Christopher Cross / The Café Carlyle Sessions
The Café Carlyle Sessions Spielzeit: 68:15
Medium: CD
Label: edel records, 2008
Stil: Pop, Jazz

Review vom 04.11.2008


Grit-Marina Müller
Anno 1992 muss es gewesen sein, als die CD bereits ihren vermeintlichen Siegeszug auf dem neuzeitlich standardisierten Tonträgermarkt angetreten hatte und ich mir in einer Art reaktionär-oppositionellen Phase ein kleines, doch recht stattliches Arsenal an Original-Alben auf echten Musik-Kassetten zulegte.
Den Jüngeren unter uns sei vorsichtshalber erklärt: Industriell vorgefertigte, bespielte Tonbänder galten als unverzichtbares Requisit der - wohl nicht nur musikseitig - klinisch reinen, blank polierten Achtziger-Jahre-Walkman-Ära.
Eines meiner Lieblinge dieser alten Tage ist "Into The Great Wide Open", schon aus dem Jahre '91, mit Tom Pettys unwiderstehlich Charme sprühender und fanfreundlicher Ansage nach dem letzten Song der hörerhilfreich bezeichneten 'A-Seite' auf dem Plastik-Album im Taschenformat: »Attention cassette-listeners, you have now completed side one. In order to hear side two please fast forward to the end of the reel before turning the tape over! Thank you!«
Selige Zeiten...
...in denen ich eigentlich begann, mir einen ernsthaft rockorientierten Musikgeschmack zuzulegen. Als unbedarfte Chartsmitläuferin früher auf dem Pop-Highway der Mid-Eighties unterwegs, war es aber vorgesehen, dass zunächst noch Christopher Cross meinen neu navigierten Rock-Roadtrip kreuzen sollte.
Jener kanadische Überflieger, dessen Initialen rein spekulativ Rückschlüsse auf die wahre Identität des traditionell intonierten Unbekannten C.C. Rider zuließen, als er 1980 mit seinem Verständnis von Geschwindigkeitsrausch unter dem Titel "Ride Like The Wind" an die Spitze der US-Charts stürmte. - Ein Hit, der im Ergebnis noch einige Jahre andauernder gesellschaftspolitischer Zeitverschiebungen schlussendlich auch den Windkanal meiner Gehörgänge unzählige Male durchfegte, in Form einer 'MC'-Aufnahme, abgespielt von meinem ersten Sanyo-Kassettenrecorder.
Vertreten ist dieser furiose Wirbelwind von einem Chartbreaker auch auf der neu erschienenen, hier vorliegenden Compilation, zusammen mit anderen guten, alten Bekannten: "Never Be The Same", "Arthur's Theme", "All Right" und "Sailing" (nicht zu verwechseln mit Rod Stewarts bekannter, schmachtend krächzender Seemanns-Nummer). Weit entfernt sind wir hier dennoch von einer klassischen Best-Of-Kollektion, verziert mit einigen anfütternden, brandneuen Bonus-Tracks.
"The Café Carlyle Sessions" generieren vielmehr Pop-Klassiker der unwiederbringlichen Stonewashed-Jeans/Turnschuh-Romantik in frei interpretierten, en détail kunstfertigen Adaptionen und ebenso stilvolle, aktuelle Kreationen in trendfernem 2008er-Gewand.
Das "Carlyle" konveniert als elegantes Tages-Café, angesagte Mitternachts-Bar-Lounge und gepflegter Jazzclub gleichermaßen. Christopher Cross weiß fachlich, nach routinierten 30 Jahren Berufserfahrung, mit seinen eigenwilligen, ambientehaften, Pop/Jazz-Arrangements von luftig-leichter Konsistenz uneingeschränkt zu überzeugen. Cross' markant hohe, manchmal an Aaron Neville erinnernde Stimme durchwirkt in nahezu zwingender Sanftheit seine unglaublich entspannten, harmonie-durchströmten Songgebilde.
Die Klaviatur des Kreises tanzt der Pianist vom Schlage eines gleichwertigen, geschätzten Kollegen namens Joe Jackson auf den schwerelos swingenden Tasten seiner rundum schmeichelnden, vollendet wohlklingenden Kompositionen. Das viele seiner Stücke von fast anziehend diplomatischer Präsenz begleitende Tenor-Saxofon verschafft sich, dezent und mit jazziger Bluenote-Rafinesse gleichsam in Szene gesetzt, wirkungsvollste Geltung und vervollkommnet die glitzernde Attraktion des Christopher Cross.
Ein zweifelsohne unvergängliches Pop-Kunstwerk 'wiederholt' der Schöpfer in Serie mit seinem 9. Album. Auf den ersten Blick, scheint es. Doch so wie man Spitzenweine reifen lässt, reifen auch die euphonisch deliziösen Reben dieses passionierten Winzers unter den Musikern. - Hervorragende Jahrgänge, von einem außerhalb der heutigen Standards rangierenden Sound-Dekorateur in die Klangfarben dieses Herbstes getaucht und exemplarisch verewigt in einer der denkbar verträumtesten aller Lebensweisheiten: »If you get caught between the moon and New York City, the best that you can do is fall in love...«
Tracklist
01:Never Be The Same
02:Deputy Dan
03:Swept Away
04:Walking In Avalon
05:Arthur
06:In The Blink Of An Eye
07:Think Of Laura
08:All Right
09:Back Of My Mind
10:Sailing
11:Open Up My Window
12:Drifting Away
13:Words Of Wisdom
14:Ride Like The Wind
15:Talking In My Sleep
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