Eine Stimme wie eine Vulkan, eine Katze mit allen ihren Launen oder unbekümmert wie ein kleines Kind: Das ist die Sängerin Ruth Brown in einigen, wenigen Vergleichen!
Inspiriert durch Sängerinnen wie Billie Holiday, Sarah Vaughan oder Dinah Washington hat die Lady in ihrer Karriere einiges mit Erfolg versehen. Diverse Alben, R&B-Hits, Musicals, Preise und Filmrollen stehen im Tagbuch der 1928 geborenen amerikanischen Sängerin.
Ohne Zweifel befindet sie sich in einer Reihe mit Aretha Franklin, Irma Thomas oder Koko Taylor.
Wer sich mit der Scorsese-Reihe "The Blues" beschäftigt hat wird vielleicht auch auf den erstklassigen Live-Sampler "Lightning In A Bottle", gestoßen sein. Das Konzert war 2003 die Auftaktveranstaltung zum Jahr des Blues, u.a. mit Ruth Brown.
Während sie im Broadway Musical "Black And Blue" auftrat, machte sie mit einigen renommierten Musikern (Spanky Davis, Red Holloway, Grady Tate) einen zweitägigen Abstecher ins RCA Studio C in New York und das Ergebnis war "Blues On Broadway".
Ausgegraben hat sie Standards aus den 20er Jahren und sie perfekt ins Hier und Jetzt transferiert.
Wurzelnd im R&B und Blues zwinkert Brown immer wieder mit dem Jazz.
Zentrale Nummern sind wohl, nicht nur wegen ihrer Länge, "St. Louis Blues" und "Tain't Nobody's Biz-Ness If I Do".
Spanky Davis eröffnet "St. Louis Blues" auf seiner Trompete, ohne auch nur einen Ton der bekannten Melodie preiszugeben. Rodney Jones zupft das Banjo, liefert ein knackiges Solo und die Brown beweist allen, welch versierte Stimme sie hat: Heftig, unbekümmert und ausgelassen.
9 ½ Minuten dieses Klassikers und die gehen vorbei wie nichts. Ein Song, den Ruth Brown, die den Blues gelebt hat und lebt, singen darf.
Nicht jedem/jeder Sänger/Sängerin passt diese Nummer. Da könnte der Anzug bzw. das Kleid schon mal die Größe eines Zirkuszeltes haben. Ihr steht der Track gut zu Gesicht, ohne Zweifel.
Mit klarem Hammond B-3-Sound und nur wenigen Tönen leitet Forrester kurz "Tain't Nobody's…" ein. Das Ding entwickelt sich zu einer wahren Hymne und man merkt, nicht erst jetzt, dass sich Ruth Brown mit diesem Album einen Traum erfüllt hat.
Ähnlich ruhig, mit ein wenig New Orleans inspiriertem Piano hören wir "If I Can't Sell It, I'll Keep Sittin' On It". Damit wäre die Trilogie der Songs aus dem Musical "Black And Blue" komplett".
In den 40ern hat Brown Songs von Billie Holiday nachgeahmt. Als Holiday sie damals hörte sagte sie zu ihr, dass sie zu gut sei, um andere zu kopieren. Stimmt irgendwie.
Dennoch hat Ruth Brown mit "Good Morning Heartache" einen Holiday Song auf "Blues On Broadway".
Mit welchem Feingefühl Brown und nicht zuletzt auch die Musiker diese Nummer rüberbringen erzeugt Erhebungen auf der Haut.
Vom Gitarristen, Rodney Jones, geschrieben, wirkt "I Don't Break Dance" vom Titel her etwas fremd. Musikalisch und textlich keineswegs. Relaxt groovig singt Brown darüber, was sie nicht machen möchte: Break Dance, Moonwalk, weiße Handschuhe tragen, rappen oder auf viele Partys gehen.
Mit Nachdruck intoniert sie aber, was für sie Sinn durchziehen: Nur sie selbst sein und ihr Ding machen! Im Folgenden schießt sie dann auch einige Speerspitzen zu damals anstehenden Themen ab.
Schon mit dem Opener, "Nobody Knows When You're Down And Out", zieht Ruth Brown einen in ihren Bann und lässt uns nicht mehr los.
Hervorragende Musiker fordern sie: Eindeutig auf "Blues On Broadway" der Fall.
Bei blendendem Klang gibt diese CD stets den Eindruck, live im Studio, ohne Overdubs eingespielt worden zu sein und verdeutlicht, dass es nicht immer der Haudrauf sein muss, der gefällt.
Mit Recht hat Ruth Brown für dieses Album einen Grammy erhalten.
Line-up:
Ruth Brown: vocals
Spanky Davis: trumpet
Hank Crawford: alto saxophone
Red Holloway: tenor saxophone
Britt Woodman: trombone
Bobby Forrester: piano, Hammond B-3 organ
Rodney Jones: guitar, banjo
Al McKibbon: acoustic bass
Grady Tate: drums
Spielzeit: 58:47, Medium: CD, Fantasy, 1989, R&B, Blues
1:Nobody Knows You When You're Down And Out (5:36) 2:Good Morning Heartache (5:57) 3:If I Can't Sell It, I'll Keep Sittin' On It (5:22) 4:Tain't Nobody's Biz-Ness If I Do (9:18) 5:St. Louis Blues (9:32) 6:Am I Blue (5:53) 7:I'm Just A Lucky So And So (5:50) 8:I Don't Break Dance (5:19) 9:Come Sunday (5:25)
Joachim P. Brookes, 05.08.2006
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