Als Waylon Jennings 1972 die Outlaw-Bewegung der Country Musik einläutete, die dem Genre wieder Glaubwürdigkeit verleihen sollte, war der Signature-Song "Ladies Love Outlaws", geschrieben von Lee Clayton.
Dieser hatte in jungen Jahren schon eine Menge Erfahrungen sammeln können, war Kinderstar, ausgebildeter Jetpilot, hatte früh Hochzeit und Scheidung hinter sich, nahm Alkohol und Drogen und wanderte umher, bis es ihn Anfang der 70er nach Nashville verschlug. Nachdem eben der berühmte Jennings seinen Song interpretierte,
bekam Clayton einen Deal bei "MCA" und spielte 1973 sein erstes Album ein.
Obwohl er damit seinen Ruf als exzellenter Country Singer-Songwriter untermauern konnte, floppte die Platte beim Publikum, das auf seine eher radikalen Outlaw-Statements (noch) nicht vorbereitet war.
Nach weiteren Jahren des Umherziehens bekam er 1978 wieder einen Vertrag, diesmal bei "Capitol", und lieferte bis 1981 drei Alben ab, die in den USA abermals kühl aufgenommen wurden, diesmal wegen seiner Hinwendung zum Country-Rock der härteren Gangart und anzüglichen Texten.
Als Beispiel sei eine Zeile in "Jaded Virgin" genannt:
"You had your stomach full of empty one-night stands"
Das war den vordergründig spiessbürgerlichen Amerikanern zuviel. In Europa allerdings wurde er mit der herausragenden Platte "Naked Child" 1979 zum absoluten Kultstar.
Dieses Reissue beinhaltet nur Titel aus der "Capitol"-Zeit, je 7 Songs vom 1978er Album "Border Affair", 6 Songs vom Meisterwerk "Naked Child" und drei aus "The Dream goes on" von 1981. Somit ist der Titel dieser CD
(Essential) etwas irreführend, da aber die Country Songs seines Debüts sowieso musikalisch nicht recht zu dieser rockbetonten Auswahl gepasst hätten, ist dies kein großes Manko.
Dass Lee Clayton hauptsächlich in Deutschland, Frankreich und Skandinavien zurecht Kultstatus erlangte, belegen die Songs hier nachdrücklich. Weder das autobiographische (?) "Tequila Is Addictive", der Überflieger "I Ride Alone", der Gitarrenhammer "10000 Years/Sexual Moon" noch das politisch wütende "Industry" fehlen; alle anderen Songs sind von ähnlichem Kaliber. Damit bietet der Silberling als "Best of" über 70 Minuten Clayton-Klassiker und hat erfreulicherweise keinen einzigen Durchhänger.
Musik also, die man gerne (immer) wieder hört und demjenigen, der sie nicht kennt unbedingt empfehlen muss.
Als weiteren Ritterschlag für Lee Clayton darf auch gelten, dass die Highwaymen (Waylon Jennings, Johnny Cash, Kris Kristofferson und Willie Nelson) seinen Song "Silver Stallion" einspielten und auch auf der Bühne vortrugen. Wer kann das schon von sich behaupten? Dass auch Bono von U2 sagt, von Lee Clayton beeinflusst zu sein, schliesst die Brücke zum Rock.
Das Remastering dieser CD geriet geradezu phantastisch, so durchsichtig und druckvoll konnte man diese Leckerbissen noch nie hören, weder auf LP noch auf den Einzel-CDs oder dem Twofer, der "Border Affair" und "Naked
Child" enthielt. Hier hat der Remaster-Guru Eroc bei "Repertoire Records" professionell gearbeitet und diese Songs mit viel Liebe restauriert.
Eine dicke Empfehlung!
Spielzeit: 71:58, Medium: CD, Repertoire Records
1:Silver Stallion 2:Back Home in Tennessee 3:Border Affair 4:Old Number Nine 5:Like a Diamond 6:Tequila is addictive 7:Rainbow in the Sky 8:Saturday Night Special 9:I Ride alone 10:10000 Years/Sexual Moon 11:Wind and Rain 12:A little Cocaine 13:Jaded Virgin 14:Industry 15:Won't you give... 16:Where is the Justice
Manni Hüther, 23.10.2001
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