Neues aus der Anstalt: »Schööön, dass Sie sich wieder haben einliefern lassen...« Alice Cooper war anno 1978 sicherlich alles andere als zu Scherzen aufgelegt, als er sich zu einer dringenden Entgiftung und Entzugstherapie in der 'Geschlossenen' wiederfand. Alk sucks - not only, but also...
Seine Erfahrungen, ein Reality-Horrortrip persönlicher und gruppendynamischer Art, verarbeitete Cooper in seinem wohl besten Album: dem hier zu besprechenden "From The Inside". Gleichzeitig ist ihm damit ein Klassiker der Musikgeschichte (mehr noch als mit Billion Dollar Babies oder "School's Out") gelungen - eine Scheibe, die in einem Atemzug mit den größten aller Zeiten genannt werden muss.
Welchen Stellenwert "From The Inside" für den Laienprediger einnimmt, beweist die Tatsache, wie viele der Songs sich in den aktuellen Setlisten seiner Horrorshow wiederfinden und - nebenbei bemerkt - auch nach bald vierzig Jahren noch textsicher mitgegrölt werden. Auch mir gehen die Texte nach wie vor locker von der Lippe - wieder mal ein Beweis dafür, wie anders man als Jugendlicher Musik gehört hat, welchen ungleich höheren Stellenwert sie damals hatte...
Eine Person drückt "From The Inside" ihren unnachahmlichen Stempel auf: Bernie Taupin, seinerzeit die (musikalisch) bessere Hälfte von Elton John. Der brachte gleich noch Davey Johnstone und Dee Murray aus Johns Band mit und arrangierte sicherlich auch den Kontakt zu dessen Duett-Partnerin Kiki Dee ("Don't Go Breaking My Heart").
Taupin entwarf - natürlich gemeinsam mit Meister Cooper - das Konzept und führte danach bei den Aufnahmen quasi 'Regie'. Das merkt man der Produktion bei jedem Ton an. Perfektionistisch wurde an einem bombastischen Sound gewerkelt und dabei alle damals (analogen) technischen Möglichkeiten garantiert bis an die äußersten Grenzen ausgereizt. Hier drängen sich Vergleiche zu Queen-Produktionen jener Tage auf.
Cooper rief zu den Aufnahmen und die Crème de la Crème der Musikerzunft trat bereitwillig an - allen voran eine ganze Riege von Westcoast-Helden und die wichtigsten Totonen. Das Line-up liest sich wie ein wahres Who-is-who der Musikhistorie...
Liebhaber von Coopers Frühwerken hatten seinerzeit mit "From The Inside" deutlich gefremdelt. Zu kommerziell und glattgebügelt erschien ihnen das Konzept. Die Einbeziehung eines Orchesters war zwar damals bereits im Hard Rock keine Sensation mehr - die Akzeptanz in der Fangemeinde hatte allerdings sicherlich einen deutlich niedrigeren Grad als heutzutage. Glücklicherweise hat sich die Musikwelt inzwischen munter weitergedreht...
Bemerkenswert ist obendrein der Umstand, dass Alice Cooper ausgerechnet mitten in der ersten 'Sinnkrise' der Rockmusik - geprägt von reihenweise uninspirierten Alben nahezu aller Heroen - einen wahren Klassiker des Genres setzen konnte. Mindestens ebenso bedeutungsvoll ist der Fakt, dass Cooper daraufhin einen ganzen Reigen von teilweise fatalen Flops produzierte. Erst geschlagene elf Jahre später sollte er mit "Trash" wenigstens in kommerzieller Hinsicht wieder an "From The Inside" anschließen können!
Zu den Songs ist, abgesehen von der konzeptionellen Unterschiedlichkeit der A- und B-Seite sowie dem coolen Mix aus Hard Rock und Powerballaden, musikalisch nicht viel zu sagen. Wer das Album nicht bereits hat, sollte es sich spätestens jetzt zulegen!! Und: Haut die besch...eidene CD-Ausgabe von 1990 endlich in die Sondermülltonne - das jetzt vorliegende 180-g-Vinyl ist optisch wie klanglich eine Offenbarung.
Das Cover war bereits seinerzeit epochal und wurde seitdem nur äußerst selten übertroffen. Die Frontseite lässt sich aufklappen und man erhält einen Blick in den Aufenthaltsraum der 'Anstalt'. Die dort abgebildeten schrägen Vögel sind allesamt Mitglieder der Musikerriege. Die Rückseite zeigt den 'Notausgang' und die herausstürmenden 'Irren' samt ihrer Entlassungspapiere - allen voran 'No More Mr. Nice Guy' persönlich.
Hier muss es allerdings ganz gewichtige Punktabzüge für die mir hier vorliegende Edition geben! Ausgerechnet der 'Notausgang' lässt sich - entgegen der Originalausgabe - NICHT aufklappen, was angesichts der in den Innenseiten der Türen abgedruckten Credits (inkl. Line-up etc.) besonders ärgerlich ist! Wenn man sie wenigstens an anderer Stelle abgedruckt fände, aber nicht mal das hat man zustande gebracht...
Unter 'Shit happens' kann man diesen schweren Lapsus nun wirklich nicht kurzerhand abhaken und -heften. Das hinterlässt einen ziemlich schalen Nachgeschmack, weil das Originalcover ein echter Meilenstein des Art Works war. In der Automobilindustrie wäre dies allemal ein Anlass für eine großflächige Rückholaktion - Warner Music, fühlen Sie sich entsprechend gefordert!!!
So bleibt nur das musikalische Nonplusultra zu erwähnen, das "From The Inside" fraglos darstellt. Ein in dieser Hinsicht überaus würdiger Träger unseres 'Klassiker'-Brandings.
Line-up:
Alice Cooper (lead vocals)
Dick Wagner, Steve Lukather (guitars)
Kenny Passarelli, David Hungate, John Pierce, Dee Murray, Leland Sklar (bass)
David Foster (keyboards)
Rick Shlosser (drums)
Marcy Levy (duet vocals - #A/5)
Kike Dee, Bill Champlin, Flo & Eddie, Tom Kelly, Davey Johnstone, Bobby Kimball, Marcy Levy, Sheryl Cooper (background vocals)
The Totaly Committed Choir (background vocals)
Guest Players:
Rick Nielsen, Davey Johnstone, Jefferson Kewley (guitars)
Jay 'Wah Wah' Graydon (guitars, synthesizer programming)
Steve Porcaro (synthesizer programming)
Dennis Conway, Michael Ricciardella (drums)
Fred Mandel, Robbie King (keyboards)
Jim Keltner (percussion)
Tracklist |
Side One:
01:From The Inside (3:55)
02:Wish I Were Born In Beverly Hills (3:38)
03:The Quiet Room (3:52)
04:Nurse Rozetta (4:15)
05:Millie And Billie (4:15)
Side Two:
01:Serious (2:44)
02:How You Gonna See Me Now (3:57)
03:For Veronica's Sake (3:37)
04:Jackknife Johnny (3:45)
05:Inmates [We're All Crazy] (5:03)
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Externe Links:
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