Chris Caffery / W.A.R.P.E.D.
W.A.R.P.E.D.
Es war irgendwann Ende der Neunziger, als ich mich wieder einmal meiner fast wöchentlichen Lieblingsbeschäftigung widmete und vom 'Drogen-Müller' im CD-Regal stöberte. Dabei fiel mein Blick auf ein Cover, welches mich auf Anhieb faszinierte - ein brennendes Segelschiff im Meer und auf dem Cover stand: Savatage "The Wake Of Magellan". Irgendwie sagte mir eine innere Stimme: "nimm das Teil mit, du wirst es nicht bereuen". Nun, bereut habe ich es bis heute nicht, denn ich hatte ein Monumentalrockopus von feinsten erstanden. Später erfuhr ich, dass nicht nur ich von dem Silberling begeistert war, denn dieser stieg damals von null auf Platz elf in den deutschen Charts ein.
Nun, und wer ein Faible für Gitarrensound hat, so wie ich, dem musste doch sofort die geniale Gitarrenarbeit auffallen: dominante harte, teils sägende Riff-Kanten, fulminante Licks, der Mann beherrscht sein Handwerk: es ist niemand Geringeres als Chris Caffery!
Wir schreiben das Jahr 2005 und vor mir liegt mit "W.A.R.P.E.D." das nun mittlerweile zweite Solo-Album Chris Cafferys. Ein Teil der Songs war bereits auf dem Bonus-Silberling "God Damn War" enthalten. "W.A.R.P.E.D." wurde um fünf Stücke sowie einem Intro erweitert und wird nun als Konzeptalbum veröffentlicht.
Musikalische Unterstützung bekommt Chris von Dave Z (Bass), Jeff Plate (Drumm, Percussion) und Paul Morris (Piano, Keyboards).
Jon Oliva (Savatage, Jon Oliva's Pain, Doctor Butcher) steuert bei "Iraq Attack" die Vocals bei und Brian Gregory (Doctor Butcher) zupft den Bass. Produziert hat Chris Caffery das Album selbst.
Brachial, laut, düster und wütend wirken die Songs - aber auch aufrüttelnd und erzeugen so eine weniger schöne Art von Gänsehaut.
Wenn man aber auf die Lyrics hört bzw. sich mal das Booklet zu Gemüte führt, dann weiß man, dass Chris mit seinen Texten die sinnlosen Kriege anprangert und sich lautstark für den weltweiten Frieden einsetzt :
War - Some hate it and they say it's good for nothing
Some love it, and they cry the only way
Just sit, watch and rate the
The War - some hate it and they say it's good for nothing
Some love it, and they cry the only way
The peace is delayed…
Doublebass-Drumms und prägnante Riffgewitter donnern aus den Boxen, so dass man das Gefühl hat, man befindet sich wahrhaftig auf einem Schlachtfeld, die Bohnen fliegen um die Ohren und man sucht unweigerlich nach Deckung.
Gitarrensoli, die der Gitarrist mit Sicherheit nur so aus dem Handgelenk schütteln könnte, wurden songdienlich und sehr sparsam eingesetzt. Man hat niemals das Gefühl, hier will sich jemand einfach mal nach Herzenslust an der Axt austoben.
Die Tracks leben durch Cafferys stellenweise sehr emotionalen Gesang, von den tollen Background-Chören, einer grundsoliden, teils brachialen Rhythmusarbeit des Gespanns Plate/Dave Z sowie starken Riffs.
Anspieltipps:
"Election Day" zum Beispiel wird in Marschmanier dargeboten. Im Hintergrund bellt ein Chor: 'Vote - Vote - Vote', Caffery brüllt wütend, ja fast zornig ins Mikro - dazu passt der gewehrsalvenartige Sound hervorragend. Ganze 2:30 Minuten metzgert man sich mit höllischem Groove durch dieses Stück.
"Erase" ist eine Uptemonummer, die in ihrer Grundstimmung schon allein durch den teils fordernden, teils flehenden Gesang sehr eindringlich wirkt und unter die Haut geht.
Mit sägenden Gitarren beginnt "Fool Fool", wobei dieser trotz seiner verschachtelten Rhythmik zu der Sparte "ins Ohr gehend" gehört. Jeff Plate knüppelt sich stellenweise die Seele aus dem Leib. Immer wieder dominieren satte Riffs, die für ein bretthartes Soundgewand verantwortlich sind.
Höhepunkt ist für mich "Iraq Attack", bei welchem John Oliva den Gesang übernimmt. Oh ja, er hat es einfach drauf - als er mit teuflischem Lachen 'zum Angriff bläst'. Die Bassparts übernahm hier Brian Gregory, der gemeinsam mit Plate die Grundlage für Cafferys kraftvolle Brachialattacken legt.
Auch "Piece Be With You" weiß mit seinen fett und druckvoll gespielten Arrangements zu überzeugen.
Alles in allem ist es keine Platte für zarte Gemüter die übrigens mit einer Gesamtspielzeit von über 72 Minuten ausgestattet ist.
Man muss sich der Musik schon öffnen, um die Songs wirken lassen zu können und - man sollte zuhören!
Sehr mutig finde ich, das Chris Caffery sich diesem Thema gewidmet hat. Er wird damit die Welt nicht verändern können, aber er kann vielleicht zum Nachdenken anregen.
Zitat Chris: "Ich glaube, ein General sagte einst mitten in einer Schlacht zu seinen ermüdeten Truppen 'Krieg ist die Hölle'..."
und weiter:"...für viele Menschen liegt das Schlachtfeld doch schon in ihren Hinterhöfen. Willkommen daheim!"
Nun - ich denke - damit erübrigen sich weitere Worte.
Nur noch so viel: 8 RockTimes-Uhren für die Platte - aber 10 für sein Engagement!


Spielzeit: 72:35, Medium: CD, Black Lotus, 2005
1:Home Is Where The Hell Is 2:God Damn War 3:Election Day 4:Erase 5:Fool Fool! 6:Edge Of Darkness 7:Saddamize 8:'I' 9:Iraq Attack 10:W.A.R.P.E.D. 11:State Of The Head 12:Amazing Grace 13:Piece Be With You 14:Beat Me, You'll Never Beat Me 15:Curtains
Ilka Czernohorsky, 15.06.2005