Cheap Trick / Original Album Classics
Original Album Classics Spielzeiten:
At Budokan (42:33)
Dream Police (64:54)
One On One (34:36)
Lap Of Luxury (42:23)
Busted (46:51)
Medium: CD-Box
Label: Sony Music, 2012 (Epic 1978 - 1990)
Stil: Rock


Review vom 04.03.2012


Jochen v. Arnim
Im Grunde war es abzusehen und lediglich nur eine Frage der Zeit, bis man im Hause Sony eine weitere Box des erfolgreichen Quartetts Cheap Trick auf den Markt werfen würden. Bereits 2008 war in der Serie der Original Album Classics ein Fünfer der Amerikaner erschienen und man hatte seinerzeit (bewusst?) ein ganz spezielles Pärchen der erfolgreichsten Scheiben ausgelassen. Für viele Menschen wurden und werden die Rocker aus Illinois stets auch an "Dream Police" und an einer der besten Live-Scheiben, die es jemals gegeben hat, gemessen. Die Rede ist natürlich von "At Budokan", ein Album, das anlässlich ihrer ersten unabhängigen Tournee im Land der aufgehenden Sonne mitgeschnitten wurde und das zudem für den Connoisseur vor einigen Jahren mit umfangreichem Jubiläumsmaterial geehrt wurde. Ausgelassen hat man in dieser nun vorliegenden Vol. 2-Box, die die Jahre 1978 - 1990 abdeckt, bis auf "One On One" auch alle Alben, die sich unter Mitwirkung des Bassisten Jon Brant (für den zeitweilig ausgestiegenen Tom Petersson) als eher maue Scheiben herausstellten.
At Budokans1978, dem Erscheinungsjahr "At Budokans", aber war der Hype in Japan noch weitaus größer als im Heimatland und eines der sich mir speziell auf immer und ewig eingebrannten Merkmale dieser Veröffentlichung ist die schier manische Masse der Besucher im Budokan, die gefühlt jede Zeile mitsingen und selbst auf die Ankündigung des gerade erschienenen Songs "Surrender" komplett ausflippen. »This next one is the first song on our new album. It just came out this week and the song is called Surrender« ist wohl eine der berühmtesten Ansagen der der letzten 100 Jahre und bezieht sich auf das 1978-er Album "Heaven Tonight" - unbestritten eine der besten Veröffentlichungen der Band jemals. Die große Multifunktionshalle in Tokio, der Nippon Budōkan, hat neben den namensgebenden Kampfsportwettkämpfen auch schon viele grandiose Konzerte erlebt. Und so waren über die Jahre außer unseren Helden hier, schon die Beatles als erstes, Deep Purple für ihr Made In Japan, Uriah Heep oder auch Bob Dylan auf die Bühne geklettert. Und auch Letztgenannter hat ein gleichlautendes Album seines damaligen Konzerts veröffentlicht - keine Frage, dass die Stimmung nicht ganz so ekstatisch gewesen ist. Das in der Box als originale Version enthaltene Album gibt zwar lediglich Ausschnitte des kompletten Sets wider, aber es mag im Traum nicht einfallen, die Zusammenstellung als unvollständig oder/und nicht gekonnt darzustellen. Bis auf die Trick'sche Version des alten Fats Domino-Klassikers "Ain't That A Shame" und einige wenige andere Stücke wird der geneigte Hörer durch eine Setlist geführt, die sich hauptsächlich aus den Rennern der 1977 erschienenen "In Color (And In Black And White)" rekrutiert und der Horde kreischender Teenies wahrlich zu gefallen scheint. Meilenstein!
Dream PoliceMit "Dream Police" kam die Band 1979 auf den Markt. Ein Markt, der von Cheap Trick nach dem kurz zuvor auch endlich in Amerika erlangten Erfolg nun mehr wollte. Mehr Material, mehr von diesen eingängigen Songs, die sich in ihrer Einfachheit auf immer ins Hirn brennen. Das Album ist über die Jahre hinweg in verschiedenen Versionen aufgelegt, neu aufgelegt und wieder aufgelegt worden. Wir haben es hier mit einer der besseren Varianten zu tun. Remastert und mit Bonus Tracks versehen ist es sein Geld auch als Einzelalbum wert und absolut kaufwürdig. Neben den regulären, d. h. ursprünglich darauf enthaltenen Tracks, wurden später vier zusätzliche Songs ausgewählt. Von "The House Is Rockin'…" (mit "Goodnight Now"-Medley), "Way Of The World" und "I Know What I Want" gibt es jeweils eine Live-Version sowie eine interessante Fassung des Titeltracks "Dream Police" (no strings version). Diese Live-Tracks verhelfen dem Album noch zu einem kleinen weiteren Kick, als Zeugnis dafür, dass die Band eine seinerzeit unglaubliche Bühnenphase hatte, quasi ein Live-Rausch für Musiker und Publikum. Wem sich, so wie mir, die Band in ihrer Hochzeit Ende der Siebziger erschlossen hat, der wird sie wohl auch zeitlebens genau daran messen. Unlängst hatte ich das ausgesprochene Vergnügen, sie mal wieder live erleben zu dürfen und konnte feststellen, dass sie nichts von ihrer Faszination verloren haben. Den Grundstein dafür haben sie unter anderem mit den Songs der "Dream Police" gelegt. Ansonsten variieren die Tracks von der Qualität im oberen, damals typischen Cheap Trick-Bereich. Das großartige "Need Your Love", das ebenfalls auf der "At Budokan" enthalten ist, gibt zudem einen Hinweis darauf, dass Cheap Trick das Material für "Dream Police" bereits vor ihrer Japan-Reise ein Jahr zuvor fertig hatten.
