Frisches Futter für Leute, denen griffige Songstrukturen und eingängige Arrangements ein Graus sind, sei hier angekündigt. Carlton Melton aus dem nordkalifornischen Mendocino County spielen ihre Klangskulpturen - 'Songs' wäre eindeutig das falsche Wort - in Jamsessions live ein, oftmals wird sogar das erste Take genommen. Eine Vielzahl von Alben ist auf diese Weise entstanden.
Der Titel des neuesten Werkes scheint Programm zu sein: "Always Even" - immer gleichmäßig. So könnte man die fünf Stücke durchaus charakterisieren. Völlig frei gewobene Klangteppiche bzw. sorgsam geschichtete Soundkollagen, die sich in der spacig-wabernden Grundstimmung allerdings weitgehend ähneln. Themen schälen sich aus ebenso dichten wie diffusen Nebelschwaden mühsam heraus und werden dann, sequenzweise minimal variiert, in Endlosschleifen wiederholt. Luftig-leicht ist hier nichts, aber auch keinesfalls schwerblütig-langatmig oder gar depressiv - in eher monumentaler Weise, wie die heimatlichen Mammutbäume, erheben sich die fünf, teilweise sehr langen Werke der drei Kalifornier.
Referenzbands zu nennen, fällt ungemein schwer - zu eigenwillig erscheint diese Melange von Carlton Melton. Eigenständigkeit will ich allerdings nicht ins Feld führen, denn diese Art von Musik kennen wir aus den Spätsechzigern dies- und jenseits des Atlantiks. 'Psychedelic' nennt sich das Genre, unter das man "Always Even" problemlos subsumieren kann. Weil das Schlagzeug nicht eindeutig rhythmisiert oder gar einen Beat vorgibt, können Subgenres wie 'Psychedelic Rock' eher nicht hinzugezogen werden, auch wenn man sich in mancher dieser Passagen an Pink Floyds nicht unumstrittenes Album "Ummagumma" erinnert fühlt.
Carlton Meltons knapp 38-minütiger Trip kann den Hörer in eine fast meditative Tiefenentspannung entführen, aus der man sich bestenfalls nie lösen möchte. Zustände, wie wir sie wohl alle aus kindlichem Eintauchen in das Spiel der Wolken, dem Beobachten von Werden und Vergehen figürlicher Wolkenformationen kennen.
Ich will allerdings nicht verhehlen, dass die Klangkaskaden von "Always Even" den meisten Liebhabern rockiger Songstrukturen wohl eher Kopfschmerzen und/oder Diarrhoe bereiten und damit der 'Trip' zum Horrortrip werden könnte. Bei riesigen Nebenwirkungen schlagen Sie also bitte Ihren Arzt oder Apotheker und nicht Ihren unschuldigen RockTimes-Redakteur.
Damit wir einander aber nicht falsch verstehen: Ich finde es einfach stark, wenn junge Musiker abseits ausgetretener Pfade unterwegs sind und sich einen Kehricht darum scheren, ob das Produkt letztendlich 'marktkompatibel' ist. Aus diesem Grund: Daumen hoch für Carlton Melton!
Line-up:
Andy Duvall (guitars, drums)
Rich Millman (guitars, synths)
Clint Golden (bass)
Special Guest:
John McBain (Echoplex)
Tracklist |
01:Slow Wake (5:25)
02:Keeping On (7:46)
03:Spiderwebs (4:40)
04:Sarsen (9:28)
05:The Splurge (10:30)
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