Auf der Website der Plattenfirma wird Tohpati Bertiga als Weltklassegitarrist angekündigt. Nun, dass sein Name wohl eher unbekannt ist, muss dieser Aussage nicht im Wege stehen, denn auch 'Nicht-Gitarren-Götter' können Gitarre spielen, und durchaus gut. Darüber hinaus habe ich bereits Lobeshymnen aller Art über diese indonesische Band lesen können, für mich ein Anreiz, diese Musik doch einmal näher unter die Lupe zu nehmen, denn es gibt Kritikpunkte.
Bereits nach den ersten drei Songs fällt mir auf, dass (mir) etwas fehlt - nämlich entweder ein weiteres Instrument oder Gesang. Oft habe ich während der Stücke den Eindruck, es handele sich um Backing Tracks. Erst mit dem vierten Song werde ich aufmerksam, weil etwas geschieht. Offensichtlich scheint sich die Band warm gespielt zu haben. Meine Referenzen sind hinsichtlich dessen entweder jene Titel, die von Jimi Hendrix posthum veröffentlicht wurden und die als Studiotracks bisher unveröffentlicht waren und die genau diesen Rohzustand aufweisen, oder die Titel, die Allan Holdsworth im Trio, also auch plus Bass und Schlagzeug aufnahm. Holdsworth und seine Band verstanden es, innerhalb dieser rein instrumentalen Struktur Spannungsbögen aufzubauen, auch einmal abzuheben, ineinander verschachtelt zu agieren, und somit eine Einheit zu bilden. Und Hendrix konnte auch ohne Gesang nur mit der Gitarre abwechslungsreiche Spannung erzeugen, obwohl die Band und er bei einigen dieser 'Resttitel' oder Jam-Titel auch nicht immer zusammen waren. Irgendwo dazwischen liegt dann die Musik dieser Platte.
Was uneingeschränkt von dieser Formation behauptet werden kann: Es ist ein Power-Trio! Und zwar eines, das ganz klar grundsätzlich im Rockbereich geerdet ist. Dabei kenne ich den Gitarristen auch aus dem Fusion-Bereich und dort hat er mir mehr zugesagt, bei der Band simakDialog. Zwar lässt er hier ebenfalls seine fließenden Läufe vom Stapel, die zunächst auch an den oben genannten Holdsworth erinnern, ohne jedoch dessen Einfallsreichtum zu erreichen, doch sind es hier die Begleiter, die (noch) nicht in der Lage sind, den Gitarristen auf seinen Höhenflügen zu unterstützen, wodurch die Musik gesamt dann eher auf dem Boden bleibt. Gleichwohl ist es ingesamt gesehen eine sehr gute Leistung, die jedoch musikalisch ein wenig zwischen den Stühlen hängt.
Aber wie schon angeführt, Track vier ist es, der ein interessantes Thema, sehr verschachtelt und verspielt, vorlegt und das zeugt von der Qualität des Gitarristen, sodass ich ihn durchaus recht weit oben in einer gedachten Rangliste sehe. Mit anderen Begleitern an der Seite könnte man das noch ausbauen, was bei "Middle East" begonnen wird. Die Musik beginnt zu fließen, ist weniger statisch und die Drei scheinen besser zu kommunizieren. Nun geht es voran, zwischen den Titeln lachen die Musiker miteinander - ja, das Ganze fand live im Studio statt. "Pay Attention" löst sich nun zunehmend und auch die Begleiter werden jetzt lockerer. Tohpati gibt nun seinen eigenen Stil zum Besten und klingt nicht mehr wie… oder wie…. Und das ist auch gut so, denn es ist gelungen, Abwechslung einzubringen, hier nun ein gutes Basssolo.
"Absurd" beginnt auch etwa so und ist recht verschachtelt und das, was hier wie eine Orgel klingt, scheint ein nicht in der Besetzungsliste vermerkter Gitarrensynthie zu sein, der insofern eine neue Klangfarbe einbringt. Doch nun dringt wieder mehr Rock durch und meine Favoriten liegen klar im Mittelteil der Platte. "Lost In Space" ist dann wieder eine positive Ausnahme, der Sound wird breiter, das Feld öffnet sich und gibt Raum für Ideen und Spielereien und auch leichten Träumereien. Dieser Song zählt mit zu meinen Favoriten.
Was ich anfänglich erhofft hatte, erfüllte sich letztlich nicht: Das Einbringen asiatischer Elemente in die Musik, denn das kann stets für interessante Reibung sorgen, wie man es zum Beispiel von Nguyên Lê kennt. Ich denke jedoch, dass Freunde von Hendrix, rockiger Fusion und guter Gitarrenmusik diese Musik lieben werden und ich hoffe, dass noch weitere Platten folgen.
Line-up:
Tohpati Bertiga (guitars)
Indro Hardjodikoro (bass)
Adityo Wibowo (drums)
Tracklist |
01:Upload (7:58)
02:I Feel Great (6:41)
03:Riot (5:34)
04:Middle East (5:14)
05:Pay Attention (7:13)
06:Rock Camp (4:43)
07:Absurd (5:37)
08:Disco Robot (4:11)
09:Lost in Space (7:22)
10:Bertiga (5:34)
(All compositions and arrangements by Tohpati Bertiga)
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