Clearlight / Impressionist Symphony
Impressionist Symphony Spielzeit: 65:08
Medium: CD
Label: Gonzo Multimedia, 2014
Stil: Symphonic Prog, Klassik


Review vom 22.04.2014


Steve Braun
Das hier zu besprechende Album ist schlichtweg der Hammer. Klassisch inspirierte Progressive Rock-Freunde können - nein, sollten - hier bedenkenlos zugreifen. Fertig wäre das kürzeste Review, das ich jemals geschrieben habe... und wirklich ALLES wäre damit gesagt worden!
Aber zum Glück ist das Leben nicht nur drei- sondern mindestens vierdimensional und ein Konzeptalbum, das nun wirklich jede irdische Kette sprengt, muss wirklich eingehender besprochen werden, auch wenn mein Sprachschatz angesichts der überwältigenden Klangimpressionen zu versiegen droht....
In der Kategorie 'Progressive Rock' wäre die "Impressionist Symphony" nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung einzuordnen. Die Grenzen zur Klassik werden nicht nur sanft touchiert, sondern weit ausufernd überschritten. Auch einzelne Übergangsbereiche zum Jazz werden nuanciert, wirklich nur dezent angerissen.
Mastermind Cyrille Verdeaux ließ sich für seine "Impressionist Symphony", für die er Clearwater nach elfjähriger Pause reaktivierte, von impressionistischen Komponisten wie Joseph-Maurice Ravel und Claude Debussy inspirieren und widmete sich dabei den bekanntesten impressionistischen Malern Europas wie Vincent van Gogh, Claude Monet, Paule Gauguin oder Raymond de Toulouse-Lautrec-Monfa. Dabei nähert er sich diesen nicht ohne Esprit und Wortwitz, was Titel wie "Time Is Monet", "Van Gogh 3rd Ear" oder "Lautrec Too Loose" beweisen.
Das Projekt Clearlight entwickelte sich ab 1975, als Cyrille 'Clearlight' Verdeaux gemeinsam mit drei Gong-Mitgliedern - der bekannteste darunter sicherlich Steve Hillage - die "Clearwater Symphony" komponierte und einspielte. Ein lockeres Musikerkollektiv um Verdeaux spielte danach noch (m. W.) sechs weitere progressive Kunstwerke ein.
Die prominentesten Mitglieder sind neben Hillage der Flötist/Saxofonist Didier Malherbe und Keyboarder Tim Blake (beide Gong) sowie Schlagzeuger Paul Sears (The Muffins). Daneben ragen solistisch vor allem der Fusion-Violinist Craig Fry, der Synthesizer-Experte Christophe Kovax (Psyquest) und die 'Chapman-Stickerin' Linda Cushma (Oxygene8) aus der hoch ambitionierten Truppe hervor.
Neben den Einflüssen aus der impressionistischen Klassik ließ sich Cyrille Verdeaux für seine "Impressionist Symphony" sicherlich auch von symphonischer Rockmusik inspirieren. Im Gegensatz zum Trans-Siberian Orchestra arbeitete er hier nicht mit einem 'organischen' Orchester, sondern mit einem Kurzweil 2600; allerdings sind die Sounds, die er diesem 'High-End-Gerät' entlockt, täuschend echt und klingen nahezu analog. Dafür tritt Craig Frys akustische Violine, die dieser in der Art eines Allen Sloan oder Jean-Luc Ponty zu spielen versteht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Rampenlicht.
Auch die vielfältigen Arbeiten von Chick Corea haben bei dem Franzosen ihre Spuren ("Renir En Couleur") hinterlassen. Neben dem Kurzweil-Keyboard setzt er hauptsächlich einen grandios klingenden Bosendorfer 290 Imperial-Flügel ein, mit dem er - unterstützt durch Streicher- und Bläserarrangements vom Kurzweil - eine mal träumerische, mal fordernde Basis legt. Für solistische Figuren und Akzente sind dagegen die beiden Synthesizer-Spezialisten Tim Blake und vor allem Christophe Kovax ("Degas De La Marine"!!) zuständig.
Ist Steve Hillage beteiligt, wird es sofort (wie in "Renoir En Couleur" und "Van Gogh 3rd Ear") erheblich rockiger - deutlich näher an der Klassik sind dagegen die Opera "Time Is Monet" und dessen 'Reprise' "Money Time" (eine herrliche Zwiesprache zwischen Piano und Violine) sowie das schwärmerisch-entrückte "Gauguin Dans L'Autre" ausgerichtet. Impressionistischer kann Musik kaum sein!
Für fast schon orientalische Einflüsse sorgen Tim Blakes Ätherwellengeige und Don Falcones Röhrenglocken in "Pissarro King". Als farbenfroh wie das Gemälde einer Landschaft im Midi entpuppt sich "Lautrec Too Loose", das munter zwischen den analogen Sounds von Thomas-Pennys Akustikgitarre und Verdeaux' Flügel einerseits und Remy Trans kosmischen Synthesizerklängen anderseits pendelt und das Innerste des Zuhörers in ganz tiefe Schwingungen versetzt.
Mehr als eine Stunde lang vermag diese "Impressionist Symphony" zunächst zu fesseln und dann gnadenlos in neue musikalische Welten zu entführen. Es ist allerdings wie bei Hypnose: man muss sich drauf einlassen können, ansonsten funktioniert es wohl kaum!!
Wer morgens statt der Dudelei von Radio Salü oder RTL Luxemburg lieber mal Deutschlandradio Kultur oder den SR 2 einschaltet, wird seine helle Freude an Clearlights lange erwartetem, neuen Orchesterwerk haben. Garantiert!!
Line-up:
Cyrille Verdeaux (Kurzweil 2600, Bosendorfer 290 Imperial, synthesizers)
Steve Hillage (electric and gliss guitars, percussion - #1,5,6)
Craig Fry (violin)
Didier Malherbe (doudouk, saxophone, flute)
Paul Sears (drums, percussion)

Linda Cushma (bass, chapman stick)
Tim Blake (theremin, XILS synthesizer - #3,6)
Vincent Thomas-Penny (acoustic and electric guitars - #3,7)
Neil Bettencourt (drums - #3)
Don Falcone (tubular bells - #3)
Christophe Kovax (lead synthesizer - #4,5)
Remy Tran (cosmic synthesizer - #4,7)
Tracklist
01:Renoir En Couleur (8:03)
02:Time Is Monet(9:44)
03:Pissarro King (6:27)
04:Degas De La Marine (7:53)
05:Van Gogh 3rd Ear (6:39)
06:Gaugin Dans L'Autre (11:07)
07:Lautrec Too Loose (5:22)
08:Monet Time [duet] (9:23)
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