Caligula's Horse / Moments From Ephemeral City
Moments From Ephemeral City Spielzeit: 42:37
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2011
Stil: Prog Rock

Review vom 06.05.2012


Michael Knoppik
Während viele Altherren-Bands wie Yes von der leider viel zu kleinen Progressive Rock-Community geschmälert werden, sind moderne Prog-Bands wie z. B. The Mars Volta sehr akzeptiert und werden teilweise sogar geliebt. Dies mag ja erst einmal daran liegen, dass Künstler, die in die Jahre gekommen sind, an Kreativität eingebüßt haben. Ich glaube dies jedoch weniger. Es liegt wohl mehr am Sound und Stil, und dass die Erwartungen an diese sich selbst im eigentlich nicht an Mode und Trends orientierenden Progressive Rock geändert haben. Moog-Synthesizer sind wohl selbst im Prog zu unhip und 'nicht mehr zeitgemäß', ebenso wie 'Loser-Gesang' (man stelle sich eine Band wie The Mars Volta mit Eric Woolfson oder Andy Latimer als Sänger vor. Fair ist das nicht, weil eigentlich gerade in der Szene des Progressive Rock erwartet wird, dass weniger Wert auf Trends und mehr auf Stimmung und musikalischen Gehalt gelegt werden sollte. Warum dies nicht ganz der Fall ist, werde ich - so denke ich - nie erfahren. Dennoch begrüße ich es, wenn gute, ausgeklügelte, vielschichtige Musik im modernen Rock-Gewand präsentiert wird. Progressiv heißt ja auch fortschrittlich, womit Neuerungen ihre Rechtfertigung, sogar ihre Notwendigkeit besitzen.
Interessanterweise erinnert bei Caligula's Horse der Gesang an die Hard Prog-Band Rishloo. Zumindest an manchen stellen. Hinzu kommt, dass tatsächlich keine Synthesizer zu hören sind. Diese erwarte ich meistens im Genre. Doch gelingt viel qualitativ hochwertige Musik selbstverständlich auch ohne Keyboards. Es gibt eigentlich kaum ein Pflichtinstrument, um sich unter Größen wie King Crimson, etc. einzureihen. Man denke mal an die höchst spannenden
Van Der Graaf Generator, die nahezu ohne Gitarre ausgekommen sind.
Ein wichtiger Vorteil resultiert aus der Tatsache, dass Caligula's Horse fast ausschließlich auf Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang setzen. Die Musik klingt zu keiner Stelle überladen, oder mit sinnloser Pompösität zugekleistert. Die meisten Emotionen werden vom Sänger Jim Grey kreiert, der mit seiner Stimme von leise flüsternd bis intensiv aufschreiend ein großes Stimmungsspektrum ausfüllt.
Zu kompliziert wird die Musik auch nie, der Hörer wird nicht durch ständige Taktwechsel aus der Bahn geworfen. Dennoch sind die typischen Kriterien, wie Stimmungs-, Rhythmen-, Tempo- und Lautstärkewechsel hinreichend vorhanden. Melodie- und Spannungsbögen gelingen schon beim Opener hervorragend. Die Rollenzuteilung von akustischer und elektrischer Gitarre funktioniert u. a. in "Silence" sehr gut. Da haben sich also Leute über das Arrangement konkrete Gedanken gemacht. Zutaten vom 'Hardcore'-Prog und sogar Metal sind im instrumentalen "Singularity" zu hören.
Selbst ein elfminütiges "Alone In The World" beginnt auch nicht mit sphärischen Keyboards, Klavier oder bombastischen Orchesterensembles. Stattdessen erzählende Parts, Riffgewitter, Gitarrengefrickel, tatsächlich ruhige Klavierpassagen und mehrschichtige Gesangparts. Ein Longtrack, der einige Eigenschaften vermissen lässt, um als episch zu gelten, dennoch aber auf seine Weise gelingt.
"Ephemera" und "Equally Flawed" schlagen dann leisere Töne an. Letzteres aber nur am Anfang. Denn nach dem ruhigen Intro wird dort eine Mischung aus geladenen Riffs und schmerzerfülltem Gesang. Spätestens an dieser Stelle fällt eine gesangliche Nähe zu Anathema auf. "Calliope's Son (Don't Ever Look Back)" klingt anfangs verdächtig nach Jahrmarktmusik, welche aber eiskalt von Riffgewitter unterbrochen wird. Irgendwie scheint die Kreativität hier auszugehen, wobei die Soli, die über dem Riffgebretter gespielt werden ganz ordentlich sind.
Die Band kommt genau wie Anubis oder Sleepmakeswaves aus Australien. Sam Vallen ist als Multiinstrumentalist zugleich der Kopf der Band. Sänger Jim Grey hat noch eine andere Band mit dem Namen Arcane.
Obwohl ich hier lautstark mit Lob um mich geschmissen habe, muss ich mich bei der abschließenden Bewertung doch bremsen. Bzw. eigentlich muss ich das nicht, denn genau ein emotionaler Bezug ist das, was mir bei dieser Scheibe in weiten Teilen fehlt.
6 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Jim Grey (lead vocals)
Zac Greensill (guitar)
Dave Couper (bass, vocals)
Geoff Irish (drums)
Sam Vallen (guitar, everything else)
Tracklist
01:The City Has No Empathy (6:10)
02:Silence (7:13)
03:Singularity (3:33)
04:Alone In The World (11:04)
05:Ephemera (3:19)
06:Equally Flawed (6:09)
07:Calliope's Son (5:09)
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