The Strat Pack - Live In Concert
The Strat Pack - Live In Concert
Was es nicht alles gibt!

Ich kenne wohl das berühmte "Rat Pack"!
Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Junior croonten sich whiskeyschwer, aber mit hochgradigem Unterhaltungswert durch diverse US-Schmonzetten, die hierzulande in der Schublade Schlager gelandet wären, aber im Lande der ehemals unbegrenzten Möglichkeiten zum Kulturgut der anerkannten Popularmusik gehörten, aus heutiger Sicht ausgesprochen modern verkoppelt mit diversen Hollywoodstreifen, die das Produkt als Ganzes kongenial abrundeten.
Heutzutage gibt es sogar erfolgreiche Musicals unter dem Label "Rat Pack", was beweist, dass hier zeitlose Unterhaltungskultur geschaffen wurde.
Und nun liegt mir eine DVD vor, die ernsthaft den Titel "The Strat Pack - Live In Concert" trägt.
Nanu, liegt hier etwa ein Druckfehler vor, von wegen ein unkontrolliertes 'St' davor, und ansonsten dürfen wir uns auf eine Konservenwiederauferstehung des legendären Trios freuen?
Mitnichten, ganz falsch, hier soll es um den 50igsten Geburtstag der sogenannten 'Fender Stratocaster' gehen, ein Instrument, das nachhaltig in die Analen der Geschichtsschreibung der Popular - Rockmusik eingegangen ist.
Zwei kleine Beispiele gefällig?

Sehr gerne, denn das Booklet dieser DVD bietet leider, wie so häufig, eine absolute Nulldiät an interessanten Informationen, was mich fatal an die Verfehlungen der Musikindustrie der ersten 15 Jahre des Bestehens der Compact Disc erinnert.
"Die erste in Serienproduktion hergestellte E-Gitarre mit massivem Korpus wurde von Leo Fender 1948 unter dem Namen "Esquire" auf den Markt gebracht und nach dem Hinzufügen eines zweiten Tonabnehmers in "Broadcaster" umbenannt. Aufgrund eines bereits existierenden Markenzeichens von Gretsch musste dieser Name 1950 dann in "Telecaster" geändert werden. Sie war gleichzeitig die erste in Massenfertigung hergestellte E-Gitarre. Diese Gitarre ist bis heute unverändert von Fender als Original und von einer inzwischen unübersehbaren Reihe von anderen Herstellern als Kopie erhältlich. Die 1954 von Fender auf den Markt gebrachte Stratocaster war die erste Gitarre, welche über ein Tremolohebel verfügte."
[basiert auf dem Artikel ( E-Gitarre ) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia, d. Verf.]
"Die Stratocaster ist wohl die am weitesten verbreitete und auch am meisten verkaufte Elektrogitarre, die schon seit 1954 als zweites Gitarrenmodell (nach der Telecaster) der Firma Fender in den USA, Japan, Mexiko und inzwischen auch in Fernost produziert wird. Jimi Hendrix, Eric Clapton, Jeff Beck, John Frusciante und Ritchie Blackmore sind Beispiele für bekannte Musiker, die diese E-Gitarre spielten. Die Stratocaster ist das am meisten kopierte E-Gitarren-Modell."
[basiert auf dem Artikel (Stratocaster) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia, d. Verf.]
Nun denn, in Anbetracht dieser Zeilen kann es nicht weiter verwundern, dass exakt 50 Jahre nach Markteinführung der legendären 'Stratocaster' ein großer Festakt erfolgen würde (im Herbst 2004), mit allen marktrelevanten Finessen unserer uneingeschränkt kapitalistischen Welt (sind die Chinesen, zumindest in ihrem wirtschaftlichen Boomwahn, nicht auch längst Turbokapitalisten?).
Umso erstaunlicher ist es daher, dass niemand der im zweiten Zitat genannten Helden der 'Stratocaster' and diesem Event teilgenommen hat.
Ja, ich weiß, Jimi Hendrix, der wohl unumstritten größte Innovator und Revolutionär an den sechs Saiten der elektrischen (Strat) Gitarre konnte natürlich aus bekannten Gründen nicht mehr mitmachen und war somit entschuldigt, genauso wie sein "brother in mind" Stevie Ray Vaughan.
