Coney Hatch / Four
Four Spielzeit: 48:21
Medium: CD
Label: Frontiers Records, 2013
Stil: Hard Rock

Review vom 30.10.2013


Steve Braun
Wow, DAS Comeback des Jahres? Von der Prominenz eher nicht, vom Endprodukt her betrachtet ein heißer Kandidat!! Obwohl... so 'richtig' weg waren sie eigentlich nie, jedenfalls löste man sich nie offiziell auf. Eine tolle Hardrock/AOR-Band der Achtziger meldet sich mit einem neuen Album zurück: Coney Hatch aus Toronto.
Was ich von den Elaboraten der achtziger Jahre im Allgemeinen halte, wurde an anderer Stelle schon hinreichend ausgeführt - ich erspare es mir und euch.
Coney Hatch hatte ich seinerzeit - ehrlich gesagt - nur als weiteren Van Halen-Klon empfunden. Das gleichnamige Debüt von 1982 und "Outta Hand", ein Jahr später erschienen, verschwanden nahezu ohne Spuren zu hinterlassen in den hintersten Winkeln der AOR-Abteilung meiner Vinyl-Sammlung. Aber - ihr kennt das sicherlich - irgendwann, sagen wir mal zwanzig Jahre später, hört man den Kram mit völlig anderen Ohren. Ob dieser Umstand der Altersmilde oder eher der Borniertheit junger Volljähriger geschuldet ist, wäre eine treffliches Thema für eine Doktorarbeit in der Disziplin Master of Rock'n'Roll... ;-)
Davon mal ganz abgesehen, ist so ein 'Wiederhören' immer eine gute Gelegenheit, mal der Frage nachzugehen: Was ham' die eigentlich die ganze Zeit gemacht??
Nach etwa sechs Jahren und drei Alben war jedenfalls dem Coney Hatch-Höhenflug so ziemlich die Puste ausgegangen. Außer einer Compilation ("Best Of Three", 1992) kam da nix Zählbares mehr rüber. Die vier Musiker gingen fortan getrennte Wege, das Kriegsbeil wurde bei der Gelegenheit ebenfalls ausgegraben.
Sänger (und Bassist) Andy Curran startete eine Solokarriere mit einigen kleineren Hits in seiner kanadischen Heimat. Der andere Shouter (und Multiinstrumentalist), Carl Dixon, fiel vor allem durch sein Engagement bei April Wine von 2001 bis 2004 auf. Vor fünf Jahren stieg er als Sänger bei einer weiteren kanadischen Rockinstitution, The Guess Who, ein, wurde aber von einem schrecklichen Autounfall im selben Jahr im wahren Wortsinn aus der Bahn geworfen. Schwerstverletzt und zeitweise im Koma liegend kämpfte er sich regelrecht ins Leben zurück. Zurückgeworfen auf seine persönlichen 'Basics' zieht man da gewiss eine Bilanz des bisherigen Lebens. Also wurde das Kriegsbeil feierlich begraben und mit den alten Kumpels das 'olle Ding' noch mal angeworfen. Deshalb tourt Coney Hatch seit zwei, drei Jahren schon wieder munter durch die Weltgeschichte.
Mit "Four" (richtig geraten - es IST das vierte Album) meldet sich das Quartett nun auch in den Plattenläden zurück und dies mit geradlinigem, schnörkellosem Hard Rock, der nahezu nahtlos an die Heydays der Band anzuschließen scheint. Erfreulicherweise hat Carl Dixon diesmal seine Keyboards nicht ausgepackt, sodass dem lupenreinen Gitarrenrock erfreulicherweise jeglicher 'Zuckerguss' fehlt.
Coney Hatch beweisen einmal mehr ihr Talent für ein stimmiges Songwriting mit dem traumwandlerischen Gespür für die zündende Hook. Deshalb 'flutschten' die elf Songs ausnahmslos leichtgängig in die Ohren, allerdings ohne jegliches aalglattes oder gar pomadiges 'Geschmäckle'. Dafür bieten die Kompositionen zu viele Widerhaken, die Aufhorchen lassen und manchmal zu manischem Zucken des Zeigefingers vor der Repeat-Taste führen... aaargh, dieses pumpende "The Devil You Know" ist pures Amphetamin!!!
Mindestens fünf, sechs Songs mit Hitpotenzial lassen sich auf "Four" finden. Solche von der Sorte, die meine intim-heißverachtete 'Platzpatrone aus New Jersey' vor Neid erblassen lassen würde. Oder wann hat man von dem mal eine ebenso eingängige wie widerborstige Nummer wie "Boys Club" gehört?! Simpel-gradeaus auf die Nuss geht auch immer - hör' mal in "Down N Dirty"... na, klingelt's? Ähnlichkeiten bzgl. des Titels sind natürlich rein zufälliger Art! "Connected" gehört übrigens in genau die gleiche Kiste!
Die Single "Blown Away" und "We Want More" vermitteln dagegen genau diesen leicht größenwahnsinnigen Stadionrock-Charakter, der vielen angesagten Bands der Achtziger zu eigen war - nur, dass das mit dreißig Jahren Verspätung ungleich sympathischer wirkt. Ganz stark agieren die Kanadier aus Ontario auch dann, wenn mal einen ("Marseille") oder zwei ("Do It Again") Gänge runtergeschaltet wird. Von der einzigen, geradezu piekfeinen Ballade "Holding On" mal ganz abgesehen...
Mann, macht das Laune! Coney Hatch legen eine weitere Überraschung - in einem diesbezüglich ertragreichen Jahr - vor. "Four" hat garantiert nicht den Anspruch, das »quadratisch, praktisch, gute« Allzweckrad zu erfinden. Wer - zur Hölle - braucht schon 'Innovationen' im Rock? Ich jedenfalls nicht... jedenfalls nicht unbedingt und schon gar nicht immer...
Nein, die elf Songs machen einfach nur richtig viel Spaß. Nicht mehr, aber ganz gewiss auch nicht weniger!
Line-up:
Andy Currant (lead and backing vocals, bass)
Carl Dixon (lead and backing vocals, electric and acoustic guitars, percussion)
Steve Shelski (lead, rhythm and acoustic guitars)
Dave 'Thumber' Ketchum (drums)
Tracklist
01:Blown Away (4:30)
02:Boys Club (4:40)
03:Down N Dirty (3:09)
04:Do It Again (3:39)
05:Connected (4:40)
06:Revive (4:14)
07:We Want More (3:55)
08:Devil You Know (3:41)
09:Marseille (5:02)
10:Keep Drivin' (3:35)
11:Holdin On (5:16)
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