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Ornette Coleman / Change Of The Century, The Complete Session
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Einen Wechsel des Jahrhunderts nennt Ornette Coleman seine Platte aus dem Jahr 1960, die allerdings bereits am 8. Oktober 1959 eingespielt wurde. Nun, ein neues Jahrzehnt war es also, das angebrochen war... Oder war Ornette seiner Zeit wirklich schon so weit voraus?
In den fünfziger Jahren hatte der am 9. März 1930 in Fort Worth/Texas geborene Jazzmusiker seine Laufbahn mit Plattenveröffentlichungen eingeleitet, nachdem er vorher Rhythm & Blues und Bebop spielte, dieses noch mit dem Tenorsaxofon. Trotz der vielleicht schweren Bürde, an Charlie Parker gemessen zu werden, wechselte er zum Altsaxofon und entwickelte eine neue Sprache auf diesem Instrument. Einige Kritiker bezichtigten ihn, sein Saxofon sei ständig verstimmt. 1958 war es, als die erste Aufnahmesession stattfand, mit dem Ergebnis der Platte "Something Else!!! The Music Of Ornette Coleman". Das hier zur Besprechung vorliegende war das vierte Album, das zweite nach dem Wechsel zu Atlantic Records. Den Namen des Saxofonisten bringt man ganz schnell mit dem Begriff Free Jazz in Verbindung, kein Wunder, trug doch das 1960 veröffentlichte Album genau diesen Namen: "Free Jazz: A Collective Improvisation". Eigentlich nur als reiner Plattentitel gedacht, wurde dieser bald zum Synonym für eine neue Musikrichtung. Doch, obwohl einer der Titel dieser Platte bereits den Namen "Free" führte und insofern richtungsgebende Andeutungen vorausschickte, handelt es sich bei der hier präsentierten Musik noch nicht um Free Jazz. Für stressgeplagte Ohren mag das aber bereits als solcher durchgehen, versuchte dieses Quartett durch weitestgehend strukturierte Kollektivimprovisation eine neue Form der Musik zu schaffen - weg von den üblichen Strukturen von Melodie, Harmonie und Rhythmus. So war das Fehlen eines Pianisten bereits auffällig, die Soloausflüge von Saxofon und Trompete waren weitestgehend von Freiheit geprägt, aus der sich dann Kreativität entwickeln konnte.
"Ramblin'" ist geprägt vom Blues, betört durch die verspielten Aktionen von Saxofon und Trompete im Eröffnungsthema sowie den vollmundig gespielten Bass und dem ganz fein federnden Schlagzeug, das ganz zart und luftig wirkt. Diese Formation ist erstklassig, und spielt derart miteinander, dass - wie man so schön sagt - die Chemie eindeutig stimmt. "Bird Food" - so wie dieser Song aufgebaut ist, sehe ich eine eindeutige Fütterung eines ganz bestimmten Vogels, nämlich den mit "Bird" titulierten Charlie Parker, mit dem Coleman sicher nicht nur das gemeinsame Instrument, das Altsaxophon, verbindet.
"Una Muy Bonita" wirft bereits Schatten auf das voraus, was später kommen sollte, Unerwartetes trifft auf befremdlich wirkende Harmonien, 'Harmolodics' nannte Coleman seine besondere Ausgestaltung. Auch im Titelsong wirkt die Gestaltung sicher auf viele ungewöhnlich im Aufbau. Hier habe ich das Gefühl, dass irgendwie ein Brückenschlag zwischen Bebop und Free Jazz stattfindet.
Die restlichen Titel, also von Nummer acht bis zwölf, sind als Boni beigefügt worden, wobei acht und neun von der gleichen Session wie die der Originalplatte stammen, auf dieser jedoch nicht veröffentlicht wurden. Die restlichen Stücke sind live im Oktober 1958 in Los Angeles im Hillcrest Club eingespielt. Im Wesentlichen halten sie sich an die Studioversionen, jedoch gibt es die Unterschiede, dass ein weiterer Musiker beteiligt ist - Paul Bley am Piano - und dass "Ramblin'" auf knapp über vierzehn Minuten ausgedehnt wurde. Und Coleman ist in vielen Momenten seines ausgedehnten Solos gefühlsmäßig im Blues zu Hause. Paul Bley bereichert mit seinem innovativen Solo dieses Stück, verändert es in der Ausprägung durch seinen persönlichen Stil.
Bei dieser Wiederveröffentlichung von "Change Of The Century" bin ich sehr zufrieden mit der Gestaltung des Gesamtpakets, mit diesen herrlichen Livetracks als Bonus.
Line-up:
Ornette Coleman (alto saxophone) Don Cherry (pocket trumpet) Charlie Haden (bass) Billy Higgins (drums) Paul Bley (piano - #10-12)
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