Ich will hier keine Biografie schreiben (die gibt es u.a.
hier) und auch nicht die
Diskografie runterrattern. Vielmehr möchte ich hier niederschreiben, wie ich überhaupt auf den
Captain aufmerksam geworden bin.
Es war im Jahr 1986. Ich hatte soeben ein Motorrad gekauft und ein paar Kumpels, die etwas älter als ich, aber auch musik- und motorradbesessen waren.
Eines Samstagnachmittags haben wir uns dann getroffen, um einen kleinen Ausflug das Würmtal hinab Richtung Pforzheim zu fahren. Das Ziel war eine alte Mühle, in der sich eine WG von befreundeten Jungs und Mädels befand. Wer das Würmtal kennt, weiß welcher Bikegenuss einen trifft. Es wird eigentlich nur mit dem Gashahn (Bremsen und Schalten muss man nicht) gefahren.
So angetörnt angekommen, nahm der Mittag auch seinen weiteren Verlauf. Hefeweizen war in Baden-Württemberg als Bierspezialität damals ganz neu und somit auch sehr interessant. Das Problem war eigentlich das verlustfreie Einschenken gewesen. In der Mühle hat man sich damals in die meterbreiten Fenster über dem Bach gesetzt und den Verlust hat die Würm nach Pforzheim getragen. Mei waren diese Fische breit.
Auf jeden Fall hatte mich damals die Blues-Musik (
Muddy Waters usw.) im Griff. Am Abend lief dann beim Grillen eine schöne Blues-Musik. Man war auch schon ein bisschen breit und gab sich der Musik hin. Aber umso länger das Stück dauerte, umso abgedrehter hörte sich der Sound an. Der Schluss hatte auf jeden Fall nichts mehr mit Blues zu tun, sondern eher mit Weltall und Wahnsinn - aber faszinierend. Die folgenden Stücke der LP waren geradeso. Es war eigentlich so, dass der Blues peu a peu verfremdet wurde und in dem Moment, wo das ins Bewusstsein trat, dass es sich hier gar nicht mehr um Blues handelte, war der Song zu Ende. Auf Nachfrage wurde mir dann der Titel genannt: "Strictly Personal" von
Captain Beefheart.
Wieder zuhause habe ich dann geforscht:
Ergebnis: Der
Don van Vliet (der
Captain) war ein Schulkamerad von
Frank Zappa. Da gibt es auch ein paar Schnittstellen. Die LP "Bongo Fury" z. B., welche ich für sehr gelungen halte. Oder der Gesang auf "Hot Rats".
Aus lauter Freude habe ich mir alles, was es von
Beefheart gab, gekauft. Die "Trout Mask Replika" welche vielen als Meilenstein gilt, finde ich jetzt nicht so toll. Bis auf ein paar wenige Stücke ist mir das zu sehr dem Effekt gehuldigt. Viele Songs sind nur zwei drei Minuten lang. Das ist ein Format mit welchem später Punk-Bands das christliche Abendland geschockt haben. Vielleicht ist hier der Zusammenhang zu finden?
"Safe As Milk" und "Clear Spot" sind da eher meine Favoriten aus der blueslastigeren Zeit.
Auf jeden Fall sind Scheiben wie "Bluejeans And Moonbeams" oder etwa "Unconditionally Guaranteed" schon fast auf der seichten Disco- oder Schlagerebene anzusiedeln.
Die LP "Shiny Beast" knüpft dann wieder an alte Traditionen an, ist aber rockiger.
Die Musik von
Captain Beefheart fasziniert mich vor allem deswegen, weil sie mich an einem Punkt abholt, den ich kenne, um mich anschließend in eine Soundwelt zu entführen, welche mir ganz neue Muster zu erkennen und zu verstehen gibt.
Anscheinend ist er ja über die Musik hinaus auch als
farb- und formgebender Künstler tätig und vielleicht kann zu diesem Aspekt ein anderer etwas beitragen.
Anm. der Redaktion: Peter J. Kraus berichtet in seinem Buch Rock-Highway davon, dass sich Don Van Vliet Anfang der neunziger Jahre in die einsamen Nebelwälder der nordkaliformischen Küste zurückgezogen hat und an Multipler Sklerose erkrankt sei. Es gibt schon lange keine neuen Nachrichten mehr von ihm, als Maler ist er jedoch sehr erfolgreich (gewesen), kommerziell weit mehr, denn als Rockmusiker.