Aber was ist mit den anderen Herrschaften? Kein Jeff Beck, kein Clapton, der ja u.a. das 'Stratocaster' Sondermodell 'Blackie' weltberühmt gemacht hatte und dafür bei einer Auktion für den guten Zweck astronomische Summen erzielen konnte, keine scharfe Chilischote und auch kein Mittelalter - Klampfer namens Blackmore, und darüber hinaus kein "Sultan Of Swing" Knopfler, kein 'ich-war-mal-ausversehen-ein-Stone' Mick Taylor oder auch kein Rossi Parfitt-Ausfallschritt. Das ist einfach aus britischer Sicht gesehen ziemlich enttäuschend und macht die ganze Angelegenheit zu einem etwas fragwürdigen Ereignis.
Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn ich auf das tatsächliche Line-Up schaue. Paul Rodgers als Strat-Held der Vergangenheit? Paul Kossoff, der gleichermaßen geniale wie labile und somit viel zu früh verstorbene Axtschwinger von Free, war ein 'Gibson Les Paul'-Mann. Na ja, immerhin brachte Mick Ralphs, der Gitarrero von Rodgers Nachfolgeband Bad Company und Ex-Mott The Hoople, die Strat zum Schwingen. Aber auch dieser Herr ward beim 'Strat-Pack' nicht gesehen.
Dafür aber ein Herr Brian May, der mir im Zusammenhang mit 'Fender Stratocaster' völlig neu ist. Oder ein Herr Gary Moore, der meines Wissens Zeit seiner Karriere lieber die 'Gibson Les Paul' malträtiert hat, hier aber auf einem rot-cremefarbenden Stratmodell, das in seinem abgewetzten Zustand fast einem Gallagher zur Ehre gereicht hätte, ein "Red House" runter gniedelt, das einem Jimi Hendrix wiederum nicht zur Ehre gereicht, weil es zu stark an dessen Interpretation(en) erinnert und somit nur schief gehen kann
Dieser wird überhaupt 'gut' bedacht, denn weitere Titel aus Hendrix' Repertoire, die dieser selbst schon gecovert hatte, werden hier verwurstet:
"All Along The Watchtower" von Mike Rutherford & Paul Carrack (???) und "Angel" von einem gewissen Jamie Cullum am Berserker-Piano, aber vollkommen ohne (???) Gitarre.
Dann gibt es noch die weibliche und Altersquote in Person zweier junger Damen zu bewundern (Theresa Andersson und Amy Winehouse), die dabei aber nicht demonstrieren können, was sie wirklich mit einer Strat zu tun haben, außer dass jeweils ein Exemplar um ihren Hals baumelt. Zumindest Theresa punktet aber mit einem für meinen Geschmack umwerfenden Äußeren und einer netten Violineneinlage, zusammen mit einem wirklichen Strat-Helden, nämlich Mr. Country-Zupfer Albert Lee, der nicht umsonst schon für Leute wie 'Slowhand' Clapton oder gar Retro Rock 'n' Roller wie Shakin' Stevens zusammengearbeitet hat.
Auch der vermeintlich stille Beatle George Harrison wird nicht vergessen, indem abermals Mike Rutherford & Paul Carrack (???) sein unvergessliches "While My Guitar Gently Weeps" in Szene setzen.
Und ganz zum Schluss kommt noch ein Strat-Liebhaber zu Gehör, der nicht Ex- sondern Hier-und-Jetzt-Stone ist, nämlich Ronnie Wood, der einen äußerlich katastrophalen Eindruck hinterlässt und den alten Faces-Gassenhauer "Ooh La La" vollkommen ruiniert. Wie dieser Mann mit den Stones nächstes Jahr auf Tour gehen will, ist mit ein Rätsel.
Soweit zu den wenig überzeugenden (konzeptionellen) Inhalten und/oder Darbietungen dieser DVD.
Es gibt schließlich auch einige Lichtblicke.
So gibt es ein Wiedersehen mit der ehemaligen Begleitband des Stratmannes fast erster Stunde, nämlich Buddy Hollies Crickets, Hank Marvin von den Shadows demonstriert noch einmal eindrucksvoll, warum er als Stratspieler für so viele britische Junggitarristen in den 60ern ein so großes Vorbild war, Joe Walsh macht einmal mehr deutlich, dass er allein die kommode Truppe namens Eagles vor der Sterbenslangeweile retten kann und David Gilmour deutet schon seine hervorragende Form an, die er vor kurzem beim Live 8 - Konzert im Londoner Hyde-Park an den Tag legte.
