Merry Clayton / Keep Your Eye On The Sparrow
Keep Your Eye On The Sparrow Spielzeit: 40:13
Medium: CD
Label: Ode/Repertoire Records, 1975/2011
Stil: Soul, Funk

Review vom 24.09.2011


Wolfgang Giese
Gelegentlich wurde ich gefragt, ob ich denn wüsste, welche Dame so inbrünstig auf "Gimme Shelter" der Rolling Stones sänge. Wenn ich dann den Namen Merry Clayton erwähnte, war spätestens dann Kummer angesagt, wenn man feststellte, dass man so gar nichts von ihr kaufen konnte. Begehrt war natürlich jene Platte von 1970, auf der sich Merrys eigene Version des oben genannten Songs befand.
Die am 25. Dezember 1948 in New Orleans geborene Sängerin startete ihre Laufbahn - wie so manch berühmte Kollegin - als Backgroundsängerin, und zwar sang sie mit Ray Charles und den Raelettes. Das war in den Sechzigern. Außerdem arbeitete sie mit vielen anderen Größen des Rockgeschäfts zusammen, richtig aufmerksam wurde man auf sie jedoch erst durch "Gimme Shelter". Die gleichlautende erste Platte von 1970 und die nachfolgenden Veröffentlichungen begründeten jedoch keinen Erfolg als Solokünstlerin. Hier ist nun die vierte Platte, "Keep Your Eye On The Sparrow" von 1975, zu besprechen.
Liest man das Line-up, so wähnt man sich in Gefilden des seinerzeit recht rührigen und bekannten Labels CTI, das von Creed Taylor geführt wurde, denn fast alle hier beteiligten Musiker waren auch zeitgleich dort als sicheres Fundament so mancher brillanten Einspielung aktiv.
Der Titelsong setzt 'funkende' Zeichen und war Titelmelodie einer Copserie aus den Siebzigern, 'Baretta' - in Deutschland erst Ende der Achtziger ausgestrahlt. Hier bläst der Jazzer Joe Farrell ein kurzes, energisches Solo. Das ist genau jener typische Sound dieser Jahre: funky, mit einem Hauch Disco. Produziert von Gene McDaniels, dem Mann mit Jazz-Hintergrund, hat dieser mit "Keep Your Eye On The Sparrow" ein Funk-orientiertes Album vorgelegt, dessen Musik mit Druck und Groove zu glänzen weiß. Bedingt durch die beteiligten Musiker entstand ein Album, das sich hinter solchen Klassikern jener Tage wie bspw. Esther Phillips' "What A Difference A Day Makes" nicht zu verstecken braucht. Dafür sorgt natürlich auch Merry Claytons großartige Stimme, die das ganze Spektrum von sanft bis kräftig eindrucksvoll und mit leidenschaftlichem Einsatz abdeckt. Mir ist es eigentlich unverständlich, dass diese Sängerin nicht in erster Reihe mit anderen Kolleginnen des R&B steht. Und letztlich sorgen eben auch die professionellen Musiker für eine einwandfreie Umsetzung.
Merry lässt klare Gospel-Roots erkennen, ein Quäntchen Pop gibt es mit "One More Ride" und immer wieder schimmert schwerer, schleppender Southern Soul durch. Dazu lebt die Musik von der federnd leicht agierenden Rhythm Section, das ist einfach hochklassig, was die Jazzer hier bieten! Die Band brilliert auf jedem Titel, und die Protagonistin ist sowieso über alles erhaben, wie sie mit ihrer Stimme jede Stimmung perfekt und leidenschaftlich umsetzt. Einige kleinere kompositorische Hänger gibt es zwischendurch, aber das hohe Niveau wird dadurch nicht geschmälert. Ein besonderes 'Schmankerl' ist die sehr interessante Umsetzung von Bob Dylans "Rainy Day Woman". Ziemlich umgekrempelt, hat der Song nun ein Funk-Gewand erhalten und klingt nach Memphis Soul - eine starke Coverversion ohne den Hauch einer Kopie, inklusive exaktem Bläserarrangement, wie das auch bei anderen Titel umgesetzt wurde.
Im Nachhinein betrachtet ist mit "Keep Your Eye On The Sparrow", damals relativ unbemerkt, ein starkes Stück Musik entstanden, das wir dank Repertoire Records nun wieder hören können.
Ach ja, wen es übrigens interessiert: Verheiratet war Clayton mit dem leider wenig bekannten Jazzer Curtis Amy und einen bekannten Bruder hat sie auch - Sam Clayton.
Line-up:
Merry Clayton (vocals, background vocals)
Gary King (electric bass)
Hugh McCracken (guitars)
David Spinozza (guitars)
Kenny Asher (keyboards)
Bob James (keyboards)
'Bad' Steve Gadd (drums)
Idris Muhammed (drums)
Joe Farrell (tenor sax - #1, 9, 10)
Lloyd Michaels (trumpet -#1, 9, 10)
Tom Scott (saxes - #2, 5, arp -#8, lyricon - #8)
Ian Underwood (harp - #8)
Getdown Virginia Majewski (viola - #8)
Julia Tilman (background vocals - #1, 7)
Maxine Willard (background vocals - #1, 7)
Marti McCall (background vocals - #6)
Stephanie Spruell (background vocals - #6)
Jim Gilstrap (background vocals - #6)
Gene McDaniels (background vocals - #2-5, 8-11)
Tracklist
01:Keep Your Eye On The Sparrow [Ames/Grusin] (2:52)
02:Gets Hard Sometimes [McDaniels] (4:33)
03:Sink Or Swim [McDaniels/Johnson] (3:52)
04:How'd I Know [Williams/Groves/McDonald] (2:44)
05:Gold Fever [McDaniels] (4:43)
06:One More Ride [Mayer/Hillman] (4:30)
07:Room 205 [Hayes] (3:07)
08:Loving Grows Up Slow [Ames] (3.50)
09:Rainy Day Women # 12 & 35 [Dylan] (2:50)
10:If I Lose [McDaniels] (3:19)
11:Do What You Know [McDaniels/Ames/Batista] (3:48)
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