Die erfreuliche Bilanz dieses Konzerts im Spirit of 66 in Verviers beinhaltete auch einige nicht so arg ins Kontor fallende musikaliengewerbliche Kollateralschäden und sie verteilten sich wie folgt: Während des mittelschnellen Countryrockers "A Good Man" verrockte sich die Halterung von Frau Collins Mikrophon in etliche Einzelteile. Francis, der Besitzer des Spirit, sorgte umgehend für Ersatz und schraubte eine neue Halterung ein.
Ein umgerockter Stuhl, auf dem befand sich bis zum Zeitpunkt des Umfallens Stacies Harpkoffer, der Stuhl hüpfte vor lauter Begeisterung über das dargebotene künstlerische Schaffen der Vier aus Nashville/Tennessee mit und sank dann leider um und hin, die Lee Oskar Harps aus dem Koffer verstreuten sich mit dem Koffer ungleichmäßig auf dem Bühnenboden…. Nach dem Einsammeln der Mundharmonikas wurden der Stuhl und der Alukoffer mit Panzerband fixiert und befestigt, wieder mit den diversen Mississippisaxofonen befüllt und fortan blieb alles auf den dafür vorgesehenen Plätzen.
Zwei Harmonikas verstimmten Stacie, weil sie sich während ihres druckvollen Spiels bei ihrer Eigenkomposition "Baby Sister" und beim für Muddy Waters von Willie Dixon komponierten Klassiker "I'm Ready" verstimmten, sie flogen unkontrolliert in halbhoher Flugbahn begleitet von zwei Flüchen zur Bühnenseite in die Vorhänge und wurden in der Konzertpause von ihr wieder aufgesammelt bevor es zum Autogrammschreiben und Smalltalk an ihren Merchandisestand ging.
Aber der alles überragende Anteil in der Konzertbilanz gehörte dem Spiel-, Spaß- und Freudefaktor auf und vor der Bühne, die Frau und ihre drei Männer neben und hinter ihr - einer ist ihr Ehemann - rockten sich und uns die Seelen aus dem Leib. Sie feuerten ihre Gute-Laune-Musik gnadenlos und mit viel Spirit ins Spirit und die Honkytonk-, Country Rock-, Roots Rock- und die bluesige Hard Rock-Post landete richtig adressiert in den Zentralorganen des Rock'n'Roll der enthusiastischen Zuhörerschaft: Herz, Seele, Nieren - und natürlich in den Knochen, die alten und jungen Knochengerüste der Party-feiernden Gemeinschaft bekamen eine orthopädische Grund- und Weiterbehandlung der wohltuenden Art.
Die Musikschaffenden im wahrsten Sinne des Wortes an einem der Orte für sehr gute Musik in Westeuropa: Stacie Collins am Mikrophon für Gesang und am Fahrradlampenmikro für die Bluesharps, sie ackert und schuftet und schreit und röhrt und wispert die Musik von der Bühne, ihr Harpstil und -spiel ist eher rustikaler und von der dreckigen Art sowie oft als rhythmische Begleitung neben der Leadgitarre zu hören.
Ihre Bandmates sind Adam Abrashoff am Schlagzeug und Tommy Dayle an den Leadgitarren, die beiden lassen den Rock'n'Roll-Train nicht entgleisen, haben nie Verspätung und drücken immer aufs richtige Tempo, wobei Tommy die Gibson einige Male solistisch ganz schön aufschreien lässt, so 'ne Gibson ist proud to be loud.
Und last but not least gibt es noch Allen Collins, der ist Stacies Ehegatte und spielt den Bass in dieser und in der Truppe von Jason & The Scorchers, besitzt das richtige Händchen für tolle Bassläufe und singt gelegentlich mit.
Zur musikalischen Erklärung des Spektakels noch die Hinweise zu den CD's der Band, "The Lucky Spo"t und "Sometimes Ya Gotta…": Die wurden produziert und gitarristisch begleitet vom Rock'n'Roll-Gouverneur des Staates Tennessee mit Namen Dan Baird und außerdem noch von einigen anderen Rock'n'Roll-Gitarrenmusketieren verfeinert, Ken McMahan, Warner E. Hodges und Eric Borash. Mit diesen Leuten im Studio beträgt der Rock'n'Roll-Gehalt 100 % im Soundgemisch, auch bei den Balladen.
Und so ist es auch hier und heute Abend livehaftig. Stacie, Al, Adam und Tommy hebeln uns aus, sie beginnen mit den beiden Midtempostampfern "It Ain't Love" und "Hey Mister", da fliegen die Haare zu Berge und die Eiswürfel in den Softgetränken durcheinander, die Stimmung brodelt am Place du Martyr 16, verkühlt sich nicht und köchelt über zwei Stunden kurzweilig durch.
'Cool' wird's zwischendurch mal für ca. sieben Minuten, der Titel "Cool" hat so einen swampigen Touch mit toller Slidegitarre, ein knackiges Harpsolo gibt's mittendrin statt nur dabei, wir befinden uns für diese Zeit mal im Mud Louisianas und Mississippis, große Klasse.
Balladentime ohne Feuerzeuge gibt's mit dem Heuler "It Hurts To Breathe". Hier liegt die Stimme von Stacie ab und zu songdienlich an den für die Country Musik typisch hohen Lagen nahe am Überschlag.
Das bleibt aber der einzige Ausflug in einen Westernsaloon, danach schwarten uns das Mädel und die Jungs wieder den Krach des Rock'n'Rolls um die Ohren. Wie sagte Al so schön - kommen wir nun von der Ballade wieder zum Teufel - "Lend The Devil A Hand" rockte wie die Sau und war der Abschluss des Sets gegen 22 Uhr 45.
Wir klatschten und johlten die Vier noch zu zwei Zugaben auf die Bühne und da überraschten und vergnügten sie uns mit "Beer Drinkers And Hell Raisers" aus dem großen Bärte-Rockrepertoire und das Allerletzte an diesem Abend kam aus dem Fundus einer australischen Kapelle mit der Erkenntnis "It's A Long Way To The Top", wobei der Dudelsackeinschlag mit dem Mississippisaxofon kompensiert wurde, was für ein Finale.
Und dieses Quartett der gehobenen Partymucke spielt in den nächsten Tagen und Wochen noch in einigen Orten der rockigen Muse in Deutschland und im benachbarten Ausland, schaut sie euch an, es lohnt sich.
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