Gut 16 Jahre nach dem die Lichter bei Central Park unverhofft ausgingen, hat sich in München eine der angesagtesten Prog Bands aus Deutschland in Original-Besetzung reformiert. Das Album Unexpected ist da und der erste Auftritt gespielt. Central Park sind also wieder da! RockTimes hat dazu ein Gespräch mit Schlagzeuger Artur Silber geführt.
RockTimes: Central Park haben gestern nach über 16 Jahren wieder ihren ersten, offiziellen Gig gespielt. Ihr habt den Musiksommer 2006 im Theatron München auf der Seebühne im Olympia-Park eröffnet. Wie war es und wie hat das Publikum diesen ersten Auftritt nach Eurer Reunion aufgenommen?
Artur: Wir wurden wirklich herzlich und begeistert in Empfang genommen. Schon vor dem Gig liefen mir jede Menge Menschen über den Weg, die mir bzw. der Band gratulierten, den Reunion-Schritt gewählt zu haben. Man glaubt gar nicht, wie viele sich an uns und die 80er erinnern. Mit so einem Basisgefühl geht man natürlich noch motivierter als ohnehin schon auf die Bühne.
RockTimes: Wie war das Gefühl der Band, nach so langen Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen?
Artur: Der Flashback stellt sich unmittelbar ein, du denkst, der letzte große Gig ist gerade mal fünf Wochen her. Interessanterweise schleichen sich auf der Bühne auch beschleunigt die kleinen charmanten Fehlerchen wie vor zwei Jahrzehnten ein. Und das gibt dir dann erst recht das Gefühl, dass wir nie ausgesetzt haben. Dass dann auch noch ausgerechnet an diesem für uns besonderen Abend die alte Hammond Orgel schlapp macht und notdürftig an Ort und Stelle repariert werden muss und Hans seine Fender Stratocaster schrottet, weil er zu kräftig 'hinlangt' lässt uns dann nur noch grinsen, weil 'Live ist eben live'. Unterm Strich aber ein wirklich gelungener Restart der uns und dem Publikum wirklich Spaß gemacht hat. Die Menge der verkauften Alben bewies auch, dass uns viele sehr gerne in dieser Form nach Hause mitnehmen wollten.
RockTimes: Ihr hattet Euch 1989 kurz vor der Unterzeichnung beim großen Label Chrysalis getrennt, weil Heiko Möckel aus persönlichen Gründen die Band verlassen hatte. Wie kam es dazu, dass Ihr Euch im letzten Jahr, vor allen Dingen in Original-Besetzung, entschlossen habt, dass Unternehmen Central Park nochmals anzupacken?
Artur: Auch wenn's unglaublich klingt: Den Stein ins Rollen brachte Rick Wakeman. Ich habe ja seinerzeit die DVD "YESSPEAK" sehr erfolgreich promotet und war daher vom englischen Label Classic Pictures zum Gig in der Münchner Olympiahalle eingeladen, inkl. 'meet & greet' nach der Show. Also ging ich mit Jochen zum Konzert, wir genossen diesen entgegen früheren Zeiten nicht überbombastisierten Auftritt und hatten extremes Vergnügen an dem fast 1-stündigen Accoustic-Set. Bei unserem entspannten Plausch mit Rick konnte ich es mir nicht verkneifen ihm zu sagen, dass ich ihm und der Band die Musik, wie soeben dargeboten, jetzt erst richtig abnehme. Vor 30 Jahren kam das Ganze trotz Gigantomanie nicht so überzeugend rüber. Man stelle sich vor: "Owner Of A Lonley Heart" mit Rick ganz lässig am Stutzflügel, Alan an einem Winz-Set und Steve, Chris und Jon mit akustischen 6- bzw. 4-Saitern. Um nicht zu weit auszuholen: Rick sagte spontan, aber sichtlich überrascht von meinem Statement: »That's exact what the band feels«. Auf dem Weg zum Parkplatz fragte mich Jochen, ob wir 'alten Säcke' nicht auch wieder Lust auf eine Reanimierung von Central Park haben. Ein klares 'Ja' meinerseits und zwei weitere klare 'Ja's' am nächsten Tag von Hans und York.
RockTimes: Mit "Silent Garden" habt Ihr auf Eurem gerade erschienenem Album "Unexpected" einen ganz neuen Song aufgenommen. Denkst Du, dass sich Central Park, was die Kompositionen angeht, im Laufe der vielen Jahre verändert hat?