Darüber hinaus steuert der musikalische Direktor dieser Veranstaltung, Mr. Phil Palmer, einige wunderbare Licks und Soli auf seiner rotweißen Strat bei und beweist damit einmal mehr, dass er nicht umsonst einige Tourneen von Clapton oder den Dire Straits mit seinem hervorragenden Spiel bereichert hat.
Außerdem haben sich hier Paul Rodgers und Brian May vermutlich erstmals die Bühne geteilt ("Alright Now"), was letztlich zu der diesjährigen 'Free-Queen-Company' - Tour geführt haben dürfte.
Die Londoner Wembley Arena ist komplett bestuhlt, so dass sich leider die Stimmung des überwiegend etwas älteren Publikums sehr in Grenzen hält, außer beim besagten "Alright Now", wo sich Paule Rodgers schon mal warm macht für die großen Stadionanimationen dieses Jahres. Im Bremer Aladin vor ca. 10 Jahren zusammen mit Neal Schon hat er mir weitaus besser gefallen!
Bleibt noch zu erwähnen, dass diese Veranstaltung und auch prozentuale Anteile der DVD-Verkäufe der 'Nordoff-Robbins Music Therapy Charity' ‚zugute kommen, wo geistig und körperlich behinderten Kindern und jungen Erwachsenen mit musiktherapeutischen Methoden unter die Arme gegriffen wird, um ihre Entwicklung zu fördern!
Die DVD bietet mit 155 Minuten eine sehr anständige Spielzeit, DTS Digital Surround Sound, Dolby Surround 5.1 und Dolby Digital Stereo sind mit an Bord. Ich kann nur den Stereosound beurteilen, der an sich recht druckvoll und transparent rüberkommt, aber speziell im Hochtonbereich etwas schwächelt. Aber vielleicht liegt das auch nur an der Stereo-Abmischung, zumindest sind die verschieden Becken des Drummers, oder auch die Violine der schönen Theresa bei mir nicht sehr prägnant heraus hörbar. Dies könnte natürlich im Multikanalbetrieb ganz anders sein. Das Bild ist hervorragend.
Bleibt noch die Frage, ob denn nun eher dem 'Rat-Pack' oder dem 'Strat-Pack' der Vorzug zu geben ist.
Nun, ich denke bei aller Unterschiedlichkeit kann beides ganz gut nebeneinander harmonieren, wobei aber das 'Rat-Pack' als weitaus memorabler einzustufen ist!!
Mitwirkende
Track 1 - 5 The Crickets, Albert Lee & Brian May
Track 6 - 8 Hank Marvin & Ben Marvin
Track 9 - Theresa Andersson
Track 10 - Albert Lee & Theresa Andersson
Track 11 - 14 Mike Rutherford & Paul Carrack
Track 15 - Gary Moore
Track 16- Jamie Cullum
Track 17 - Amy Winehouse
Track 18- Paul Rodgers
Track 19 - Jasmine & Steve Rodgers feat. Daddy
Track 20 - Paul Rodgers & Brian May
Track 21 - Paul Rodgers & Joe Walsh
Track 22 - 25 - Joe Walsh
Track 26 - Phil Manzanera
Track 27 - 29 - David Gilmour
Track 30 - Ronnie Wood
Track 31 - All Star Line-Up


Spielzeit: 155 Min, Medium: DVD, Eagle Rock, 2005
1:Peggy Sue 2:Maybe Baby 3:I Fought The Law 4:Oh Boy 5:Zhat'll Be The Day 6:The Rise And Fall Of Flingel Bunt 7:Sleepwalk 8:Apache 9:I'm On My Way 10: Country Boy 11:How Long 12:All Along The Watchtower 13:While My Guitar Gently Weeps 14:I Can't Dance 15:Red House 16:Angel 17:Stronger Than Me 18:Muddy Water Blues 19:Drinking 20:Alright Now 21:Can't Get Enough 22:Funk 49 23:Life's Been Good 24:Life In The Fast Lane 25:Rocky Mountain Way 26:6pm 27:Marooned 28:Coming Back To Life 29:Sorrow 30:Ooh La La 31:Stay With Me
Olaf "Olli" Oetken, 18.07.2005