Kaum eine Stilrichtung ist prädestinierter, mir allergische Körperreaktionen abzunötigen, als das Singer/Songwriter-Genre. Es reicht eben nicht aus, wenn ein verkannter Barde gerne am Lagerfeuer etwas auf seiner Gitarre schrammelt - er/sie/es sollte auch 'ein Lied haben', sprich: etwas zu sagen haben!! Aber im Zug der vormals ungeahnten Möglichkeiten der Independent-Vermarktung, kann nun praktisch alles und jeder ein Singer/Songwriter-Album aufnehmen und im unerschöpflichen Musikmarkt auf Nimmerwiederhören entsorgen. Es gibt mittlerweile tatsächlich Momente, da wünschte ich mir wieder das Korrektiv der guten alten Plattenverträge zurück... Und wenn dann einer kaum einmal einen Ton treffen kann - von halten können mal ganz zu schweigen - wünschte ich mir dringend eine entsprechende Norm im Strafgesetzbuch und drastischste Ahndung mit lebenslangem Veröffentlichungsverbot. Aber jetzt mal Scherz beiseite...
...denn nichts von dieser augenzwinkernd gemeinten Einleitung ist auf Scott Cook gemünzt. Der Typ hat vielmehr eine fantastische Stimme, schreibt grandiose Texte und setzt diese überaus gefühl- und geschmackvoll in dezente, entspannte, unaufgeregte Kompositionen um. Irgendwie komme ich nicht umhin, die Intensität des jungen Jackson Browne zu zitieren. Die Zeiten von "For Everyman" und "Late For The Sky" sind gemeint, dieser breite Spannungsbogen zwischen tiefschürfender Nachdenklichkeit und lässig-lockerer Spielfreude, in akustischen Zauber eingebettet.
Ganz tiefe Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt lässt Scott Cook zu. Der liberale Freigeist eines Kanadiers (aus den wilden Weiten Albertas) zieht sich wohltuend durch seine neun Eigenkompositionen und "The Poet Game", einem stimmungsvollen Cover des beachtenswerten Folkmusikers Greg Brown. Als 'Prärie-Balladensänger' bezeichnet sich Cook und im dicken, 36-seitgen Booklet wird man fündig, wenn man etwas über seine Beweggründe, seine Triebfedern wissen möchte. 'Liebesbriefe an seine Freunde' nennt er diese Liner Notes, die auch auf seinen ersten drei Alben zu finden sind. Auch brandaktuelle, höchst politische Themen werden nicht ausgeklammert - Aaron Swartz und Bradley Manning wird gebührender Respekt gezollt. Ganz bemerkenswerte Gedanken findet man - nebenbei bemerkt - zum Thema 'Illegales Kopieren von CDs'. Reflexionen, die ziemlich untypisch und ungewöhnlich für die Musikszene sind.
Nun aber endlich zur Musik: Alle zehn Titel klingen derart kompakt und schlüssig, als wären sie 'aus dem Ärmel' geschüttelt. Mit jedem Hördurchgang entfalten sie allerdings ihre spartanische Komplexität. Nein, das ist jetzt kein Widerspruch in der Aussage, denn nach dem Motto »Weniger ist manchmal mehr«, wird hier getupft und nicht gekleistert!! Hier eine Dobro - dort ein Banjo, mal eine depressive Fiddle - mal eine fröhliche Marimba, eine leise wimmernde Slide - ein hintergründiges Piano, akustische Bässe - Schlagwerk nur dann, wenn auch wirklich nötig... und über allem schwebt Cooks kräftig-sonore Stimme, die von geschmackvoll-dezenten Harmoniegesängen begleitet wird. Das alles ist so herrlich analog, dass man sich von einer Zeitmaschine in 'bessere' Zeiten zurückgebeamt glaubt...
"One More Time Around" ist so ein stilles Album, in das man hineinkriechen und sich genüsslich zusammenrollen möchte. So wie seinerzeit beim bereits angesprochenen Jackson Browne. Schmerzlich wird mir an dieser Stelle bewusst, wie selten ich heutzutage noch die Zeit und Muße finde, derart tief in Musik einzutauchen...
Wer Musik für Hirn und Seele braucht, wird garantiert nicht nur bei "Pass It Along", "Use Your Imagination", "The Poet Game" oder dem grandiosen Titelsong fündig. Der sympathische Scott Cook hätte es mehr als verdient, seinen Status als Insider-Tipp zu verlassen - mit "One More Time Around" könnte und sollte es ihm gelingen. Toller Typ!!
Line-up:
Scott Cook (vocals, acoustic guitars, banjo, marimba, mandolin)
With:
Jesse Dee (electric guitar,)
Brian McMillan (guitars)
Jez Hellard (guitars, background vocals)
Mark Lavengood (dobro)
Bramwell Park (banjo, backgrond vocals)
Scott Holloway (piano)
Cam Boyce (fiddle)
Tom Golub (upright bass, bass fiddle)
Matt Blackie (drums)
Jacquie B. (background vocals)
Tracklist |
01:Pass It Along (4:52)
02:Among The Trees (3:57)
03:Mama Always Said (3:38)
04:When We're Back Around (3:59)
05:You Don't Find Out In The End (4:06)
06:Use Your Imagination (4:49)
07:Broke, And So Far From Home (4:02)
08:New Grist (3:21)
09:The Poet Game (6:28)
10:One More Time Around (4:52)
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Externe Links:
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