Civil Twilight / Holy Weather
Holy Weather Spielzeit: 43:42
Medium: CD
Label: Windup Records, 2012
Stil: Independent, Alternative Rock

Review vom 16.04.2013


Günther Klößinger
Was mag nur 'ziviles Zwielicht' sein? Wieder mal ein Bandname, über den man entweder den Kopf schütteln oder stundenlang philosophieren könnte. In jedem Falle ist "Holy Weather" beileibe kein zwielichtiges Produkt aus den Mühlen des Rockbusiness. Vielmehr hat man es hier mit klaren Ansagen zu tun: kompakte, knackige Songs, die ein authentisches Lebensgefühl zu vermitteln wissen.
Eine Eigenschaft, die in der Glitzerwelt des Pop selten geworden ist. Allzu oft haben Charterfolge nur noch mit knallhartem Kalkül zu tun und folgen eher Marktanalysen als künstlerischer Ausdruckskraft.
Zum Glück gibt es immer wieder junge Bands wie Civil Twilight, die den harten, altmodischen Weg beschritten und sich ihren Erfolg erarbeitet haben. Obwohl sie 1996 als Schülerband starteten, wurden die smarten Youngsters nicht in einer Castingshow entdeckt. Vielmehr spielten die Teenager sich unbeirrt durch Gemeindehäuser, Schulfeste und kleine Clubs in Kapstadt. Ihre Vorbilder hießen The Police, U2, The Muse und Radiohead - und diese Vorlieben hört man bis heute aus den Songs von Civil Twilight heraus. Dennoch hat die Band einen unverwechselbaren, eigenen Stil kreiert.
Die Rhythm Section peitscht die Songs oft richtiggehend voran, wobei Richard Wouthers eher die Power schlichter Beats einsetzt, als vielschichtiges Trommelgedöns. Sicher - 'Feinsinn' ist was anderes, hätte aber hier nicht sonderlich viel zu bewirken. Auch der Bass wummert ziemlich straight im Einklang mit dem Drum Kit - keine Frage: die Songs sollen tanzbar bleiben - und das tun sie auch.
Dennoch spielt die Gruppe keinen billigen Hau-drauf-Rock - bei genauerem Hinhören tritt der Feinschliff in Kompositionen und Arrangements deutlich hervor. So entfaltet sich die Liebe zu manchem Song quasi erst auf den zweiten Blick, aber dann bleibt die Melodie unablässig im Gehörgang kleben und der Ohrwurm tanzt bis zum Abwinken.
Für die Nuancen in den Stücken sorgt vor allem die Gitarre. Dass Andrew McKellars Idole The Edge und Andy Summers heißen, ist unüberhörbar. Allerdings hat sich der zwielichtige Zivilist im jahrelangen Spiel den stilistischen Freischwimmer ergattert. Die Ähnlichkeiten zum Sound von U 2 oder Police sind nur noch ansatzweise herauszuhören. Solistische Ausflüge gibt es eher selten, aber immer voll und ganz im Sinne des jeweiligen Songs. Mit seinen effektsicher eingesetzten Riffs und Licks bietet Andrew McKellar den idealen Soundtrack für die Stories zwischen Licht und Dunkel, die sein Bruder Steven in einem ganz eigenen Timbre zwischen Leidenschaft und Pathos zum Besten gibt. Je nach Thematik des Stückes schleicht sich durchaus mal verhaltene Aggressivität in die Vocals. Wenn die Brüder dann noch zweistimmig ihre Message verbreiten, erreicht der Gruppenklang oftmals höchste Homogenität.
Nach dem Erfolg des ersten Albums aus dem Jahre 2010, das sich schlicht mit dem Bandnamen betitelt wurde, sowie reger Tourtätigkeit in Südafrika, den USA und zunehmend auch dem Rest der Welt, siedelte die Band nach Amerika um. Ihr derzeitiges Domizil ist Nashville und das Trio wurde durch den Tourneekeyboarder Kevin Dailey verstärkt und spielte nun das vorliegende Album ein. Es erhielt, vor allem in den USA und in Südafrika starkes Airplay und der ein oder andere Song von "Holy Weather" tauchte bereits in den Soundtracks verschiedener TV-Produktionen auf.
Kein Wunder, denn die elf Stücke sind allesamt sehr expressiv und entfalten in ihren besten Momenten gar hypnotische Qualitäten. In den Texten erklärt sich dann immerhin das Twilight aus dem Bandnamen: diese Miniaturen beschreiben Situationen, die weder eindeutig strahlend noch hoffnungslos düster sind. Alles in allem ein Album von hoher Intensität, dessen einprägsame Melodien durchaus unter die Haut gehen können. Trotz der gut herauszuhörenden Vorbilder der Band ist "Holy Weather" beileibe kein Retro-Produkt, sondern klingt wie die logische Fortsetzung des Brit-Pop der seligen Achtziger. Civil Twilight ehren ihre Wurzeln, bleiben aber nicht bei ihnen stehen. Vielmehr entwickeln sie deren Tugenden straight und geradlinig weiter.
Line-up:
Steven McKellar (lead vocals, bass, guitar)
Andrew McKellar (guitar, backing vocals)
Richard Wouters (drums, percussion)

(on Tour: Kevin Dailey (keyboards)
Tracklist
01:River (3:14)
02:Holy Weather (4:56)
03:Fire Escape (3:40)
04:Move/Stay (3:14)
05:Every Walk That I've Ever Taken Has Been in Your Direction (3:50)
06:Highway of Fallen Kings (4:16)
07:It's Over (3:43)
08:Shape Of A Sound (2:54)
09:Sweet Resistance (4:07)
10:Please Don't Find Me (4:14 )
11:Doorway (3:59)
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