One On OneNachdem Tom Petersson die Band 1980 verlassen hatte, um sich auf Solopfade (u. a. auch mit seiner Frau) zu begeben, wurde Jon Brant für einige Jahre an den Bass verpflichtet, bevor sich Petersson eines Besseren besann und 1987 zurückkehrte. Aus dieser Phase stammen zudem vier Alben, die allesamt nicht unbedingt zu den Meisterwerken der Truppe zählen - bis auf "One On One". Manche behaupten, es läge am nicht vorhandenen Original-Bassisten, der auf seine so typische Art, die zwölf (!) Saiten des Tieftöners zu bedienen, einfach zum Sound der Band gehört. Wie dem auch sei, unbestritten ist jedoch auch die Tatsache, dass viele der auf diesen Alben enthaltenen Songs in Summe einfach zu flach sind. Nicht jedoch diese hier, die sich trotz eines neuen Bassisten mit anderer Spielweise und seiner ebenfalls anderen Stimme, noch recht gut in die erfolgreichen Alben der Jahre davor einreihen. Das Album wirkt insgesamt etwas härter, Cheap Trick auf Metal-Abwegen. Der Opener "I Want You" erinnert im Arrangement ein wenig an das bereits weiter oben angesprochene "Surrender" und hat auch mit dem darauffolgenden Titeltrack durchaus für den bisherigen Output der Band harte Züge. Dagegen ist "If You Want My Love" ein eher langsamer Song, der oft auch als das beste Beatles-Tribute jemals angesehen wurde. Neben der angesprochenen Härte weist das Album starke Züge des Kommerzes der frühen achtziger Jahre auf, was man der Band in Folge dann auch gern mal vorwarf. Unter dem Strich bleibt eine höchst erfolgreiche Veröffentlichung, die mit Recht Platinstatus erlangt hat.
Lap Of LuxuryAuftritt Tom Petersson, die Zweite: Die Entscheidung Peterssons, zur Band zurückzukehren, verbannte Brant zwar auf das Abstellgleis, jedoch hat er auch in den Jahren danach immer wieder mal eine 'Urlaubsvertretung' für das Gründungsmitglied absolvieren dürfen, es scheint also keine Trennung im Streit gewesen zu sein. Für die Entscheidung, die dazwischen liegenden Alben der achtziger Jahre aus der vorliegenden Box wegzulassen, sind bereits Gründe geliefert worden. Das nach Rückkehr zum Fast-Ur-Lineup entstandene "Lap Of Luxury" kam 1988 auf den Markt und stellte nun wieder einen Wendepunkt in der Karriere der Band dar. Die mageren Jahre schienen vorbei und das Album erwies sich als eines der erfolgreichsten, wenn auch m. E. nicht besten der Truppe. Ebenfalls mit Platin veredelt und einen Haufen Geld einspielend, wird es von der Band allerdings als das am wenigsten eigenständige Werk aus ihrem Schaffen angesehen. Die Manager des Labels Epic hatten nach den Pleiten der vorausgegangenen Alben nun externe Schreiberlinge angeheuert. So war neben einigen Anderen auch Gregg Giuffria, Tastenmann bei Angel und Gründer der House Of Lords mit am Werk, um kompatibleres Material zu kreieren. Und kompatibel mit der ausgehenden Dekade der Achtziger waren die Songs wirklich, allen voran der damalige Hit "The Flame", der bis auf Platz 1 der Single-Charts klettern konnte. Insgesamt wirkt der alte Klang der Band verloren, nur selten lugen einmal die klassischen Elemente durch diesen Pop Rock, so bei "Never Had A Lot To Lose", das auch von Robin Zander und Tom Petersson geschrieben worden ist. Auch die adaptierte Version des alten Elvis-Klassikers "Don't Be Cruel" passt durchaus in das Bandschema, wäre aber eher ein typischer Live-Song. Ansonsten sollte dieser angepasste Mainstream-Sound Cheap Trick für viele Jahre in ihren Kompositionen behindert haben, so Rick Nielson in einem Interview.
