Donnerwetter, es ist wirklich nicht leicht, im Dschungel der Musikschaffenden auch nur ansatzweise den Überblick zu behalten. Da hilft die beste 'Durchblick-Machete' nichts! Und dass immer mehr Künstler aus der Not heraus ihren kreativen Output im Eigenvertrieb anbieten (müssen), macht die Sache wahrlich nicht übersichtlicher.
Da ordert doch Kollege Olli 'Wahn' Wirtz die 2005er Scheibe einer Formation namens
The Dave Chastain Band in der Erwartung, Mr.
Chastain möge doch hier wie seit Mitte der 80er Jahre gewohnt und geschätzt, beherzt in die (metallischen) Saiten greifen. Aber, weit gefehlt, es wird zwar tatsächlich mitunter beherzt in die Saiten gegriffen, nur mitnichten metallisch, sondern ausgesprochen bluesy, in der Tradition von
Albert King, Freddie King, Albert Collins oder natürlich auch
Jimi Hendrix stehend, in den 'sophisticated moments' auch an den poppigen Groove-
Clapton gemahnend ("I'd Rather Be Blind"), sehr flüssig und mit melodischem Sound gespielt - das ist natürlich kein Holz, aus dem Metaller geschnitzt sind.
Wobei funken fast wörtlich genommen werden kann, denn bei Nummern wie "Highway Man" oder "This Ol' World" gibt es wahrlich funky-Grooves auf die Gehörgänge. "Tell Me Why" entpuppt sich schnell als neuer Autobahn/Highway - Klassiker, ich jedenfalls kam auf der Rückfahrt von Grevenbroich aus dem Mitsummen/-schmettern nicht mehr heraus, dazu gibt's wie fast auf dem ganzen Album eine feine Orgel ('Bear'
G. Michael Graham), ein
Bruce Hornsby-like Piano und ein tolles Gitarrensoli zum Abschluss, wo
Dave Chastain schon mal den Claim absteckt.
"Ridin' With The Wind" kommt wie eine Mischung aus späteren
Jeff Healey (ca. 2000) und
Christopher Cross(!) daher, mit herrlich groovigem Bass (
Jaimie Jenkins), Saxophon, akzentuierten Qualitätsgitarrenlicks, es fließt geradezu aus den Boxen. Dazu gehört natürlich auch das präzise Drumming von
Larry Wigand.
"Highway Blues" zitiert "Life In The Fast Lane" von den
Eagles, die Orgel röhrt und liefert sich mit Dave ein herrliches Interplay, welcher ansonsten hier wie auch überhaupt wirklich hörenswerte Soli vom Stapel lässt, mit einer flüssigen, melodischen Grundausrichtung, die nicht jeder aus einer Strat in dieser Qualität herausholen kann. Zusätzlich hören wir eine unwiderstehliche Rhythmusgitarre und wie auf der ganzen Scheibe erklingt sein Spiel mal im linken Kanal und mal im rechten. Ab und zu ertönt es auch aus beiden zugleich, dann haben wir den Southern Rock-like Twingitarreneffekt oder eine Art 'Wall Of (Guitar)Sound'.
Aber Southern Rock ist im Grunde auf dieser Scheibe nur ein unterschwelliges Thema. Explizit taucht dieses Genre nur im Rausschmeißer des Albums auf, was aber auch kein Wunder ist, denn es ist die Neuauflage seiner Übernummer "Highway Man" mit überragender Orgel und fantastischen Gitarrenläufen aus allen Kanälen.
"Angel Of Love" erinnert mich dagegen noch einmal an
Jeff Healey, da es die Grundstimmung von dessen 1988er "Angel Eyes" (vom "See The Light" Album) verbreitet.
Im Folgenden hören wir viele bluesige Tunes, mal geshuffelt ("Leave This Town") mit Harp, klasse Slideguitar mit
Duane Allman-Reminiszenzen und Honky-Tonk-Piano, mal mit Blues 'n' Booze-Feeling ("Baptized In The Blues" - mit Bier?), mal ausgesprochen gefühlvoll angelegt ("Riverside City Blues" - ein Highlight!), mit hervorragender Orgelbegleitung und passendem Bar-Piano und mal als Slow-Blues-Groover ("Keeps Me Strong"), der irgendwie aufs Angenehmste an die
Allman Brothers Band gemahnt und zusätzlich durch ein Saxophon gewürzt wird.
"I'd Rather Be Blind" ist dagegen ein fast poppiger R&B Mitwipper mit Soul- und Gospeleinschlag, der mich fast an eine Kreuzung von
Eric Clapton, Frankie Miller und
Van Morrison denken lässt. Faszinierend!
Und schließlich haben wir da noch den Rock'n'Roll/Rockabilly-Shuffle von "Son Of A Guitar Man", der fast von
Dave Edmunds stammen könnte. Hört euch nur mal das kurze Gitarrensolo an - hier trennt sich wirklich die Spreu vom Weizen!