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Marcel Coenen / A Live Time Journey
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Schon wieder jemand, den ich bisher noch nicht in meinem Gesichts- und Hörkreis wahrgenommen hatte. Zeit, sich mit dem Künstler näher zu befassen.
Also, Marcel Coenen wurde 1972 geboren, begann sehr früh mit dem Gitarrenspiel und gründete mit 16 Jahren die Gruppe Speedica. Daraus wurde später Form, mit der 1994 "I Choose My Own" bei Mausoleum Records aufgenommen wurde. 1993 gründete er Aura, die den Namen dann in Lemur Voice änderten; erste CD "Insights" bei Magna Carta Records. Er spielte außerdem auf diversen Tribute-Alben neben Musikern wie Petrucci und Morse. Mit Lemur Voice produzierte er CD Nr. 2, "Divided", welche im Jahre 1999 bei Telstar Records erschienen ist. Bei den Gitarrenmeisterschaften in den Niederlanden belegte er gute und erste Plätze. Nach der Auflösung von Lemur Voice entstand Sun Caged, die als Vorband von Queensryche und Vanden Plas spielten. Ihr 1999'er Album "Guitartalk" wurde 2003 bei Lion Music rereleased. Marcel Coenen lässt sich von Gitarristen wie Steve Morse, Allan Holdsworth, Joe Satriani,
Steve Vai oder James Hetfield inspirieren. Sein zweites Solo-Album "Colour Journey" entstand in diesem Jahr und als gesunder Auswuchs ist diese DVD entstanden.
Die DVD ist sehr übersichtlich, soll heißen, unkompliziert aufgebaut, die Buttons sind als Plektren dargestellt und neben den 'Play Show'- und 'Select Songs'-Gliederungen, gibt es Extra-Features, ein sehr interessanter, proppenvoll gestopfter Teil übrigens, der wiederum per "Plektren-Buttons" anwählbar ist: Einspielungen der Titels "Rooster" (ein feines Stück und durchaus bekannt) mit Hans Reinders, als Gast-(Freund)Sänger sowie "Still Of The Night" (eine Nummer in bester Deep Purple-Manier und Vocals von Mike Andersson), ein "Live In Thailand"-Gig, eine Aufnahme von vier Titeln während einer Pressekonferenz (sagenhaft!), eine "Biography and DVD-Story"- (leider wird alles nur in englisch und ein wenig zu schnell wiedergegeben) und eine fünfeinhalb-minütige 'Photo-Gallery', aufgenommen bei einem Konzert - schön gezoomte Fotos, klasse anzusehen.
Das alles ist mit feiner Marcel Coenen-Musik unterlegt. Ach ja, nicht zu vergessen ein Spaß-Button: "Behind The Scenes" - witzige Backstage-Aufnahmen also. Und da wohl nicht jedermann des Holländischen mächtig ist, wurde alles mit englischen Untertiteln unterlegt.
Am 28.01.2006 gab Coenen ein Konzert in seiner Heimat in Bosuil, Weert, Niederlande, das mitgeschnitten und nun auf dieser DVD veröffentlicht wird. Die Band beginnt mit "Abstract Impact", einem hammerharten Titel. Es kracht los, die Matten fliegen um die Saiten, daß man Angst bekommt, sie verheddern sich irgendwann darin. Schon im ersten Titel also 'fliegende Finger' - Perfektion allerfeinster Güte.
Hans Reinders fungiert als Sänger im nächsten Stück, unterstützt von Paul Villarreal (Sun Caged), der ebenfalls die Stimmbänder schwingt und wieder gibt es die härtere Gangart. Feinster Prog Metal, à la Dream Theater. Die Besetzung am Schlagzeug hat gewechselt, alle scheinen dennoch absolut aufeinander eingespielt zu sein.
Bass und Schlagzeug gibt es in neuer Besetzung bei "The Shrink" und wieder wird ein Instrumental serviert. Beide Gitarristen duellieren sich. Marcel C. blickt manchmal sogar richtig 'böse', dabei wild seine Gitarre bearbeitend - dann wieder grinsend, inbrünstig sein Werkzeug umarmend, in die Menge. Grandios der Abschluss, ein Aufeinandertreffen aller Instrumente.
"La Bella Mira", die Instrumentalballade, schließt sich an und auch hier kann dieses perfekte Zusammenspiel der beiden Axte bewundert werden. Das Stück erinnert an Gary Moore oder Kiko Loureiro und ist auf jeden Fall ein 'Mehrmalshinhörer'. Wunderbare Gitarrenarbeit!
