V.A. / KIN, Songs By Mary Karr & Rodney Crowell
KIN, Songs By Mary Karr & Rodney Crowell Spielzeit: 37:49
Medium: CD
Label: Vanguard Records, 2012
Stil: Americana


Review vom 24.08.2012


Wolfgang Giese
Es ist ermutigend und zufriedenstellend, dass es abseits des Mainstreams und der Charts noch immer so viel gute Musik gibt. Diese Platte zähle ich unbedingt dazu. Denn, man siehe den Untertitel, die Songs von Mary Karr und Rodney Crowell gehören zu den anspruchsvollsten Kompositionen, die mir in letzter Zeit über den Weg gelaufen sind. Crowell dürfte einigen Musikliebhabern wohl bekannt sein, ist er doch in der Hot Band von Emmylou Harris zu Ruhm gekommen und etablierte sich dort als Songwriter, bis er schließlich 1978 die erste Soloplatte veröffentlichte. Mary Karr ist eine Schriftstellerin und Dichterin, die einen Lehrstuhl für Literatur an der Syracuse University innehat.
Beide Künstler verbindet einiges. Nicht weit voneinander entfernt wuchsen sie auf und es gab ähnliche Probleme im Elternhaus: Gewalt und Alkohol waren Teil des Alltags und offensichtlich wird dieses thematisch auch in den Texten verarbeitet, wie man im Booklet nachlesen kann. Die Geschichte der beiden wird aus der Sicht von Mary Karr in den Liner Notes anschaulich dargestellt. "KIN" bedeutet »someone or something of the same or similar kind«, und so schreibt sie auch dazu: »...and raised a record, one we called "KIN" because the affinity between us was so deep.« Genau, diese Tiefe spürt man in der Musik, die hochwertigen Texte werden ebenso vertont und die jeweilige Stimmung wird von den jeweiligen Leadsängern gut transportiert. Fast könnte man allerdings meinen, eine Soloplatte Crowells vor sich zu haben, ist er doch oft zu hören - an der Gitarre eh auf jedem Titel.
Aufgenommen in verschiedenen Studios und Orten entwickelt sich jedoch eine recht unterschiedliche Stimmung. Mal ist es purer Americana, dann wieder gewinnt Country die Oberhand, folkig und auch typisch Singer/Songwriter - all dies findet sich hier und so entsteht zum Thema "KIN" dann ein Reigen mit dem Ausdruck eines Samplers. Ein vom Stil her doch sehr dichter allerdings. Die vielen Köche haben somit den Brei nicht verdorben, sondern ein sehr schmackhaftes Gericht bereitet! 'Anders' sind die Aufnahmen mit Lucinda Williams und Norah Jones, wobei die Erstgenannte unglaublich viel dramatisches Gefühl hineinbringt - erstklassig, diese Sängerin mit der 'Anti-Stimme'!
Crowell selbst hat sich stimmlich seit den Anfangstagen ziemlich verändert. Sein Ausdruck ist rauer geworden und es lassen sich Spuren verschiedener Künstler, wie John Mellencamp,
Bruce Springsteen oder George Harrison erkennen.
Die beteiligten Musiker gestalten die Songs erstklassig und sehr professionell, mit sehr viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen. Das ist eine Freude, diese harmonische Dichte nachvollziehen zu können - es tut wirklich gut, die Seele freut sich. So habe ich mitunter das Empfinden, bei jedem einzelnen Song würde sich eine Tür öffnen, die mir den Weg zeigt, auf den ich mitgenommen werden kann, sofern ich denn will. Und dann bin ich mitten drin, mitten in dem, was der jeweilige Titel aussagt. Nun gut, das ist nicht 'Friede, Freude, Eierkuchen', hier geht es schon ans Eingemachte, das private Themen der beiden Songschreiber behandelt. Der recht bekannte Produzent Joe Henry sorgt letztlich dafür, dass alles wunderbar zusammen passt. Diese harmonische Ausrichtung ist dermaßen zugänglich, dass man immer mehr hören möchte - eigentlich hat die ganze Platte einen gewissen Ohrwurmcharakter. Ein ganz großer Wurf!
Line-up:
Rodney Crowell (guitar - all tracks, lead vocal - #1,5,8,10, harmony vocal - #2,3,6,9)
Vince Gill (harmony vocal - #1, lead vocal - #3, guitar - #3, resonator guitar - #6)
Steuart Smith (guitar - #1, 5, acoustic guitar - #2, electric guitar - #2, organ - #5)
Ilya Toshinski (mandolin - #1, guitar - #5)
John Hobbs (piano - #1,8)
Michael Rhodes (bass - #1, 5, 8)
Nir Z (drums - #1, 5)
Norah Jones (lead vocal - #2)
Emmylou Harris (harmony vocal - #2,10, lead vocal - #9)
Larry Franklin (fiddle -#2,3,6,8)
Tony Garnier (bass - #2)
Karin Berquist (harmony vocal - #3)
Tommy White (steel guitar - #3,6)
Dennis Crouch (bass - #3,6,9)
Marco Giovino (drums - #3,6,8)
Lucinda Williams (lead vocal - #4)
Patrick Warren (piano - #4, organ - #8)
Jedd Hughes (mandolin - #4, 8, guitar - #8)
David Pilch (bass - #4)
John Ferraro (drums - #4)
Lee Ann Womack (lead vocal - #6)
Tanya Hancheroff (harmony vocal - #6)
Rosanne Cash (lead vocal -#7)
Chely Wright (harmony vocal - #7)
John Leventhal (lead acoustic guitar - #7)
Tim Luntzel (bass - #7)
Kris Kristofferson (lead vocal - #8)
John Mock (concertina - #8)
Will Kimbrough (guitar - #9, harmony vocal - #10)
Tim Lauer (pump organ - #9)
Jonathan Yudkin (cello - #9)
Tracklist
01:Anything But Tame (performed by Rodney Crowell)
02:If The Law Don't Want You (performed by Norah Jones)
03:Just Pleasing You (performed by Vince Gill)
04:God I'm Missing You (performed by Lucinda Williams)
05:I'm A Mess (performed by Rodney Crowell)
06:Momma's On A Roll (performed by Lee Ann Womack)
07:Sister Oh Sister (performed by Rosanne Cash)
08:My Father's Advice (performed by Rodney Crowell & Kris Kristofferson)
09:Long Time Girl Gone By (performed by Emmylou Harris)
10:Hungry For Home (performed by Rodney Crowell)
(all songs written by Mary Karr & Rodney Crowell)
Externe Links: