Was für eine edle Aufmachung (mit dem Hinweis auf SACD)! Kommt ja fast daher wie so ein Japan-Import, ist aber Stockfisch - »Das Label für Gitarrenmusik, Singer/Songwriter und audiophile Aufnahmen«. Ich muss ehrlich zugeben, noch nie etwas davon gehört zu haben. Und dabei gibt es dieses Label seit über 30 Jahren!
Und ich blättere mal eben die Stockfisch-Seite durch, um mir bekannte Namen zu finden. Und ich blättere und blättere und da nun endlich: Werner Lämmerhirt, das Urgestein akustischer Gitarrenmusik, unterwegs mit dem Hannes Wader, vor Urzeiten.
Und das ist die Art Musik, der ich nun mein Ohr leihe.
Selbst bezeichnet Stockfisch-Records diese Veröffentlichung als sehr ungewöhnlich, gemessen an ihrem Repertoire, da das Duo Balance zusammen mit Louis Capart dessen schönste Lieder singt und spielt. Bisher durfte nur Christine Maringer-Tries und Hans-Peter Tries (Duo Balance) bei Stockfisch in deutscher und französischer Sprache ihr Können zum Besten geben. Und die Botschaft, die fast ganz oben im Booklet steht - »Aus Freundschaft kann Wundervolles erwachsen: Sie kann den Frieden zwischen Völkern sichern« ("Göttingen" und "Berlin" sind Themen zweier Songs) »und das Leben des Einzelnen bereichern«, - fast schon philosophisch.
Am Besten beschreibe ich die CD mal so; Angelo Branduardi (der nun noch am wenigsten) und Georges Moustaki treffen Hannes Wader und Reinhard Mey. Es ist diese Mischung, die in den Titeln vorkommt. Zumal da auch noch eine/mehrere stimmliche Ähnlichkeiten vorhanden ist/sind. Nicht ganz von Schaden, wie ich es zu Hören bekomme.
Vielleicht nicht von ungefähr wird auch im Booklet (dreisprachig) der Gesang, ob solistisch, im Duett oder als Chorgesang, über alle Maßen als Herzstück der Produktion gelobt. Alles, was ich gesanglich irgendwie mit Folkmusik verbinde, finde ich auch auf der CD wieder, darin stimmt der Text. Und in einer weiteren Aussage, die die »feine Spielkunst einiger virtuoser Instrumentalisten« betrifft, »…Kunst, die - nach Picasso - den Staub des Alltags von der Seele wäscht«, sehe ich, mit welcher Leidenschaft die Akteure zu Werke/Musik gehen und welches Herzblut in diesem Projekt steckt. So was nenne ich auch Enthusiasmus!
Louis Capart singt und spielt die Lieder seiner bretonischen Heimat, singt über das Leben im Jetzt, in der Vergangenheit, natürlich über Liebe und deren Resultate, »…über Sinn und Suche, die Weite, das Meer«. Worüber sollte ein bretonischer Barde auch sonst singen. Alles andere passte wohl nicht so recht ins Singer/Songwriter-Bild.
Und die Musik klingt ebenfalls so, wie ich es mir vorgestellt habe: Sehr ruhig und getragen, sehr ausdrucksvoll und voller Gefühl - künstlerisch sehr aufwendig ausgeführt und mit der Instrumentierung und dem bereits beschriebenem Gesang bleibe ich dabei - erinnert mich an Georges Moustaki (dessen Musik ich mag). So höre ich den ersten Titel mit Akkordeon und filigranen Instrumenteneinsätzen, die von der Weite des bretonischen Küstenlandes erzählt (der Text ist kurz gefasst in deutscher Sprache abgedruckt). Ein Flöten- und Flügelhorneinsatz in "Floraison" passen sehr gut zum Reinhard Mey-mäßigen Gesang, dem sich ein sehr schönes Liebeslied anschließt, in dem das Akkordeon instrumental dominiert. Ein Lied, das beschreibt, dass das wahre Leben erst begann, nachdem der geliebte Mensch dazu kam.
Es sind allesamt schöne Lieder zu schöner Musik, die Kurzfassungen der Texte gewähren einen kleinen Einblick, das französisch Gesungene drückt dann die Gewaltigkeit der ganzen Worte aus.