Neue Gäste werden begrüßt: Colleen Gray, Denuis Schreurs (Severe Torture), Menno Corbeek und Joyce Dijkgraaf - die Bühne füllt sich, es geht los im Death Metal-Stil. Es gibt dämonische Growls, man bekommt langhaarige, böse drein blickende Kerle zu sehen. Colleen Gray bringt gesanglich Melodie ins bunte Treiben und Schreien, die arbeitsamen Finger beider Gitarristen sind ganz deutlich herauszuhören. Dazu dieser tolle Kontrast der Frauenstimmen...
Überaus melodisch geht es mit "Still Bleeding" weiter. Die Backingvocalistin Joyce D. steht nun im Mittelpunkt der Bühne und gibt eine beeindruckende Vorstellung ihrer Sangeskunst. Stimme und Gitarre (Marcel C.) tragen diesen Titel, und Colleen G. fügt sich maßvoll ein.
Ein Titel von Sun Caged mit tollen Prog-Anleihen, nämlich "Patron Saint" folgt, bei dem Paul Villarreal und Colleen Gray die Vocals übernehmen. Genesis haben vor 30 Jahren bereits solche Musik gezaubert. Keyboard- und Gitarrensoli zwischen den Gesangsteilen, permanente Rhythmus- und Tempowechsel, das sind Vielfalt und Ideenreichtum!
"Moyra" beginnt ebenfalls ganz ruhig, ja balladengleich, um sich später zu steigern. Das Schlagzeug trommelt sich durch den Song, der Gitarrenhals wird fulminant abgegriffen, das zieht sich so durch den gesamten Titel, ein frisches und munteres Aufspielen. Erneut füllt sich die Bühne: Colleen Gray am Piano und Gesang gibt, unterstützt von Paul V. und Joyce D., den Titel "The Moment" vom "Colour Journey"-Album zum Besten. An der akustischen Gitarre ist - und das muss unbedingt erwähnt werden - Frank Schiphorst, der sonst die zweite Gitarre spielt.
Marcel Coenen bietet ein breites Spektrum seines Könnens, von Melodic bis Death, es ist schon beeindruckend. Da wird sehr filigran gespielt, da wird losgeschrotet, dass sich das Brett biegt. Und es geht noch weiter im Stilspektrum: »Time for something funky with a little groove«, so der Untertitel von "The Skill Factor"!.
Diesmal trommelt Roel van Helden, den Bass bedient Richard Ritterbeeks, am zweiten Schlagzeug werkelt Hans In T Zandt. Es wird funkig, wenn der Sound, trotz ruhigem Zwischenspiels, auch sehr von harten, Metal-ähnlichen Gitarren gekennzeichnet ist. Funk-Bass on-stage, akzentuiertes Schlagwerk, Prog-Einflüssse sind ebenfalls nicht zu leugnen. Mit einem klassischen Gitarren-Intro wird "Inner Alchemy" eröffnet. Dabei denke ich an Scott Finchs "Haze Of Mother Nature". der sechssaitige Bass setzt ein, ein kurzes Zwischenspiel am Piano und die Gitarren jaulen. Dazu werden immer wieder schöne Nahaufnahmen der Musiker gezeigt. Das Hören ist schon Extra-Klasse und das Sehen der Technik von Marcel C. setzt wahrlich noch eins drauf.
"Shoreline" haut dann dafür wieder voll rein, da glühen die sechs Saiten, da ist die Perfektion und vor allem die Spiellust und -laune zu sehen, nicht nur zu erkennen. Bass und Schlagzeug in neuer Besetzung; auf der Bühne ist immer Bewegung.
Und das ist wieder einer dieser tollen, instrumentalen Titel.
"New Race" erinnert vom Stil und Geschwindigkeit her an Motörhead, Coenens Klampfenspiel stellenweise wiederum an Deep Purple. Es ist deutlich: Marcel Coenen braucht sich hinter keinem dieser bisher genannten, großen Namen zu verstecken - virtuos und exzellent rast er das Griffbrett rauf und runter, streichelt die Saiten…, und Frank Schiphorst daneben steht ihm in nichts nach. Die beiden spielen sich gegenseitig die Bälle - ähhm Noten zu, wow!!
Last song "Waiting" und am Gesang wird Mike Andersson (Cloudscape, Planet Alliance) begrüßt und da fliegen die Matten wieder (außer bei Mike A.), Paul V. steuert die Background-Vocals bei. Ein freundschaftliches Treffen von gut aufgelegten Musikern, von Könnern und Akrobaten an den Instrumenten.
Keyboard, zweite Guitar, Leadguitar, so die Reihenfolge der Soli, dann Rückkehr zum gewohnten Wahnsinn!! Zum Schluss zeigen sie alle Mitwirkenden nochmals auf der Bühne und verneigen sich vor dem Publikum.
Abspann. Ich sag nur: ANSEHEN!
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