BustedVom 1990 erschienenen Album "Busted" hat es über die Jahre ebenfalls verschiedene Versionen gegeben, teilweise mit einer Vielzahl Bonus Tracks, teilweise als erweiterte Japan-Fassung. Vorliegend ist die originale Ausgabe mit elf Songs, die in den Staaten zwar auch Goldstatus erreichte, jedoch immer noch nicht an die Erfolge der siebziger und frühen achtziger Jahre anknüpfen konnte. Auch noch weit in die Neunziger hinein hielt die Unfähigkeit an, gute oder erfolgreiche Alben zu produzieren. Labelwechsel waren die Konsequenz, bis man schließlich selbst ohne Label zur Tat schritt. "Busted" jedoch war noch die logische Fortsetzung des vorausgegangenen Werks "Lap Of Luxury", an dessen Erfolg man jedoch nicht mehr anknüpfen konnte. Wie auch schon zwei Jahre zuvor, blieben die m. E. guten Hooklines aus, das Werk in seiner Gesamtheit und die Songs im Einzelnen sind längst nicht mehr so eingängig, der Sound des alten Rock irgendwie verloren. Ein kleines und kurzzeitiges Aufflackern der alten 'Werte' erfährt man z. B. bei "I Can't Understand", ansonsten blieb das Album weit hinter den Erwartungen zurück, gehört für mich im Grunde sogar zu einem der schlechtesten der Band. Da reißt auch eine Chrissie Hynde von den Pretenders, die Guest Vocals auf "Walk Away" darbieten durfte, das Ruder nicht herum. Das Album geht m. E. unter im großen Sumpf der Konzept- und Erfolglosigkeit vieler Bands zu Beginn der neuen Dekade.
Insgesamt ist diese zweite Ausgabe der Trick'schen "Original Album Classics" eine lohnende Investition, besonders vor dem Hintergrund des wahrlich überschaubaren Preises für fünf ausgewachsene Alben. Der Untertitel "1978 - 1990" ist natürlich etwas irreführend, da aus den Achtzigern mehrere Alben fehlen, die allerdings niemand vermissen würde. Mit "At Budokan" und "Dream Police" sind zwei richtig gute Scheiben dabei, "One On One" und "Lap Of Luxury" ebenfalls erfolgreich und "Busted", nun ja, damit hat sich die Band seinerzeit selbst gebustet. In eine Anthologie gehören auch schlechte Werke und somit kann man es als stellvertretend für eben jene Phase der Gruppe ansehen. Bleiben unterm Strich vier klasse Silberlinge, die besonders für Einsteiger jeden Cent wert sind. Zudem lege ich jedem Leser ans Herz, diese Band einmal bei einem ihrer eher seltenen Gastspiele zu besuchen. Ist auch Drummer Bun E. Carlos häufiger aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dabei, so haben die Live Acts wenig von ihrem früheren Nimbus verloren.
aktuelles Line-up:
Robin Zander (vocals, rhythm guitar)
Rick Nielson (lead guitar, vocals)
Tom Petersson (bass, vocals)
Bun E. Carlos (drums)
Tracklist
At Budokan (1978):
01:Hello There
02:Come On, Come On
03:Lookout
04:Big Eyes
05:Need Your Love
06:Ain't That A Shame
07:I Want You To Want Me
08:Surrender
09:Goodnight Now
10:Clock Strikes Ten
Dream Police (1979):
01:Dream Police
02:Way Of The World
03:The House Is Rockin' (With Domestic Problems)
04:Gonna Raise Hell
05:I'll Be With You Tonight
06:Voices
07:Writing On The Wall
08:I Know What I Want
09:Need Your Love
10:The House Is Rockin' (With Domestic Problems) (Live)
11:Way Of The World (Album Version)
12:Dream Police (No Strings Version)
13:I Know What I Want (Live)
One On One (1982):
01:I Want You
02:One On One
03:If You Want My Love
04:Oo La La La
05:Lookin' Out For Number One
06:She's Tight
07:Time Is Runnin'
08:Saturday At Midnight
09:Love's Got A Hold On Me
10:I Want Be Man
11:Four Letter Word
Lap Of Luxury (1988):
01:Let Go
02:No Mercy
03:The Flame
04:Space
05:Never Had A Lot To Lose
06:Don't Be Cruel
07:Wrong Side Of Love
08:All We Need Is A Dream
09:Ghost Town
10:All Wound Up
Busted (1990):
01:Back 'N Blue
02:I Can't Understand It
03:Wherever Would I Be
04:If You Need Me
05:Can't Stop Falling Into Love
06:Busted
07:Walk Away (feat. Chrissie Hynde)
08:You Drive, I'll Steer
09:When You Need Someone
10:Had To Make You Mine
11:Rock'N'Roll Tonight
 
Externe Links: