Come / Eleven : Eleven
Eleven:Eleven Spielzeit: 52:25 (CD 1), 37:02 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Glitterhouse, 2013
Stil: Alternative Rock


Review vom 18.06.2013


René Francke
Vor mehr als 20 Jahren erblickte das Debütalbum "Eleven : Eleven" von Come das Licht der Welt, das damals viele Musikmagazine als Meilenstein deklarierten. Zu Recht! Diese von intensiver Schwermut und Virtuosität durchtränkte Scheibe erlebt aufpoliert eine ehrwürdige Wiedergeburt. Ehrwürdig, weil sie als Bonus nicht nur die Single "Fast Piss Blues" und die dazugehörige B-Seite "I Got The Blues" (Coverversion des Rolling Stones-Klassikers) enthält, sondern neben einem bild- und textreichen Booklet obendrein noch mit einem zweiten Silberling aufwartet, der den Live-Auftritt von Come beim Vermonstress-Festival 1992 festhält. Ein wahrlich reichhaltig gefülltes Hochglanz-Digipak. Diese Wiederveröffentlichung war Anlass für die Band, im Mai diesen Jahres nach über 15 Jahren wieder in Originalbesetzung durch Europa zu touren.
Die Gitarristen Thalia Zedek (Live Skull, Uzi, The Dangerous Birds, White Women) und Chris Brokaw (Codeine), die beide ursprünglich aus Boston stammen, lernten sich 1990 in New York kennen. Kurze Zeit später trafen sie Bassist Sean O'Brien (Kilkenny Kats) und Drummer Arthur Johnson (Bar-B-Q Killers) und gründeten Come. Ihr Erstlingswerk ist eine Symbiose aus dem melancholisch schweren Grunge, dem wüsten, alles zerfetzenden Punk und dem rohen, im Hals kratzenden Blues-Lamento. Diese Strömungen prallen regelrecht aufeinander und verbinden sich zu einem reißenden Fluss. Aus dessen Tiefe schimmern die Rolling Stones, Patti Smith und
Black Sabbath bis an die Oberfläche. Auf dieser Platte ist genau jenes Lebensgefühl vertont, das die kommerzielle Musikwelt Anfang der 1990er beherrschte: Eine melancholisch-düstere und selbstzerstörerische Stimmung.
Selten habe ich ein derart anmutiges Gitarren-Opening erlebt: Wie ein wohlig warmer Sonnenstrahl erhebt sich eine schlichte Gitarrenlinie am Horizont, bevor der Gesang ein düsteres Szenario an den Himmel malt. Zu kraftvoll anschwellenden, verzerrten Gitarrenklängen versucht Sängerin Thalia Zedek mit ihrer rauen Patti Smith-Stimme zu besänftigen: »Just relax« - vergeblich, denn die Musik lässt das Firmament in einem beunruhigenden Farbton erleuchten. Auch die nachfolgenden Stücke zeichnet eine alles einnehmende Leidenschaft aus: Die einen weiten sich zu von Unheil erzählenden Klanggemälden aus ("Bell", "Sad Eyes", "Power Failure"), andere zersägen die Raumluft in exzessiver Brutalität und pressen alles Umstehende an die Wand ("William", "Orbit"). Das sedativ-virtuose, knapp dreiminütige Slide-Guitar-Intro von "Off To One Side" könnte auch von Mike McCready (Pearl Jam) sein, der im zweiten Teil des Songs die Stimmung des Intros stoisch häckselt. Die Stones-Hommage "I Got The Blues" ist einfach nur großartig.
Der Mitschnitt ihres Vermonstress-Festival-Auftritts von 1992 auf der zweiten CD zeugt auf drastische Weise von der bereits beschriebenen Kraft und der Bedrücktheit dieser Musik. Live wirken die Stücke von Come noch schroffer, desolater und beunruhigender.
Come erlangten nie den Status von Bands wie Nirvana, Dinosaur Jr. und vielen anderen, später wesentlich erfolgreicheren Bands, aber sie öffneten mit ihrem Werk "Eleven : Eleven" eben jenen die Pforten zum Mainstream. Leider verpuffte ihr in vielen Musik-Gazetten angekündigter Ruhm, noch ehe er begann. Alle weiteren Alben von Come wirken blass im Vergleich zum Debüt, was sicherlich zum einen dem kräftezehrenden und drogengeschwängerten Tourleben geschuldet war, zum anderen aber wahrscheinlich auch an der inflationären Entwicklung der Grunge- und anschließenden Post Punk-Bewegung lag. Wer diese und andere Rockmusik der 90er verstehen und nachvollziehen möchte, kommt an dem Zeitdokument "Eleven : Eleven" nicht vorbei. Dessen glanzvoll erweitertes Reissue bietet hierfür eine großartige Gelegenheit.
Line-up:
Thalia Zedek (vocals, guitar)
Chris Brokaw (guitar)
Sean O'Brien (bass)
Arthur Johnson (drums)
Tracklist
CD 1:
01:Submerge
02:Dead Molly
03:Brand New Vein
04:Off The One Side
05:Bell
06:William
07:Sad Eyes
08:Power Failure
09:Orbit
10:Fast Piss Blues
11:I Got The Blues
CD 2:
01:Dead Molly
02:William
03:Submerge
04:Last Mistake
05:Fast Piss Blues
06:Bell
07:Car
08:Sharon Vs Karen
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