Spielzeit: 54:29 Medium: CD Label: Chrome Dreams Records, 2011 Stil: Rockabilly Review vom 04.09.2011 Wolfgang Giese

Rockabilly, diese Mischung aus Country und R 'n' B, hatte in den Fünfziger Jahren seine Blütezeit und wird in der Regel mit ganz bestimmten Namen in Verbindung gebracht, die seinerzeit auf dem Sun-Label von Sam Phillips ihre Platten veröffentlichten, wie bspw. Warren Smith, Sonny Burgess, Carl Perkins oder Billy Lee Riley. Aber auch bekanntere Musiker wie Elvis Presley oder
Roy Orbison bringt man in deren Frühwerken mit dieser enorm vorantreibenden Musik in Verbindung.

Doch nicht nur bekannte Namen und Plattenfirmen waren es, die diese Musik verkörperten. Und so ist es diese Compilation auf dem Label Chrome Dreams, die fünfundzwanzig Titel solcher Künstler vorstellt, die wohl kaum jemand unter uns spontan kennen wird. Wie es im knappen Text im kargen Booklet heißt, handelt es sich um Stücke, die bisher noch nie auf CD veröffentlicht wurden. Viele stammen von 45ern, die auf ganz kleinen unabhängigen Plattenlabels veröffentlicht wurden. Wohl alle, so heißt es weiter, dürften die jeweiligen Top 40 wohl nie erreicht haben.
Hinter dieser Compilation steckt eine Menge Arbeit, und dies weiß ich durchaus zu würdigen, denn es wird nicht einfach gewesen sein, all' diese verborgenen Schätze aufzutreiben. Dennoch hätte ich bei der Ausführung und Präsentation des Ergebnisses dieser Schatzsuche etwas mehr Sorgfalt und Präzision erwartet. So werden wir mit dem kurzen Hüllentext und der Auflistung aller Interpreten nebst ihren Titeln allein gelassen. Mir jedenfalls fehlen historische Hintergründe, Fakten, wie Aufnahmejahr, Original-Label, Erscheinungsjahr etc. - eben alles, was man beispielhaft bei Veröffentlichungen ähnlicher Themen von Bear Family Records als Standard geboten bekommt.

Doch nun zur Musik: Manchmal wird mir ganz wehmütig ums Herz, wenn ich die Spielzeiten der Titel sehe, erinnert es mich doch an 'gute alte Zeiten', als der Kauf einer Single noch zu den aufregenden Momenten im Leben zählte. Fast alle sind knapp über der Zwei-Minuten-Grenze, einige sogar darunter, aber kein Titel erreicht drei Minuten!
Bei fast allen Titeln fällt mir ein passendes Stück ein, an dem man sich offensichtlich orientiert hatte, gleich beim ersten ist es "Matchbox" von Carl Perkins. Und so werden auch Jerry Lee Lewis und andere bekannte Künstler aus jener Zeit zitiert. Aber auch Einflüsse aus Blues und Rhythm & Blues gibt es zu vernehmen, wenn zum Beispiel Kenny Smith Ansätze von Arthur Crudup zum Besten gibt, einem Musiker, der ja schließlich auch von Elvis gecovert wurde. Auffällig ist bei diesem Titel - ja, wie soll ich es beschreiben - die Gitarre, die 'blubbernde und schmatzende' Geräusche von sich gibt. Offensichtlich versuchte der Eine oder Andere dann doch etwas Eigenständiges zu präsentieren. Burri Manso (wer kennt ihn nicht??) trägt seinen Song im Geiste von "Mystery Train" vor. Der Titel der Band The Boppers wird ganz einfach eingeblendet - ja, an kleinen Skurrilitäten gibt es immer etwas zu entdecken. Irre auch, wie man seine Botschaft in 1:28 Minuten vermitteln kann - siehe Parker Cunningham (#21) - und dabei ist auch noch ein Gitarrensolo enthalten!

Ungeachtet dessen ist das alles typischer Rockabilly, der sich hinsichtlich des kraftvollen Ausdrucks und der Güte nicht vor jenen in der ersten Reihe Stehenden zu verstecken braucht. Ja, es muss schon eine irre Zeit gewesen sein, die Zeit der Jukeboxes und der Singles, deren Knickern und Knacken man auch immer wieder hört. Aber das kann angesichts dieser versteckten Perlen unbekannten Liedguts gar nicht stören.