Wir schreiben das Jahr 1972, als im März das Album "Machine Head" von
Deep Purple veröffentlicht wird und binnen weniger Tage auf Platz 1 der Album-Charts in Großbritannien schießt, unmittelbar gefolgt von ebensolchen Platzierungen in Deutschland (W), Kanada und Australien. Es mag Millionen von Menschen geben, denen der Albumtitel nicht bekannt ist, die aber einige der darauf enthaltenen Songs im Schlaf rückwärts beten könnten. Gemeint ist natürlich an erster Stelle das Stück mit dem wohl bekanntesten Riff der Welt, das vom Brand des Casinos in Montreux handelt und das die Band auf ewige Zeit untrennbar mit dem schönen Städtchen am Genfer See verbindet (wo auch die Original-Version von "Machine Head" eingespielt wurde). Fast-forward um 40 Jahre in die die Jetztzeit und "Machine Head" hat nichts von seinem Kultstatus und seiner Faszination verloren. Unzählige Bands haben noch viel unzähligere Coverversionen von "Smoke On The Water" oder "Highway Star" auf den Markt geschmissen und bei jeder zweiten Kirmescombo gehört zumindest der erstgenannte Song ins feste Repertoire. Aber auch namhafte Künstler haben sich immer wieder mal an das
Purple'sche Kulturgut gewagt und so wurden unlängst die Aufnahmen zu vorliegendem Tribut von einigen der international anerkanntesten Rockern auf CD gebrannt.
Den Reigen munterer Interpretationen eröffnen
Carlos Santana und
Jacoby Shaddix (
Papa Roach) mit ihrer Version von "Smoke On The Water". Natürlich ist es anders als das Original, natürlich hört man
Carlos sieben Meilen gegen den Wind aus hunderten anderer Gitarristen heraus und natürlich steht nicht
Ian Gillan am Mikro, aber das macht nichts. Bereits nach zwei oder drei Durchläufen habe ich mich daran gewöhnt und muss auch meine vorschnell getane Äußerung, dass
Jacoby dann lieber doch MTV's Scarred weiter moderieren soll, schlichtweg revidieren.
Mick Box sagte einmal, es sei für ihn im Grunde eine große Ehre, wenn andere Bands sich "seiner" Musik bedienten und diese neu interpretierten. Nun denn, ob das immer eine Ehre ist, bleibt noch abzuwarten.
"Highway Star" ist die nächste Nummer auf der Scheibe (eigentlich die erste auf dem Original) und hier haben sich
Chickenfoot sehr eindrücklich versucht. Mit dieser Live-Aufnahme wird die Reihe der Studioversionen schön unterbrochen und sowohl
Sammy Hagar als auch
Joe S. (später kommt noch
Joe B.) reißen die Nummer wirklich weit nach vorne.
Satriani wandelt zudem auf sicheren Pfaden, hat er doch seinerzeit als Vorgänger von
Steve Morse schon mit
Purple in der Mark VI-Besetzung gespielt. Als nächstes ist
Glenn Hughes an der Reihe, der ebenfalls mal beim Original am Tieftöner stand und
Roger Glovers Nachfolger und Vorgänger (in einem) bei den Mark III- und IV-Besetzungen war. Zusammen mit
Chad Smith, dem Trommler der Hühnerfüße, legt er eine klasse gesungene Version von "Maybe I'm A Leo" hin.
"Pictures Of Home" wird im vorliegenden Fall von
Zakk Wyldes Black Label Society vorgetragen. Ich ziehe jetzt sicherlich den Zorn manch eines
Wylde-Fans auf mich, aber bei ihm und mir ist es immer irgendwie eine Gratwanderung zwischen 'ganz toll' und 'furchtbar auf den Sack gehen' - hier klappt es einigermaßen. Die sog. Supergroup
Kings Of Chaos, bestehend aus u. a. den hier beteiligten
Joe Elliott,
Steve Stevens (u. a.
Billy Idol),
Duff McKagan und
Matt Sorum, liefert ein leider recht schwaches Cover des ohnehin schon recht schwachen (meine Meinung) "Never Before" und beim darauf folgenden zweiten Anlauf von "Smoke On The Water" bin ich fast versucht, jedes Mal die Skip-Taste zu drücken. Die
Flaming Lips sind bekanntermaßen anstrengend und ich hätte mir andere Versionen durchaus besser zu dieser Zusammenstellung gehörend vorstellen können. So driften meine Gedanken fast ungewollt zu
Josef Beuys und seiner "Fettecke".
Zum Glück gibt es danach direkt eine grandiose Interpretation von "Lazy", eindrücklich und ellenlang von meinem alten Helden
Jimmy Barnes und dem Saitenhexer
Joe B. zum Besten gegeben. Ganz coole Nummer und für mich eines der wirklichen Highlights des Albums. Leider kann mein subjektives Empfinden diese Einschätzung nicht gleichfalls für das eigentlich tolle "Space Truckin'" geben, denn
Iron Maiden und der gute
Bruce haben diese Nummer, die sie übrigens schon lange Zeit in der Schublade hatten, nicht wirklich überzeugend rübergebracht - schade eigentlich, denn der alte Pilot kann ja durchaus was.
Lars Ulrich hat mal behauptet, eine ganze Reihe Songs auf Halde zu haben, die
Metallica noch spielen müssten, bevor sie sich auflösen oder sterben. Und als bekennender
Deep Purple-Fan allererster Güte hat er dabei u. a. an "When A Blind Man Cries" gedacht. Ursprünglich gar nicht zum Originalalbum gehörend, hat man diese richtig, richtig gute Interpretation mit aufgenommen. Das Original war erst lange nach 1973 als Bonus auf diversen Ausgaben von "Machine Head" zu finden, während es seinerzeit nur (!) eine armselige B-Seite einer Single wurde. Dass
Metallica das Liedgut Anderer gut adaptieren können, haben sie ja schon vor Jahren mit dem grandiosen "Whiskey In The Jar" demonstriert und auch hier verpacken sie das Original gekonnt in ihren eigenen Stil.
Braucht die Welt ein weiteres Album mit Coverversionen von zugegebenermaßen meilensteinartigen Songs? Diese Frage darf und muss jeder Leser für sich selbst beantworten, ich jedenfalls bin durchaus froh, das Ding zu meiner Purple-Sammlung packen zu dürfen.