Diese DVD ist zwiespältig und hinterlässt den Hörer etwas ratlos. Das soll also der legendenumwobene Roy Buchanan bei einem seiner selten gefilmten Auftritten sein? Allein dies macht "Live At Rockpalast" musikhistorisch betrachtet einzigartig. Das ist also der Mann, der angeblich bei den Rolling Stones und Derek & The Dominoes einsteigen sollte - man will es kaum glauben! Wenn man seine drei Spätwerke im Ohr hat, ist man sehr enttäuscht über diesen hölzern-spröden Mann, der gut zwanzig Jahre älter aussieht, als er eigentlich war. Keine Spur von Rockstar, von Glanz und Glamour - Roy Buchanan war augenscheinlich ein Antistar. So einer bei den Stones? Unvorstellbar... aber was an diesen Gerüchten ohnehin dran ist, wird wohl für immer im Dunkel der Musikgeschichte bleiben.
Zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung - dem 24. Februar 1985 in Hamburgs Markthalle - war Buchanan 49 oder 46 Jahre (hier gibt es unterschiedliche Angaben) alt. Langjähriger Alkoholismus und Erfolglosigkeit hatten tiefe Spuren hinterlassen. Drei Jahre später erhängte er sich, zudem von Depressionen geplagt, auf dem Dachboden seines Hauses.
Leicht neben sich stehend, steigt Buchanan in sein Set ein. Die ersten drei, vier Nummern benötigt er offensichtlich, um erstmal 'warm' zu werden. Sein Gitarrenspiel ist zunächst etwas wirr und auf dem halben Weg zum Mikro bleibt er stehen, sodass sein Gesang nicht sehr präsent ist. Beides wird im Laufe des Sets wesentlich besser - Buchanan steigert sich quasi von Song zu Song, um gegen Ende seine Höchstform zu erreichen. Massiv ausgebremst wird er allerdings durch eine amateurhaft agierende Band, die wahrscheinlich für diesen Europatrip angeheuert wurde. Vor allem die Rhythmussektion zerdeppert ohne jedes Feeling gnadenlos das Aufkommen eines solchen! Von Blues haben diese beiden auf jeden Fall nicht den geringsten Schimmer. Einzig John Steele kann dem Meister folgen, aber auch nur, wenn er am Piano sitzt.
Zur Normalform, wenn man den Aspekt mit der Begleitband mal außen vor lässt, läuft Roy Buchanan erst mit dem "Blues In D" auf, zumal bei diesem Instrumental sein wenig einschmeichelnder Live-Gesang nicht zum Tragen kommt. Die beiden folgenden Hendrix-Cover sind ebenfalls hörenswert und mit "Messiah" wird zum Abschluss des regulären Sets die eindeutig beste Nummer bis dahin präsentiert. Warum das Hamburger Publikum, mit dem der US-Ami zu keinem Zeitpunkt in eine Interaktion treten kann, trotzdem frenetisch drei Zugaben einfordert, bleibt erstmal schleierhaft. Zumindest vor der Mattscheibe wollte der Funken zu keinem Zeitpunkt überspringen.
Die ersten beiden Songs werden dann wieder durch die drei Stümper zerknüppelt - da wirkt Buchanas cremig-warmer Ton im Kontrast dazu fast wie eine Karikatur. "Wayfaring Pilgrim" entschädigt dann für die gesamte bis dahin verstrichene Stunde. Hier läuft der Mann zur Hochform - mit geschlossenen Augen meint man Peter Green zu hören - auf und zeigt eindrucksvoll, warum man ihn zu einer Legende 'geschrieben' hat.
Wie eingangs erwähnt, ist "Live At Rockpalast" durchaus von historischem Wert und die Möglichkeiten, Buchanan 'zu Gesicht' zu bekommen, sind bekanntlich rar gesät. Deshalb (mal wieder) ein Dank an Made in Germany Music, die diese Aufnahmen auch als CD veröffentlichen werden.
Leider ist der Fehler des Rockpalast-Archivs, Martin Stevenson als Sänger zu erwähnen, eins zu eins aufs Cover übertragen worden, was wieder einmal beweist: Internet vergisst zwar nix, man kann sich aber auch nicht immer darauf verlassen...
Line-up:
Roy Buchanan (vocals, guitar)
John Steele (guitar, keyboards, harp, vocals)
Anthony Dumm (bass)
Martin Yula (drums)
Tracklist |
01:Thing In G (Short Fuse)
02:Green Onions
03:Roy's Blues (Roy's Bluz)
04:Walk Don't Run
05:Sweet Dreams
06:Peter Gunn
07:Blues In D (Blues Huffle Instrumental)
08:Hey Joe
09:Foxy Lady
10:Messiah (Messiah Will Come Again)
11:Night Train
12:Linda Lou
13:Wayfaring Pilgrim
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