'Chthonic' ist griechisch und bedeutet: der Erde/Unterwelt zugehörend, wird teilweise wird auch als Begriff für Hades, den Herrscher der Unterwelt, gebraucht, der daher den Beinamen Zeus Chthonios trägt.
Nach diesem hat sich 1995 eine taiwanesische Extreme Metal-Band benannt. Ja, richtig gelesen. Taiwan. Das hat man nicht alle Tage.
1995 existierte dort keine nennenswerte Metal-Szene. Daher orientierte sich Bandgründer Freddy Lim an europäischen Black Metal Bands, zumindest musikalisch, z. B. Dimmu Borgir oder Cradle Of Filth werden als Einfluss genannt.
Textlich beschäftigen sich Chthonic mit der Kultur und Helden Taiwans, berichten beispielsweise über die Reise der Han (Han-Chinesen) über die Taiwan-Straße und von Konflikten zwischen Han und den Ureinwohnern Taiwans. Oder neuere Geschichte: Der Kampf des taiwanesischen Volksstammes Seediq gegen die japanische Kolonisierung.
Hochinteressante Thematik, die jedoch für ein Review zu umfangreich ist, deswegen hier lieber ein Blick auf die zahlreichen Veröffentlichungen, denn fleißig waren sie auch, die vier Herren und eine Dame. Es gibt jede Menge, darunter auch etliche Singles und Compilations, daher will ich hier nur die regulären CDs aufführen: "Where The Ancestors' Souls Gathered"(1999), "9th Empyrean" (2000), "Relentless Recurrence" (2002), "Seediq Bale" (2005), "Mirror Of Retribution" (2009), "Takasago Army" (2011).
Die neue Scheibe "Bú-Tik" von 2013 wurde im gleichen Studio in Schweden (wow, so weit sind sie extra gereist…) wie bereits der Vorgänger aufgenommen. Inhaltlich wird ebenfalls weitergeführt, was zuvor begonnen wurde: Es geht um die Geschichte vom '228 Massaker' (Zwischenfall vom 28. Februar), dem Bú-Tik Palast und dem 'Spiegel der Vergeltung' (Mirror of Retribution). Bassistin Doris Yeh meint dazu: »We're proud to present "Bú-Tik" to the world; it talks about self-defence, righteous violence and the armed spirits«.
Das Ganze ist verpackt in »symphonic 'oriental metal'« - so nennt es der Infozettel. In diesem Fall ist darunter zu verstehen, dass Einflüsse aus östlicher Musik mit eingebaut wurden - macht im Zusammenhang mit dem Konzept und dem Wunsch, taiwanesische Mythen bekannter zu machen, wirklich viel Sinn.
Besonders das Intro "Arising Armament" wirkt so, als stamme es aus einem opulenten asiatischen Schlachtenfilm. Doch die Krieger von Chthonic kämpfen nicht mit Samurai-Schwertern bzw. vergleichbaren Waffen, sondern mit metallischen Äxten, die sich Bass und Gitarre nennen, dazu natürlich Schlagzeug, ergänzt durch Synthesizer und z. B. Erhu (ein chinesisches Streichinstrument).
Es wird vorwiegend schwarzmetallisch geschraddelt, meistens recht flott, darin unterscheiden sie sich wenig von westlichen Kollegen, allerdings relativ melodisch, auch durch den Einsatz der Tasteninstrumente. Die Gitarre darf zwischendurch mal das eine oder andere nette Solo bringen. Dazu gibt es eine Stimme, die sich zwischen Keifen/Krächzen/Growls bewegt, was die Musik dann irgendwo zwischen Melo Death und Symphonic Black Metal einordnen würde, wenn sie nicht noch eine andere Seite hätte.
Nämlich die Einflüsse aus asiatischer Folkore, die Chthonic dann einen Tupfer Eigenständigkeit und Exotik verpassen, die die Band von europäischen Kollegen abhebt und zu den bereits erwähnten Inhalten passen.
Genau diese Momente machen "Bú-Tik" zu etwas Besonderen, die andere - typisch metallische Seite - braucht sich aber auch nicht hinter bekannten (westlichen) Namen verstecken. Da es jedoch davon schon zur Genüge gibt, fände ich es noch besser, wenn Chthonic ihre Ungewöhnlichkeit stärker ausbauen würden. Gerade, weil sie sich so viel Mühe mit ihren Konzepten machen, die man übrigens auf der Bandhomepage nachlesen kann/erklärt bekommt.
Mal wieder erweist sich Global Metal als Bereicherung und Ergänzung für die Szene.
Wer das Labelprogramm von Spinefarm (dort sind sie passenderweise), beispielsweise Children Of Bodom oder auch Truppen wie Dimmu Borgir schätzt, sich vorstellen kann, das Ganze garniert mit östlichen Köstlichkeiten zu mögen, findet in "Bú-Tik" eine exotische Ergänzung der (musikalischen) Speisekarte.
Line-up:
Freddy Lim (vocal, hena violin, erhu)
Jesse Liu (guitar)
Doris Yeh (bass, background vocal)
CJ Kao (synthesizer, piano)
Dani Wang (drums)
Tracklist |
01:Arising Armament [Intro] (2:27)
02:Supreme Pain For The Tyrant (4:45)
03:Sail Into The Sunset's Fire (4:00)
04:Next Republic (4:12)
05:Rage Of My Sword (4:38)
06:Between Silence And Death (4:39)
07:Resurrection Pyre (5:00)
08:Set Fire To The Island (3:47)
09:Defenders Of Bu-Tik Palace (5:23)
10:Undying Rearmament [Outro] (1:49) |
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