Artur: Absolut nicht, denn "Silent Garden" stammt ebenso aus den 80ern wie der Rest der CD. Der Song tauchte allerdings erst wieder auf, als wir für die Zusammenstellung einer Bonus-Live-CD sämtlich noch existierenden Live-Tapes der alten Konzerte durchhörten. Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die Bonus-DVD nachgedacht wurde, wäre dieser Titel für die Live-CD in Frage gekommen. Leider war der Mitschnitt nur noch in Fragmenten zu gebrauchen, also unbrauchbar für die CD. Als wir den Song aber nun nach beinahe 20 Jahren wieder das erste Mal hörten, erkannten wir sofort die Notwendigkeit, ihn quasi als 'Statement 2006' im Studio aufzunehmen. Daher bricht der Titel in keinster Weise musikalisch aus, sondern fügt sich - aus unserer Sicht - perfekt in den gesamten Spannungsbogen ein. Ich denke, dass es uns auch soundtechnisch gut gelungen ist, ihn den Originalmixes der alten Aufnahmen anzupassen. Also modernste Digital-Aufnahmetechnik mit analogem Flair. Ein Sieg der Emotionalität über die Rationalität...
RockTimes: Ihr beschreibt Eure Musik auf Eurer Webseite als Hard Prog. Was steckt hinter diesem Begriff und wie versteht Ihr ihn?
Artur: Wenn wir die Site in Bälde neu gestalten, wird dieser Begriff nicht mehr vorkommen. Er ist - wider besseres Wissen - in Bierlaune entstanden, als wir bei einer Bandprobe wirklich extrem hart zur Sache gingen und Jochen mir sagte, dass der Deep Purple-Drummer Ian Paice diesen Abend wohl kaum härter gespielt hätte. Da dachten wir uns, 'Hard' und 'Prog' ist eine spaßige Verbindung. Nur haben wir mit echten Hard Prog-Bands nicht wirklich viel gemein. Also erden wir uns wieder und bleiben beim Progressiven Rock...
RockTimes: Eine musikalische Kategorisierung ist oftmals sehr schwer und führt stellenweise zu ausufernden Diskussionen. Wie denkst Du darüber und wo würdest Du heute die Musik von Central Park einreihen?
Artur: Da ich berufsbedingt eh keine Schubladen mag, sag ich einfach mal: Unsere Musik ist abwechslungsreich, atmosphärisch und zeitlos.
RockTimes: Du und Jochen Scheffter, Ihr seid von Bands wie Emerson, Lake & Palmer, Yes, King Crimson u.a. stark beeinflusst. Aber auch Deep Purple nennst Du selbst als eine Eurer favorisierten Bands. Immerhin ist der Hammond-Orgel-Sound in Eurer Musik sehr stark vertreten. Ist dieser musikalische Einfluss aus dem Bereich des härteren Rocks auch mit ein Grund, warum etwas kommerziellere Stücke wie z.B. "Face The Space" entstanden sind? Und auch der instrumentale Teil bei "Sleep On Mr. President" rockt eigentlich recht geradeaus, wie ich finde.
Artur: Recht so, lassen wir es rocken! Auch der Körper des Zuhörers soll sich freuen, nicht nur die Seele.
RockTimes: Eure Texte sind teilweise sehr sozialkritisch oder aber auch etwas politisch. Ich denke da an "Recycling" oder eben auch wieder "Sleep On Mr. President". Erscheint es Euch wichtig, mit Eurer Musik auch inhaltliche Aussagen zu übermitteln, mit denen sich die Gesellschaft Eurer Meinung nach verstärkt befassen sollte?
Artur: "I love you oooo - you love me eeee". Da wollen wir doch die Formattauglichkeit der Sender lieber nicht strapazieren. Zum einen wollen wir mit der Musik Geschichten erzählen, zum anderen stammen wir aus einer politisch nicht unkritischen Zeit. Besonders unser Texte-Schreiber Georg Hampel, der wirklich die passenden Worte zu unseren Songs gefunden hat. Er selbst ist ja, wie auch auf seinem aktuellen eigenen Album "sekänd händ blues" ( Schorsch & de Bagasch) zu hören ist, ein Mann der gut aber oft kritisch gewählten Worte.
RockTimes: Wer ist bei Euch für die Kompositionen hauptverantwortlich? Wie läuft das bei Central Park ab?
Artur: Jochen legt meist die Ideen auf den Tisch und Heiko entwickelt spontan die passenden Vocal-lines dazu. Dieses Gerüst ist die Basis für den Entwicklungsprozess des Songs durch die ganze Band. Wie es halt dann so geht: Jeder bietet irgendwas an, die Motzerei der Anderen lässt nicht lange auf sich warten, betretenes Schweigen des Betroffenen, kurzes Nachdenken, weitere Angebote folgen. Und irgendwann passt das erstmal so, dass ein Tape zur Kontrolle des Gesamtbildes mitläuft. Wieder betretenes Schweigen, diesmal von allen, dann ein knappes »das geht gar nicht«... Abbruch der Probe, jeder hat aufgrund des Mitschnitts Gelegenheit, zu Hause zu 'meditieren'. Bei der nächsten Probe werden die neuen Dinge ausprobiert, ein paar kleine Kurskorrekturen, dann steht die Kiste. Erneutes Aufnehmen und Absegnen. Die folgenden Proben dienen nur noch der Feinarbeit und dem Verinnerlichen des Erarbeiteten. Unterm Strich: Einer hat die Idee, die dann gemeinsam umgesetzt wird. Die Band ist also für die Arrangements immer gesamtverantwortlich.
