Ray Cooper / Tales Of Love War & Death By Hanging
Tales Of Love War & Death By Hanging Spielzeit: 47:11
Medium: CD
Label: Westpark Music, 2010
Stil: Folk


Review vom 24.05.2010


Wolfgang Giese
Parallel zur Veröffentlichung der neuen Platte der Oysterband, jener Band, der Ray Cooper zugehörig ist, dort jedoch unter Chopper 'firmiert', ist von ihm diese Soloplatte erschienen. Erst einmal aus dem Grund ist die Musik nicht vergleichbar, weil sie, bedingt dadurch, dass Chopper nicht der Leadsänger der Gruppe ist, anders klingt. Aber nicht nur aus diesem Grunde, denn Cooper, übrigens mit irischen Vorfahren, einer schottischen Mutter und einem englischen Vater 'vorbelastet', bringt noch ein anderes Element mit ein - eines, das bei der letzten Platte der 'Oysters' allerdings auch schon leicht durchsickerte, nämlich eine skandinavische Variante.
Der Musiker lebt seit dem Jahr 2000 in Schweden und so nahm er mit seinem Solodebüt auch gleich die Gelegenheit wahr, einheimische Musiker zu integrieren, allen voran den Fiddler Patrik Andersson. Die Musik dieses Albums hat etwas ganz besonderes: etwas, das mir nicht sofort aufgefallen ist; erst beim dritten Hördurchlauf 'fiel der Groschen'.
Folk hat in der Regel stets eine Beziehung zu seinen Wurzeln, versucht, diese darzustellen, zu interpretieren oder in ein zeitgenössisches Gewand zu stecken. So, die dritte Variante betreffend, empfand ich die Oysterband stets. Bei dieser Soloplatte geht es mir so, dass Chopper es vermag, mich zurück zu versetzen, zurück in jene alten Tage, als Räuber und Gesindel die Straßen der schmutzigen Großstädte bevölkerten und den ehrbaren Bürgern Angst und Schrecken einjagten.
Vor meinem geistigen Auge entstehen Bilder längst vergangener Zeiten, voller Mystik und Düsternis, aber auch ungebändigter Lebensfreude, von Trinkgelagen, von Liebe und Verzweiflung, von Armut in der Bevölkerung. Doch Chopper vermittelt auch Zuversicht, wenn er in "The Dark Days Are Over" singt: »Now the dark days are over, darling believe me they're over, leave them behind, we've wandered so long in the shadows of night, believe me, the dark days are gone. «
Und dabei, bei diesem Refrain, erklingt dann dieses hervorragende, die Gefühle in Wallung bringende Violinenarrangement, das wie ein Licht aus der Dunkelheit in eine zivilisierte Welt zu weisen scheint. Ein in seiner Schlichtheit ergreifend schönes Stück!
Und grundsätzlich ist so die Musik der ganzen Platte, von emotional tiefgehender Schönheit und Ausdruckskraft. Dabei werden die keltischen und hier zusätzlich skandinavischen Folkmuster nicht zum wiederholten Male auf herkömmliche Art und Weise interpretiert, nein, der Multiinstrumentalist Cooper haucht ihnen eine ganz neue frische Sichtweise ein, und das mit diesen von mir soeben beschriebenen ursprünglichen Mustern!
Das ist für mich Folk, der auf seinem langen Weg seiner Entstehungsgeschichte vom Anfang bis zum Jetzt einen wirklich wahren Brückenschlag darstellt, ohne dabei die Persönlichkeit des Interpreten zu unterschlagen. Und dieser versteht es, eine Art Ruppigkeit, die etwas von der Frische des damaligen Punk hat, zu integrieren. Das ist handfest, das ist wirklich Musik des Volkes. Nun gut, lassen wir einmal die wahrscheinlich etwas bessere Stimme des Leadsängers der Oysterband, John Jones, außer Acht - so ist es aber hier genau diese leidenschaftliche Stimme, die exakt zu dieser Stimmung passt, Jones wäre hier klar fehl am Platz gewesen!
Es fällt mir schwer, einen Höhepunkt des Albums hervorzuheben, dazu ist die Musik wie aus einem Guss ... alle sind sie meine Favoriten! Selten ist es, dass man eine solche Dichte vorfindet. Da fällt es so gar nicht auf, dass "The Highwayman" eine Fremdkomposition, von Jimmy Webb ist, so nahtlos fügt sie sich ein. Eine ungewöhnliche Interpretation erfährt das alte 'Schlachtross' vom schottischen Dichter Robert Burns, "Ye Jacobites By Name". Eine lange Celloeinleitung über etwa drei Minuten, auf die sich dann nur noch der energische Gesangsvortrag aufbaut.
Texte und Erläuterungen zu den Songs sind im Booklet abgedruckt, auch sehr lobenswert! Das ist für mich schon jetzt eines der wichtigsten Folkalben des laufenden Jahres!
Line-up:
Ray Cooper (voice, guitar, cellos, harmonium, mandolin, mandola, harmonica, kantele)
Patrick Andersson (violins, viola, hardanger fiddle)
Dil Davies (tom tom drum)
Rovvan Godel (backing vocals)
Olle Linder (pandeiro, tambourine)
Tracklist
01:The Puritan [Cooper] (4:51)
02:The Dark Days Are Over [Cooper] (4:35)
03:Border Widow's Lament [trad., arr. Cooper] (4:19)
04:Mc Pherson's Rant [trad., arr. Cooper] (5:16)
05:I Kiss The Night/Jämtland Bridal March [Cooper/trad.] (4:33)
06:The Grey Goose Wing [Cooper] (5:36)
07:In Your Sweet Arms [Cooper/Prosser] (3:59)
08:The Highwayman [Jimmy Webb] (3:38)
09:My Compass Points To North [Cooper] (4:10)
10:Ye Jacobites By Name/Sir Archibald MacDonald Of Keppoch [Robert Burns/trad., arr. Cooper] (6:10)
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