The Coal Porters / Find The One
Find The One Spielzeit: 45:11
Medium: CD
Label: Prima Records, 2012
Stil: Alternative Bluegrass

Review vom 07.10.2012


Wolfgang Giese
Alternative Bluegrass, was ist denn das nun wieder? Ist es nun Bluegrass oder nicht? Nun, in alternativen Gewässern ist Sid Griffin ja nun schon lange unterwegs. Zunächst mit den
Long Ryders und schon eine lange Zeit mit dieser Formation, The Coal Porters. Expandiert wurden bestimmte Genres ja schon immer - ist das aber zwingend alternativ? Unter dem Gesichtspunkt einer Alternative zu Bluegrass-Bands... mag das zutreffen? Aber letztlich öffnet sich auch wieder die große Schublade Americana, obwohl Griffin in Großbritannien ansässig ist.
Die letzte Scheibe sagte mir sehr zu und ich war gespannt, ob sich das nun fortsetzen würde.
Im typischen Stil startet die Platte, das ist 'normaler' Bluegrass, sage ich einmal. Grundsätzlich zieht sich das auch erneut durch die gesamten Aufnahmen. Anders ist, und das schlägt gleich beim zweiten Song zu Buche, dass nun eine Sängerin engagiert wurde: Carly Frey, die zudem Violine spielt. Kann sie mich beim Gebrauch der Fiddle durchaus überzeugen, so trifft das nicht auf den Gesang zu. Einerseits keine typische Bluegrass-Stimme, das muss ja auch nicht zwingend sein, aber andererseits wirkt sie im Verhältnis zur Musik zunächst wie ein Fremdkörper. Ich vermisse ein gewisses Feeling, diese Geschmeidigkeit, die von den akustischen Instrumenten so trefflich dargeboten wird. Dies trifft allerdings nur auf ihre Solovorträge zu - im Harmoniekontext passt das schon. "Red-Eyed & Blue", ein langsamer Titel, singt Carly meines Erachtens überzeugender. Die nicht ganz sichere Stimme bringt so ein wenig Dramatik in den Song. Wie im Country nicht unüblich, wird auch hier das Thema Gospel berührt, mit "Gospel Shore". Der gezupfte Bass, im Hintergrund die Autoharp und nach einer Minute etwa kommt Fahrt in die Botschaft, die sich langsam zu einem zum Fingerschnippen animierenden Song entwickelt, gar unheimlich heult dazu die singende Säge. Es wird aber auch nichts ausgelassen...
Nicht ausgelassen hat man auch eine sehr ungewöhnliche Coverversion: Den Titel "Heroes" von David Bowie, hat man sich vorgenommen. Eigentlich fällt gar nicht auf, dass das gar kein Bluegrass-Titel ist - heimelig wird er mit einer Mundharmonika angestimmt. Über die gut fünf Minuten kann es aber dann doch lang werden, nach einigen ruhigen Einlagen wird instrumental ausgeleitet, dieser Part des Songs gefällt mir nicht so gut. Er wirkt etwas unharmonisch für mich.
Aber zum Schluss muss dann noch "Paint It Black" dran glauben! Genial, wie das schnell Fahrt aufnimmt und immer mehr mitreißende Leidenschaft demonstriert! Als besondere Zutat wird uns hier eine echte Sitar spendiert, die einen wunderbaren Farbklecks darstellt. Das ist eine grandiose Coverversion, die dem alten Stones-Titel neues Leben einhaucht. Hier wird genau das geboten, was ich mir unter dem Überschreiten des Tellerrandes vorstelle!
Einen einzigen Instrumentaltitel bieten The Coal Porters an, "The Betsey Trotwood". Locker und flockig wartet man mit einer gewissen Backporch-Stimmung auf, zu der man sicher auch elegant auf den alten Holzbrettern das Tanzbein schwingen könnte. Wie es sich beim Bluegrass gehört, werden Elemente von irisch/schottischer Folklore verwendet. Die Band zeigt, wie versiert sie ist und wie gut sie mit den Instrumenten umgehen kann. Das ist klassisch und so gar nicht alternativ und auch für mich einer der persönlichen Höhepunkte.
Ach ja, bevor ich es vergesse: Am Ende des sechsten Stückes wird der nachfolgende Song angesagt, und zwar von Brian Matthew. Das ist jener britische Moderator, der viele der Live-Sessions der Beatles für die BBC ansagte, ist doch eine nette Geste, oder? Als weiteren Gast hören wir bei Track drei den britischen Folkrocker Richard Thompson, der sich nahtlos in das Gesamtkonzept einfügt.
Line-up:
John Breese (banjo)
Carly Frey (vocals, violin)
Sid Griffin (vocals, mandolin, harmonica, autoharp)
Neil Robert Herd (vocals, guitar, dobro)
Tali Trow (vocals, bass - #2,3,5,8,12)
Andrew Stafford (bass - 1,4,6,7,9,10,11)
Jules Bushell (musical saw - #9)
Robert Elliott (sitar - #12)
Brian Matthew (introduction - #7)
Charlie Thomas (percussion - #9)
Richard Thompson (guitar - #3)
Tracklist
01:Barefoot On The Courthouse Lawn [Griffin] (2:59)
02:Never Right His Wrong [Frey] (3:59)
03:Hush U Babe/Burnham Thorpe [Frey/Griffin] (5:11)
04:The Betsey Trotwood [Breese/Frey] (3:20)
05:Heroes [Bowie/Eno] (5:15)
06:Red-Eyed & Blue [Herd] (3:07)
07:Ask Me Again [Griffin] (3:08)
08:Brand New Home [Herd] (3:07)
09:Gospel Shore [Griffin] (4:44)
10:You Only Miss Her When She's Gone [Griffin] (3:25)
11:Farmers' Hands [Herd] (2:59)
12:Paint It Black[Jagger/Richards] (3:38)
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