RockTimes: Ich denke, in all den Jahren, in denen Central Park nicht mehr gespielt haben, hat sich auch die deutsche Prog-Szene verändert. Wie siehst Du das im Moment? Denkst Du, dass auch die Münchener Szene spürbare Veränderungen erfahren hat?
Artur: Ehrliche Antwort? Keine Ahnung...
RockTimes: Ihr habt Euer Album mit dem hausinternen Label "Transformer Records" auf den Markt gebracht. Das hat zur Folge, dass Ihr natürlich ganz für Euch selbst entscheiden könnt, was Ihr wollt. Strebt Ihr noch mal einen Wechsel des Labels an oder soll alles so bleiben, wie es ist?
Artur: Das wird sich zeigen. Die Entscheidung, zunächst selbst zu veröffentlichen und mit Point Music den passenden Vertriebspartner hinzu zu nehmen, war bisher absolut richtig. Die Wege sind die denkbar kürzesten, keine Reibungs- und Zeitverluste bei wichtigen Entscheidungen. PR und Marketing wird selbst entschieden und umgesetzt. Besonders meine persönliche Situation als Drummer der Band, Labelchef und Promoter verleiht der Sache extrem hohe Glaubwürdigkeit bei den Medien. Man hat Respekt vor dem, was wir hier alleine stemmen. Auch von Leuten, die nicht wirklich progGig gepolt sind, aber offen und ehrlich mithelfen wollen, über ihre medialen Möglichkeiten die Menschen auf uns aufmerksam zu machen. Alles Weitere wird sich zeigen, wir sind durch unsere 100%ige UnabhänGigkeit entspannt und flexibel. Jedenfalls ist das bisherige Medienecho, besonders aus der Presse, enorm: 3 Sterne im Rolling Stone hast du als deutsche Prog-Band nicht jeden Tag.
RockTimes: Wie stellt Ihr Euch die derzeitige Arbeit mit Central Park vor? Wollt Ihr auf Tour gehen oder spielt Ihr lieber einzelne Events? Wird man Euch auch außerhalb Bayerns sehen und hören können?
Artur: Die nächsten Tage gibt es die ersten Gespräche mit Bookern, die uns gestern live erlebt haben. Generell werden wir uns aber auf einzelne, gut ausgesuchte Konzerte im gesamten Bundesgebiet konzentrieren. Willst Du was gelten, mach Dich selten...
RockTimes: Auf "Unexpected" wurde weitestgehend das Material verarbeitet, was in den vielen Jahren nach und nach entstanden ist und somit vorhanden war. Können wir mit einem Nachfolger von "Unexpected" rechnen und falls ja, wann? Wie sind da Eure zeitlichen Vorstellungen?
Artur: Der Restart ist geglückt. Wir werden nun sehr bald mit der Kreation neuer Songs beginnen. Mal sehen, wohin die musikalische Reise führt. Sollte das Reunion-Konzept beschleunigt dazu führen, dass wir "unexpected" wenigstens Unkosten deckend verkaufen, könnte ein neues Album in etwa einem Jahr spruchreif werden.
RockTimes: Ich denke, dass Central Park auch ganz besonders für dich eine persönliche Herzenssache ist. Wie sind Deine Gefühle jetzt, wo das Album endlich fertig und für alle Fans zu haben ist?
Artur: Auf bayrisch: A sauguads Gfui!
RockTimes: Du hast in der Vergangenheit bei verschiedenen Projekten mitgespielt? Wird in Zukunft Central Park die einzige Band sein, bei der man Artur Silber hören und sehen kann?
Artur: Bis auf ein paar Aushilf-Jobs bei befreundeten Cover-Bands denke ich schon.
RockTimes: Was möchtest Du mit Central Park noch erreichen? Was sind Deine persönlichen, musikalischen Ziele?
Artur: Mit der Band möchte ich einfach Spaß haben und den Menschen mittels Live-Gigs und dem Album Freude bereiten. Mein Ziel ist unverändert: wenn ich schon nicht reich und berühmt werde, dann wenigstens mithelfen, dass sich der musikalische Geschmack eines Volkes nicht über die Top 100 Single-Charts definiert.
RockTimes: Lieber Artur, herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch. Wir bleiben am Ball und sind gespannt, wie es mit Central Park weiter geht.
Interview mit Artur Silber / Prog Reunion gelungen
Ralf 'Jogi' Ruhenstroth, 11.08.2006, Fotos: © Maria Ortner (Bilder 2, 3, 7)
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