Eine CD - zwei Meinungen:
Völlig unvoreingenommen und unabhängig voneinander machten sich unsere beiden Redakteure Olli und Ilka ihr eigenes Bild über das Debüt der Band Cloudscape.
Lest zuerst Ollis Meinung:
Cloudscape ist eine schwedische Metal Band.
In diesem kurzen Satz verbergen sich jede Menge Informationen.
Schweden, das Land von Astrid Lindgren, Abba und Volvo, ist eine der beständigsten Heavy Metal-Schmieden der Welt. Seit Jahren verlassen dort erstklassige Metal-Acts den Hochofen. Die Exporte tragen stolz das Trademark "Made in Sweden" vor sich her. Auf der einen Seite ist das eine Auszeichnung, auf der anderen Seite eine Verpflichtung. Für alle Newcomer liegt die Messlatte ziemlich hoch.
Metal bedeutet doch irgendwo "Schluss mit Lustig" (nicht im humorigen Sinne gemeint). Es muss knallen - mit Power, Aggression und Härte.
Der Begriff "Band" verlangt eine mehr oder weniger stabile Formation. Ist
keine vorhanden, sollte man lieber von Beginn an ehrlich sein und von
einem "Projekt" sprechen.
Wie es aussieht, treffen all diese Punkte auf Cloudscape zu und bestätigen somit den Wahrheitsgehalt der Kernaussage. Die Namen der Gitarristen Björn Eliasson und Patrik Svärd klingen schon mal irgendwie schwedisch. Die Band tritt gewissermaßen das musikalische Erbe der Vorgängertruppe Doctor Weird an. Als Cloudscape agieren die fünf Jungs seit 2001. Damit hat die Truppe zwar noch kein methusalemisches Alter erreicht, aber die Lebensdauer eines Projekts ist locker überschritten. Und metallisch ist der Schall auf der Platte in jedem Fall.
Micael Andersson zeigt sich als wahrer Shouter. Er verfügt über das für Metal Musik unabdingbare Volumen. Aber vor allem ist er ein Sänger in bester und klassischer Metal-Tradition.
Die Gitarristen geben den Kompositionen von der Rhythmik her betrachtet den nötigen brachialen Touch. Wie es sich gehört zwirbeln sie dazu anständige Soli, die das gesamte bekannte Spektrum dieser Art des Leadguitar-Spiels abdecken.
Basser Hans Persson agiert unauffällig aber effektiv und Roger Landin drischt in bewährter Metal-Manier auf die Felle ein. Er versteht es geschickt die Geschwindigkeit der Songs zu bestimmen, insbesondere wenn er mit soliden Double-Bass Salven Speed aufnimmt. Für die Atmosphäre der Mucke sorgen die Keyboard- oder Synthesizer Harmonien. Wie sie allerdings auf die Scheibe gekommen sind, ist ein Rätsel. Diese Dinger will laut Waschzettel nämlich keiner der Musiker bedient haben.
Weil schließlich alles kartographiert werden muss, haben Cloudscape den Job selbst übernommen und ihre Musik eingeordnet. Sie bringen eine "Mischung aus melodischem, halb-progressivem und symphonischem Metal". Aha!
Diese Platte klingt so, als wäre die Bezeichnung vor der Musik entstanden.
Und vielleicht ist das der Grund dafür, dass diese CD auf meiner hirninternen "Wahnwirtz" Skala von 1 bis 10 so ziemlich in der Mitte liegt. Die Songanlagen sind gut, keine Frage, aber sie sind gerade wegen ihres Abwechselungsreichtums eintönig. Sie klingen fast zu bemüht.
Auffällig ist, dass sie meist volle Pulle und schön krass beginnen. Aber leider halten sie selten das Niveau. Man kann sich vorstellen, dass der Band im Entstehungsprozess der jeweiligen Songs plötzlich wieder eingefallen ist, dass sie ja eigentlich eine "Mischung aus melodischem, halb-progressivem und symphonischem Metal" machen will. Und deswegen muss die Struktur um die Eigenschaften des Progressiven oder auch Halb -Progressiven (was auch immer das ist) "bereichert" werden.
Die Konsequenz: die Lieder machen oftmals einen willkürlichen Eindruck. Nur selten hat man das Gefühl, dass der Song die Wendung wirklich erzwingt.
Aber trotzdem, das Potenzial von Cloudscape ist groß und an der handwerklichen Umsetzung gibt's nicht zu nörgeln. Und am Sound erst recht nicht.
