehen musste!
Musikalisch bestand das Programm im Wesentlichen aus der kompletten Darbietung der bereits benannten CD, so dass ich zu Inhalt und Gestalt dieser Songs gerne auf meinen Review verweisen möchte. Da es sich ja um eine aktuelle Live-CD handelt, waren auch hinsichtlich der Form der Darbietung keine größeren Überraschungen zu erwarten.
Dennoch begann der Abend durchaus überraschend, denn mit der Bargel-Komposition "I Will Die For You" wurde ein Einstieg gewählt, der gerade nicht auf der CD vorhanden ist und von daher vielleicht nicht allzu bekannt unter dem Publikum gewesen sein dürfte. Bargel und Heuser bespielten ihre Gitarren mit Bottleneck, der eine seine Dobro, die er weit überwiegend benutzte, der andere seine rote, an Alvin Lee erinnernde Gibson, möglicherweise eine 335er.
Doch direkt danach kam in erster Linie das bekannte Material der CD, jedoch - um eine diesbezügliche Langeweile zu vermeiden - nicht in deren Reihenfolge und mehrfach unterbrochen durch zusätzliche Lieder. Insgesamt umfasste das Konzert mit zwei Zugaben 17 Songs, weit überwiegend aus der Feder von Bargel oder als dessen Bearbeitung traditioneller Blues-Songs. Nach wie vor gibt es keinen Beitrag des 'Majors' zum Repertoire.
Dafür war sein Part auf der Bühne umso größer. Hier waren die Rollen fest verteilt: Während Bargel die Gitarren-mäßige Rhythmus-Arbeit leistete und ausschließlich den Lead-Gesang übernahm, leistete der 'Major' die Führungsarbeit mit seinen unterschiedlichen Gitarren. Wie er mit seinen Fingern überaus flink den Hals seiner Gitarren rauf und runter spielte, war einfach grandios. In dieser Form spielt er - für mich jedenfalls - in derselben Liga wie ein Joe Bonamassa und ein Walter Trout oder wie all die anderen Gitarrenvirtuosen dieses Genres auch heißen! Mehrfach wurde ihm daher völlig zu Recht Szenenapplaus zuteil. Die beiden Mitmusiker Sascha Delbrouck und Marcus Rieck - altersmäßig in einer deutlich niedrigeren Liga spielend als die beiden Frontleute - blieben hingegen auf der Bühne nicht nur optisch im Hintergrund. Sie spielten sehr solide und variantenreich, bekamen aber keine Gelegenheit, ihre musikalischen Fähigkeiten auch solistisch präsentieren zu dürfen. Schade eigentlich, denn sie machten durchaus den Eindruck, auch mal mehr im Vordergrund erscheinen zu können. Bei dem Song "What's The Matter Now" verließen sie sogar ganz die Bühne und überließen dieses Traditional einer auf zwei Gitarren beschränkten minimalistischen Interpretation.
Noch einmal möchte ich auf das Thema 'Stehhilfen' zurückkommen. Diese verließen Bargel und Heuser praktisch den gesamten Abend nicht. Bargel machte insoweit nur eine Ausnahme: Während der Interpretation von "Bad Bad Whiskey", das - obwohl ausnahmsweise nicht von ihm selbst komponiert - wohl als autobiographisch verstanden werden kann, legte er plötzlich seine Gitarre aus der Hand, stand auf und ging auf der Bühne hin und her, wobei er seinen markigen Gesang jetzt auch ohne Mikrophon beibehielt. Die Stimme - mag sie beim erstmaligen Hören auch etwas eigenwillig und gewöhnungsbedürftig klingen - war kraftvoll genug, um auch unverstärkt ausdrucksvoll den kleinen Saal zu füllen.
Demgegenüber hielt es den 'Major' während seiner zahlreichen Soli mehrfach nicht mehr auf seinem Sitz. Er legte sich derart intensiv in sein Spiel hinein, dass er einfach nicht mehr ruhig sitzen bleiben konnte. So kam auch optisch 'etwas Leben in die Bude' bzw. auf die Bühne!
Die Konzerte von Bargel und Heuser stehen unter dem Motto "Men In Blues - Legends In Concert", und dies völlig zu Recht. Denn Legenden sind die beiden Frontmänner jeder für sich ganz bestimmt. Es hätte an diesem Abend aber auch heißen können "Men In Black", denn sämtliche Musiker traten ganz in Schwarz an (bis auf den 'Major' in seiner obligatorischen Blue Jeans, dafür - wie immer - mit schwarzem Hut). Die ganze Bühne im Pantheon war ebenfalls in schwarz gehalten, so dass die einzigen 'Lichtblicke' die verschiedenen Instrumente - insbesondere die glänzende Dobro von Bargel - waren.
Den absoluten Abschluss des Konzerts stellte die zweite Zugabe "Got To Hurry" dar - wie "In The Pines", "Last One In The Row" und "Anytime You Want" bereits auf Bargels CD "Bones" im Jahr 2006 erschienen - ein 'Finale Furioso', in dem sich die beiden Front-'Men in Black' mit ihrem Gitarrenspiel wechselseitig zu überholen versuchen, so viel Tempo legten sie zum Abschluss noch mal hin. Zu Recht wurden daher dieser Song und das Ende des Konzerts vom Publikum mit Standing Ovations belohnt - zudem auch endlich eine Gelegenheit, die den ganzen Abend mitreißend dargebotene Musik nicht mehr auf mit der Dauer unbequemen Stühlen verfolgen zu müssen!
Für nächstes Jahr ist eine neue (Studio-) CD angekündigt. Für diese werden - so hat es mir Richard nach dem Konzert gesagt - der 'Major' und er zusammen komplett neue Songs schreiben und komponieren. Ich bin erwartungsfroh darauf gespannt, was dabei herauskommt!
Abschließend möchte ich mich bei Richard dafür bedanken, dass er es mir trotz ausverkauftem Pantheon ermöglicht hat, dabei zu sein. Dies hat mir das Verfassen dieses Berichts erst ermöglicht; meine abschließende Feststellung, dass es ein wirklich gelungenes Konzert war, hat es hingegen nicht beeinflusst.
Line up:
Richard Bargel (vocals, dobro, acoustic guitar)
Klaus 'Major' Heuser (electric guitars)
Sascha Delbrouck (electric & acoustic bass)
Marcus Rieck (drums)
Setlist:
01:I Will Die For You
02:In The Pines
03:Bad Bad Whiskey
04:Last One In The Row
05:Doing Time "Bochum Prison Blues"
06:Yes, I'm Going Away
07:Empire State Express
08:Losing Hand
09:Double Dirty Mother
10:There's A Man Going Around Taken Names
11:The Family
12:What's The Matter Now
13:Stagolee
14:Me And The Devil
15:Anytime You Want
16:I'm Leaving Here
17:Got To hurry
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