Clovis / Same
Clovis Spielzeit: 36:22
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2009
Stil: Southern Rock


Review vom 06.06.2009


Alexander Mathias
Unscheinbar trifft sie ein. »NOT FOR RESALE« und »DEMO ONLY« steht ihr auf der ungeschminkten Stirn geschrieben, ihr Gesicht ein selbst gebastelter CD-Aufkleber. Gekleidet ist sie in eine halb zersplitterte Hülle, Schlimmes musste ihr auf ihrer weiten Reise widerfahren sein… Dennoch bekommt sie die Gelegenheit, ihrer Bestimmung gerecht zu werden: dem weit geöffneten Rachen eines hungrigen CD-Players.
Schon nach den ersten Umdrehungen revanchiert sie sich mit einem Faustschlag zwischen die Augen des Review-Schreibers. Hatte er sich etwa bei ihrer Ankunft von ihrem kläglichen Erscheinungsbild ablenken lassen, statt sich ausschließlich auf ihre inneren Werte zu konzentrieren? »If you don`t like the way we talk, then don't come around here!« schallt die Antwort aus den Boxen, und kurz darauf wird die Botschaft noch konkreter: »If you don`t like the way we talk, you can kiss our ass!«.
Was mit dezenten Southern-Riffs begann, braut sich jetzt mehr und mehr zu einem schweren Gewitter über den Sümpfen von Texas zusammen. Hatte der Verfasser dieser Zeilen bisher das Gefühl, hier wird musikalisch ein ganz schweres Brett verabreicht, erwächst nunmehr ein geistiges Bild vor seinen Augen, das einen tonnenschweren Holztransporter präsentiert, der mit geplatzten Bremsschläuchen die Gefällstrecke hinab donnert, während der Rezensent gerade versucht, in Gegenrichtung mit einem Aufsitzrasenmäher Paroli zu bieten.
Clovis aus Huston, Texas, sind vier Musiker, die sich dem Southern Rock verschrieben haben und mit ihrem Ende Mai 2009 veröffentlichtem Erstlingswerk dieses Kopfkino der harten Klänge heraufbeschwören. Nach bester Southern-Manier zelebrieren Clovis eine regelrechte Messe, die den Eindruck vermittelt, Lynyrd Skynyrd wären nach Verabreichung zahlreicher Elektroschocks dem Jungbrunnen entstiegen.
Frontmann Damien Okun hat in seinen Texten jede Menge zu erzählen. Querschüsse auf die bibeltreuen Konservativen in den USA sind beispielsweise in "Long Haired" an der Tagesordnung, wenn Okun zu der Erkenntnis kommt, dass die ganzen Fernsehprediger auch mal über das Wasser laufen sollten, um mit Jesus gleichzuziehen. "Stand" wiederum beschäftigt sich mit dem Blick auf den unsichtbaren äußeren Feind, der weltweit bekämpft wird, statt die Armut und das Leid im eigenen Land in den Griff zu bekommen. Egal welchem Thema sich Okun annimmt, er verpackt seine Botschaft in ironisch ätzende Worte, die ihre Wirkung nicht verfehlen.
James Crouthers rifft und powert mit einer gewaltigen Portion Herzblut an der Gitarre. Seine Licks und Soli bohren sich regelrecht durch das Trommelfell, wobei er keine Sekunde irgendeinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass er einen Vergleich mit alteingesessenen Southern-Gitarristen nicht scheut.
Sid Kelton führt mit sattem Punch und technisch versierten Rhythmen durch das Programm, während sich Bassist Jamie Kelton um die nieder frequente Fraktion kümmert. Präzise und ausgeklügelte Bassläufe verleihen den einzelnen Nummern das erforderliche Maß an Tiefe und Volumen.
Absoluter Anspieltipp ist "Walk Away", was auch auf der MySpace-Seite von Clovis angehört werden kann. Hier macht die Mannschaft den großen Werkzeugkasten auf und führt vor, was für eine heiße Musik man mit vier Mann auf die Beine stellen kann. Da darf man sich gar nicht vorstellen, was die Kollegen mit drei Gitarren, dem Quasi-Southern-Standard, abliefern würden. Spätestens dann müssten wir den eingangs erwähnten Holztransporter gegen einen Güterzug austauschen.
Auch wenn das Erstlingswerk mit knapp 36 Minuten nicht gerade abendfüllend ausfällt, darf man Clovis auf keinen Fall aus den Augen, respektive Ohren verlieren. Hier steckt richtig großes Potential dahinter. Was wünscht man sich mehr?
Line-up:
Damien Okun (vocals)
James Crouthers (guitars)
Sid Kelton (drums)
Jamie Kelton (bass)
Tracklist
01:American Made
02:Pullin Me Down
03:Stand
04:Walk Away
05:Western Wind
06:Fear
07:In My Head
08:Long Haired
09:My Oath
10:Promised Land
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