Wer mal reinschnuppern will, sollte es mit "Out Of The Shadows" versuchen. Dieser Song ist klasse. Nach einem schön bombastischen Intro nimmt er rasant Fahrt auf. Die Gesangslinien sind vollendet und der Refrain ist "Gott"!
Dieses Stück ist alleine einen Zusatzpunkt wert und verhilft Cloudscape zu einer gepflegten 6 auf der "Wahnwirtz"-Skala.
So, liebe Ilka! Wie siehst du die Sache, äh, hörst du die Platte?
Nun Olli, mein Eindruck war ebenfalls nicht der schlechteste, aber lest selbst:
Cloudscape, das sind Micael Andersson (Vocals), Björn Eliasson (Guitars), Patrik Svärd (Guitars), Hans Persson (Bass) und Roger Landin (Drums) aus Schweden, gegründet im Jahr 2001.
Micael Andersson und Björn Eliasson zeichnen für das Songwriting.
Ihren Sound beschreiben sie als "melodischem, halb-progressivem und symphonischem Metal".
Nun, aus Schweden schießen Bands gerade dieses Genres wie Pilze aus dem Boden und in der allgemeinen Veröffentlichungsflut muss man sich erst einmal durchsetzen.
2003 fand ein Demoband bereits Beachtung und nun wollen die 5 Metal-Recken mit ihrem Debüt die Ohren einer breiten Öffentlichkeit erreichen.
Das Melodic-Metal-Rad hat die Band natürlich nicht neu erfunden; ein Blick in meine CD-Sammlung genügt. Aber ich denke, dass ist auch nicht ihr Anspruch, nur reißt mich das Album gleich nach dem ersten Hördurchgang nicht sofort vom Hocker, es braucht noch ein bis zwei Durchläufe, bis es richtig zündet. Aber oftmals sind solche Scheiben, die erst mit jedem Hördurchgang wachsen, seltsamerweise die besten.
Ohrwurm-Melodien, teilweise etwas verschachtelte Rhythmen (die mich ein kleines bisschen nerven), tolle Gitarrenparts mit songdienlich eingestreuten Soli, die sich nicht in fürchterlichen Frickeleien verlieren, das sind die positiven Aspekte der Scheibe. Weiterhin sind die Songs mit Streicher-, Keyboard- oder Pianoklängen geschmückt.
Und - in Bezug auf die Stimme sowie die technischen Fertigkeiten gibt es ebenfalls nichts zu meckern.
Ebenfalls bemerkenswert ist, dass Cloudscape weit davon entfernt sind, hemmungslos zu kopieren, auch wenn sie ihre Vorbilder haben. Gleichzeitig erheben sie nicht den Anspruch, durch rasante Schnelligkeit auffallen zu müssen.
Hervorragend gefällt mir zum Beispiel das düstere "In These Walls": der Song beginnt mit einem feinen Streicherintro, danach setzen sägende Gitarren ein, untermalt von fetten Bass-Lines und Micael Andersson brilliert passagenweise mit recht aggressivem Gesang. Das Stück hat es mir irgendwie angetan und ich habe meine Repeat-Taste doch mehrfach gequält.
Auch "Everyday" möchte ich in die Kategorie der Anspieltips mit aufnehmen. Ein feiner, nach vorn treibender Song mit symphonischem Touch, der sofort im Ohr haften bleibt.
Einen Verriss hat das Album aufgrund des guten Gesamteindruckes nicht verdient.
Nur - die Latte in Sachen Melodic-, Progressive- bzw. Synphonic-Metal ist zwischenzeitlich sehr hoch angelegt. Das bedeutet: Veröffentlichung von Platten auf höchstem Niveau, um sich in diesem Metier einen festen Platz erobern und auch halten zu können.
Drücken wir Cloudscape die Daumen.
Bemerkenswert finde ich im Übrigen die Gesamtspielzeit von fast einer Stunde, das ist heutzutage auch nicht so selbstverständlich.
Ich tendiere zu einer doch recht feinen 7 auf der Richterskala.
Spielzeit: 58:37, Medium: CD, AOR Heaven, 2005
1:As The Light Leads The Way 2:Under Fire 3:Aqua 275 4:Witching Hour 5:In These Walls 6:Out Of The Shadows 7:Everyday Is Up To You 8:Dawn Of Fury 9:Slave 10:The Presence Of Spirits 11:Scream 12:Losing Faith
Olli "Wahn" Wirtz, Ilka Czernohorsky, 01.02.2005
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