Das oben bereits erwähnte "Berlin" wird in französischer und in deutscher Sprache vorgetragen, wer was singt, ist ja wohl klar. Herrn Tries Stimme hat, um es noch mal zu sagen, doch ganz schöne Ähnlichkeit mit der des Herrn Mey, aber auch mit der Stimme Gerhard Schönes. Nun ja, liegt eventuell an der gleichen Tonlage. Louis Capart singt den Refrain in deutsch. Es klingt immer klasse, wenn das französische Landsleute tun. Sie schwenken hier textlich weit aus bis hin zu weltpolitischen Geschehnissen, was sich bei "Berlin" als Stadt ja auch geschichtlich anbietet.
Leichter, beschwingter Rhythmus in "Maintenant ou jamais", Kurzfassung: »Schlaf jetzt nicht, der Schlaf bringt den Tod, liebe mich, jetzt«. Und hier hätte ich doch gesanglich etwas mehr Leidenschaft erwartet, denn bei solch lebenswichtigem Thema - Tod oder miteinander schlafen - ist doch wohl die Aussagekraft sehr wichtig. Sehe ich das vielleicht falsch? Denn mir fiel kein gesanglicher Unterschied zu den anderen Liedern auf - schade! Jane Birkin hätte es ja nicht gleich sein müssen, hätte ich den Kurztext aber nicht gelesen, wäre ich wohl, der französischen Sprache bis auf Höflichkeiten nicht unbedingt mächtig, einfach so darüber weg gegangen.
Unterdessen ist "Göttingen" vorbei und auch das folgende Capart-Lied und es läuft der neunte Titel. Ein fast reines Gesangsstück, klingt wirklich nicht verkehrt, ist auch anders als alles bisher Gehörte, nicht ganz so schön, so glatt geschliffen - "Loguivy de la mer". Was folgt, ist wieder neu, denn neben Mehrstimmigem gibt es auch mehrsprachigen Gesang und ein kurzes Einspiel der Flöte irischer Art. Das Akkordeon spielt mich zu Beginn des nächsten Liedes fast schwindlig, "Le Présent Têtu", wieder aus Caparts Feder, ein lebensbejahender Text. Am Ende lässt mich das Akkordeon erneut schwindeln.
Louis Capart spricht, nochmals in gebrochenem Deutsch den Inhalt des vorletzten Titels:
»Geduld, hatte das Leben gesagt, wenn du das
Paradies willst, musst du auf morgen warten.
Vielleicht wartest du umsonst. Morgen - das ist
die Ewigkeit - ich wage nicht daran zu denken.
Wir leben so kurze Zeit, dass wir keinen Augenblick
verlieren dürfen.«
Muss ich dazu noch was sagen? Diese Aussage hat doch Bestand!
Abgeschlossen wird die CD durch die (fast) Instrumental-Version des ersten Titels, der mit Meereswellenrauschen (was für ein schönes Wort) unterlegt wird, mit 6:43 Minuten das längste der Lieder. Frau Tries hätte dazu nicht unbedingt noch stimmlich begleiten müssen, 's war war auch so ganz gut.
Und das Fazit: In der Liedermacher-Wertung sicher mit unter den oberen Plätzen. Und bei mir? Ich höre doch lieber weiterhin Pink Floyd und Zone Six, nicht sauer sein.
Line-up:
Louis Capart (vocals, guitar)
Christine Maringer-Tries (vocals)
Hans-Peter Tries (vocals, guitar)
Johanna Single (concert harp)
Iris Kramer (flugelhorn)
Hrolfur Vagnsson (accordion)
Ian Melrose (flute)
Dominik Jung (guitar)
Thomas Biller (upright bass)
Hans-Jörg Maucksch (fretless bass)
Tracklist |
01:Au Large du Gueveur
02:Floraison
03:Il faudra que je me souvienne
04:Marie-Jeanne-Gabrielle
05:Berlin
06:Maintenant ou jamais
07:Göttingen
08:Cette Chanson qui ne vient jamais
09:Loguivy de la mer
10:Différents mais tous pareils
11:Le Présent Têtu
12:Patience
13:Au large du Gueveur (Reprise)
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