"Mountain Stage" ist eine preisgekrönte Radio-Serie von 'West Virginia Broadcasting' mit Millionenpublikum (lt. PR-Text), die seit 21 Jahren Live-Shows von etablierten und neuen Künstlern aus Charleston, Virginia, sendet. Pro Jahr sind aktuell 26 Termine vorgesehen, die ein breites Spektrum von Roots- und Countrymusik über Jazz bis zu Avantgarde-Rock abdecken. Ob die Shows auch ins Internet übertragen werden, konnte ich nicht herausfinden.

Seit 2001 gibt es von den zweistündigen Auftritten auch Ausstrahlungen im öffentlichen Fernsehen. Davon sind nun auch Video-DVDs bei 'in-akustik' erhältlich, bislang wurden zwei Zusammenschnitte mehrerer Konzerte aus 2001 veröffentlicht. Die erste erschien als Blues-Scheibe (und wird sicher auch noch bei uns in RockTimes näher beleuchtet), mir liegt nun die zweite vor. Drei zumindest im englischsprachigen Bereich sehr bekannte Singer/Songwriter werden uns darauf vorgestellt. Dazu gibt es knappes Bonusmaterial des künstlerischen Leiters, Co-Produzenten und Gastgebers Larry Groce mit Informationen zu den Künstlern. Ein Booklet lag meinem Besprechungsexemplar nicht bei, auf dem Cover befinden sich kurze Hinweise zu den Interpreten.

Die drei Künstler gehören zur alten Folk-Garde (alle so um die 50) und haben jeweils Dutzende von Alben veröffentlicht. Bei uns ist wohl Richard Thompson am bekanntesten, eine der markanten Musiker-Persönlichkeiten von Fairport Convention in deren Glanzzeit. Auch als Solokünstler (und zwischenzeitlich mit seiner damaligen Frau Linda) ist er bis heute ein aussagestarker Folk-Poet und Weltstar, der regelmäßig hochgelobte Alben hervorbringt. Seinen Auftritt in Charleston absolviert er gewohnt allein, singt mit seiner harschen, seltsam unmelodiösen Stimme und begleitet sich auf der akustischen Gitarre. Sein Ruf als wohl einer der einflussreichsten und besten Gitarristen im Folkbereich ist unumstritten und das unterstreichen die Aufnahmen nachdrücklich. Der hat´s einfach drauf und das Publikum honoriert das, egal ob´s feingeistig oder R'n'R-mäßig daherkommt. Außerdem hat der Brite mit dem schiefen Mund auch noch einen ausgesprochen schrägen Humor. Thompson tritt auch mittlerweile öfters auf dem nordamerikanischen Kontinent als im alten Europa auf und hatte in Charleston wohl ein halbes Heimspiel.

Nanci Griffith hat mehrere Stilwechsel in ihrer Karriere hinter sich und präsentiert sich auf der 'Bergbühne' als zu ihren Folk-Wurzeln zurückgekehrte Sängerin und Gitarristin, die eher die konservative, leicht sentimentale Richtung mit Countryflair vertritt (und prompt damit bald danach zum wiedererblühten Star in Nashville avancierte). Sie wird begleitet von James Hooker, dem Keyboarder ihrer Band, mit dem sie auch das Duett "Gulf Coast Highway" singt. Auf "Deadwood, South Dakota", kommt Ex-Gatte Eric Taylor dazu. Einige ihrer Songs wurden Hits durch andere Interpreten, der bekanneste ist "From A Distance" in der Bette Midler-Version. Die politisch stark engagierte Künstlerin selbst bekam aber einen Folk-Grammy für das Cover-Album "Other Voices, Other Rooms" .

Der Ire Paul Prady (Ex-Planxty) ist in seiner Heimat einer der bekanntesten traditionellen Musiker. In den Staaten ebenfalls ein seit Jahrzehnten bekannter Songschreiber, dessen Werke reihenweise (u.a. von Bonnie Raitt, Mark Knopfler, Tina Turner, Phil Collins, Joe Cocker, Ronan Kieting, Roger Chapman) gecovert werden. Auch als Co-Autor mit anderen bekannten Künstlern ist er erfolgreich tätig. Auf der DVD bringt er wesentlich fröhlichere und poppigere Aspekte in seinen Liedern als die Vorgängerin. Er ist der 'Gute Laune - Kumpel' mit ebenfalls ansprechender Gitarrenarbeit und hat das Publikum auf seiner Seite. Bei "I Believe In Magic" bekommt er Unterstützung von zwei (nicht näher genannten) Begleitstimmen, zum letzten Song steigt dann auch die Band komplett ein.

An der Kameraführung gibt es nichts auszusetzen, viele stehende Einstellungen, weiche Übergänge und Zooms, die Künstler werden gut in Szene gesetzt, klassische Konzertaufnahmen eben. Bild- und Tonqualitäten sind einwandfrei, das passt also auch. Wenn nicht die gar sehr puristische Aufmachung wäre, fiele mir kein Kritikpunkt ein. Auch so überzeugt diese Ausgabe der neuen Serie, die mit ihrer thematischen Zusammenstellung gute Genre-Querschnitte gibt und uns die Möglichkeit eröffnet, an den "Mountain Stage"-Sessions mit derzeit fünfjähriger Verspätung wenigstens auszugsweise teilzuhaben. Das generelle Für und Wider einer solchen Zusammenstellung mögen Andere strapazieren.