Seit mehr als fünfzehn Jahren gehören Cathedral ohne Zweifel zu den originellsten Bands im gesamten Heavy Metal Bereich. Ende1989 von Ex-Napalm Death Sänger Lee Dorian im englischen Coventry gegründet, spielte die Formation zunächst noch reinen Doom und an ihrem Debut "Forest Of Equilibrium" schieden sich die Geister. Nur wenige konnten mit dieser Mixtur aus extrem schleppenden Gitarrenriffs und tiefen Death Growls etwas anfangen. Dies sollte sich aber mit dem zweiten Album "The Ethereal Mirror"(1993) ändern, präsentierten sich Cathedral hier doch um einiges zugänglicher als auf dem Vorgänger. Lee hatte seinen Gesang stark verbessert und man bewegte sich weg vom bisherigen Zeitlupensound und verarbeitete neue Einflüsse, zum Beispiel von Interpreten aus den Siebzigern, vor allem Black Sabbath, die die Band auch im Anschluss auf Tour als Support begleiten durfte. Zum Song "Midnight Mountain" wurde ein witziger Videoclip gedreht, der damals auch des Öfteren auf MTVīs Headbangers Ball gespielt wurde, wodurch sogar von einem kleinen Hit gesprochen werden konnte.
Ihr Meisterstück lieferten die Engländer allerdings mit ihrem dritten Streich "The Carnival Bizarre"(1995) ab, auf dem sie sich noch ein weiteres Mal steigern konnten. Das Album verfügte über eine unglaubliche Vielfalt. Diese eigenwillige Mischung aus klassischem Heavy Metal, groovendem Seventies Rock, Doom und Psychedelic ist bis heute ziemlich einzigartig.
Die ausgekoppelte Single "Hopkins (The Witchfinder General)" entwickelte sich schnell zu einem echten Gassenhauer und bei dem Stück "Utopian Blaster" bekam man prominente Unterstützung durch den Black Sabbath Gitarristen Tony Iommi.
Die darauf folgenden Werke "Supernatural Birth Machine"(1996) und "Caravan Beyond Redemption"(1996) konnten "The Carnival Bizarre" zwar nicht übertreffen, aber der gute Standard wurde gehalten, und der Stil perfektioniert.
Mit "Endtyme" (2001) schien die Band in eine kreative Sackgasse geraten zu sein, dem Material fehlte ein wenig die Abwechselung und insgesamt war mir die Platte eine Spur zu düster ausgefallen, was wohl auch auf die Streitigkeiten mit dem damaligen Label zurückzuführen war.
Die ein Jahr später erscheinende CD "The VIIth Coming" war zwar wieder ein Schritt in die richtige Richtung, konnte mich aber noch nicht vollends überzeugen.
Ganz anders verhält es sich mit dem nun vorliegenden Album "The Garden Of Unearthly Delights", auf dem das Quartet wie neu geboren klingt. Gleich vom Eröffnungssong, dem schwer groovenden "Tree of Life & Death" wurde ich förmlich platt gewalzt. So druckvoll habe ich Cathedral schon lange nicht mehr gehört, was nicht zuletzt an dem fetten Sound liegt, den Produzent Warren Ryker hier hinzauberte, der auch schon mit Combos wie Crowbar und Down zusammenarbeitete. Das anschließende "North Berwick Witch Trails" begeisterte mich nicht weniger und erinnert sowohl musikalisch als auch textlich an den 1995er Hit "Hopkins ( The Witchfinder General )", geht es auch hier um die Hexenverfolgungen in England während des Mittelalters. Klasse. Zu "Upon Azraelīs Wings" haben unüberhörbar Celtic Frost Pate gestanden, die ja schon immer zu den großen Helden von Lee Dorian und seinen Mannen gehört haben. So werden die typischen Gitarrenriffs der Schweizer gekonnt zitiert. Ein echter Knaller ist das super eingängige "Corpsecycle" geworden, das alle Qualitäten besitzt um ein echter Klassiker zu werden und für mich zu den besten Stücken gehört die je von der Band geschrieben wurden.
Nach dem kurzen Akustikintro "Fields Of Zagara" folgt dann der härteste und schnellste Titel der Scheibe "Oro The Manslayer".
Herrlich schräg klingt "Beneath A Funeral Sun" in den Refrains, bei denen Sänger Lee Dorian von einem Kinderchor begleitet wird.
Das Herzstück der neuen Platte ist allerdings das Monumentalwerk "The Garden", auf dem Cathedral noch mal 27 Minuten lang alle Register ihres Könnens ziehen. Wie schon auf dem ähnlich langen "The Voyage Of The Homeless Sapien" von der "Static Majik" EP(1994) gehen die Musiker hier sehr experimentell zu Werke. Harter Metal gepaart mit folkigen Violinen, progressiven Einschüben und drogengeschwängerten Psychedelic Parts immer wieder unterbrochen durch gefühlvollen Frauengesang sowie ruhige Akustikgitarren, machen den Song zu einer musikalischen Achterbahnfahrt.
Es ist wirklich erfreulich, dass die vier Briten wieder zu ihren alten Stärken zurückgefunden haben. Die Band hat mit "The Garden Of Unearthly Delights" wirklich überragendes Album geschaffen, das durch eine unglaubliche Vielseitigkeit besticht und auch nach dem zehnten Hördurchgang nicht langweilig wird.
Spielzeit: 70:53, Medium: CD, Nuclear Blast, 2005
1. Dearth AD 2005 2.Tree Of Life & Death 3.North Berwick Witch Trails 4.Upon Azraelīs Wings 5.Corpscycle 6.Fields Of Zagara 7.Oro The Manslayer 8.Beneath A Funeral Sun 9 The Garden 10.Proga-Europa)
Stefan Gebauer, 26.09.2005
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