Wer Musik mag, die in der Lage ist, das Kopfkino in 4G und mit Surroundsound anzuwerfen, der sollte Track eins als nächsten Film einlegen. Ich garantiere, die Hose wird eng und feucht. Nein Freunde, ich rede nicht von Stehblues. Es geht um einen anderen Trieb und zwar um den "Todestrieb".
Was Cult Of Youth da unter der Ägide von Mastermind Sean Ragon in Noten verpackt hat, ist durchaus geeignet, ängstlichen Naturen den Angstschweiß aus den Poren zu treiben. Durch das Album zieht sich ein Faden, dessen Fasern tief mit Verzweiflung, Ausweglosigkeit, Tod und Düsternis getränkt sind. Am dicksten ist dieser Faden jedoch am Anfang der Platte. Bei dem "Todestrieb". Dieses Stück ist nur auf der CD und nicht auf dem limitierten Vinyl-Pendant.
Auf der einen Seite ist das schade, denn den Langspielplattenkäufern entgeht Großes. Auf der anderen Seite macht es aber auch Sinn, denn "Todestrieb" passt eigentlich von der Ausrichtung her nicht zum Rest. Werfen wir das Kopfkino also an und stellen uns vor, irgendwo alleine in unwirtlicher Natur zu sein und dann diesen Ton zu hören. Diesen Ton, der sofort signalisiert, dass da WAS ist. Und es kommt näher. Und es bedeutet NICHTS Gutes. Erzeugt wird der Ton durch ein Teil mit dem Namen Kangling, einer Oberschenkelknochentrompete, die in Tibet bei rituellen Begräbnissen gespielt wird. Der Klang dieser Trompete aus dem Oberschenkelknochen eines Menschen klingt so ungewohnt und gruselig, dabei aber gleichzeitig faszinierend, wie die Vorstellung, was zu diesen Klängen gleich hinterm Hügel auftaucht.
Beschrieben wird "Todestrieb" im Booklet wie folgt: »An exploration of the relationship between male sexual energy, death and the creation process«. Alles klar, oder?
Rituales Getrommel, laut Info der Einsatz eines Schädels und Leichen (wenn ich bodies richtig interpretiere). Auf jeden Fall ist diese Nummer den Erwerb der CD wert, denn das ist abgefahren.
Ansonsten wird Cult Of Youth dem Neo Folk zugerechnet, wenn Ragon speziell "Final Days" als Dark Rock'n'Roll bezeichnet. Beides passt und dann eine gehörige Portion Post Punk. Besonders der Bariton Sean Ragons im Schrei-, Keif- und Zartmodus verströmt Authentizität und fasziniert. Hinzu kommt eine zwar wilde, aber jederzeit angenehme 'Begleitung' der Instrumentalisten. Und es ist unkonventionell aufgerüstet. Da ist zum einen ein Cello, aber richtig gekonnt und spannend wird es, wenn z. B. in "Of Amber" eine Miles Davis-Trompete klanglich scheinbar alles Leid der Welt in Töne fasst.
Tribale Rhythmen, hoher Einsatz der akustischen Gitarre und fast psychedelische Punk-Strukturen verleihen dem Album an jeder Stelle Spannung und beweisen ein Händchen fürs Songwriting. Wenn Sean seine Stimme weg vom Punkigen ins eher rockig Darke leitet, dann kann man durchaus von Songs mit sehr hoher Halbwertszeit sprechen. "No Regression" und "Roses" sind neben "Todestrieb" meine Stars auf "Final Days" und werden es sicher auch für alle, die sich von ihrem 'normalen' Alltagsrock mal auf anderes Terrain wagen.
Die nicht alltägliche Stimme, das Zusammenspiel von akustischer und elektrischer Gitarre im Mix aus Neo Folk und Punk macht Spaß. Dabei die Texte zu verfolgen bringt so manch Nachdenkenswertes. So hänge ich immer noch an einem Satz wie »And when you hear the angels calling, know which way the ants are crawling«. Und da ertönt sie wieder, die Knochentrompete...
Line-up:
Christian Kount (electric guitars)
Cory Flannigan (drums, percussion)
Paige Flash (cello)
Jasper McGandy (bass)
Sean Ragon (guitars, trumpets, synths, vocals)
Additional Instruments:
Human skull, kangling trumpet, chains, violin bow, bodies
Additional parties:
Eric Blitz, Micki Pellerano, Erik Proft, Elias Bender Rønnenfelt
Tracklist |
01:Todestrieb
02:Dragon Rouge
03:Empty Faction
04:God’s Garden
05:Down The Moon
06:Of Amber
07:No Regression
08:Sanctuary
09:Roses
10:Dogdays
|
|
Externe Links:
|