Musik aus der Nähe und der Ferne zugleich. Wie bitte? Ach, Dad Horse Ottn stammt aus Bremen und die Musik wurde in Melbourne aufgenommen, so geht das... Ich halte hier eine Bonus-CD in Händen, wo ist der Rest?
Noch eine Frage, die sich aber schnell beantworten lässt, das neue Werk ist als LP erschienen und mit dieser CD werden noch einige zusätzliche Titel präsentiert, zuzüglich einiger Ansagen.
Ein bestimmter von Ottn geprägter Begriff, taucht in Zusammenhang mit dieser Musik auf - Kellergospel. Die nächste Frage also, was soll das bitteschön sein? Im Promoblatt heißt es dazu: »Gospel, der nicht in den lichtdurchfluteten Kirchen und Kathedralen gesungen wird, sondern in den finsteren Kellergewölben der Seele, an den Orten der Einsamkeit und Verzweiflung, in denen das Licht am sehnlichsten vermisst wird«. Gewichtige Worte, die neugierig auf die Musik machen.
Ottn ist üblicherweise allein unterwegs, dazu sein Instrumentarium aus Banjo, Basspedal, Kazoo und Mandoline. Bei der Australientournee wird er von zwei Musikern begleitet, die auch hierzulande bereits als Bestandteil der Puta Madre Brothers die Clubs unsicher machten. In Australien waren es die Locations 'Old Bar'(Fitzroy) und 'Retreat Hotel' (Brunswick), Vicoria.
Das fängt ja skurril an, "Too Close To Heaven" bringt mich sogleich zum Schmunzeln, der Titel holpert so einfach dahin, völlig amateurhaft und packend zieht es mich gleich mit. Dann holpert es weiter, die von deutschem Akzent deutlich eingefärbte Ansage, gefolgt von weiterer musikalischer Skurrilität, diesmal mit Hinzunahme des Kazoos, ja, wer von uns Älteren hat früher nicht auch auf dem Kamm geblasen, mit Pergamentpapier drauf. Im Grunde genommen klingt diese Musik so, als sei sie einfach nicht ernst zu nehmen, auch Ottn scheint öfter wohl über sich selbst zu schmunzeln.
'Kellergospel' also, aber von typischem Gospel absolut keine Spur! Ich denke, man muss das mögen, man muss dieses gewisse Quäntchen Humor haben, um darüber lächeln zu können. "Dried Out River", nun mit der Band und die Stimmung gewinnt ein wenig mit rockiger Ausrichtung und Anklängen an ganz alten trockenen Countrysound.
Das ist Musik, die abseits von Allem steht, die so einzigartig kommt, dass man dem Protagonisten allein dafür gratulieren muss! Mit Band schimmert immer mehr dieses Countryelement alter Schule durch, und die Musik wirkt dadurch in der Tat ernsthafter, was Ottn jedoch nicht darin hindert, mit bisweilen gar gräuslicher Stimme seine persönliche Botschaft heraus zu krächzen. Man schwankt tatsächlich in seiner Meinung, ob das nun ernst zu nehmen ist oder ob wir auf den Arm genommen werden sollen.
Nun, ich betrachte den Ansatz erst einmal mit der nötigen Portion Ernsthaftigkeit, schmunzele über die skurrilen Elemente und erfreue mich letztlich an der simplen Struktur dieser direkt ins Blut gehenden Musik, die einfach Spaß macht, nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, auch das Publikum wird seine Freude gehabt haben. Die Musik erscheint mir wie eine Gratwanderung zwischen hintergründigen Humor und leidenschaftlicher Ernsthaftigkeit.
Dieses findet sich besonders auf "WTC In Heaven", wo er ein "World Trade Center" besingt, das sich im Himmel befindet. Er stellt in Aussicht, wer denn nun verantwortlich gewesen sein soll für den Anschlag, Mohammed Atta oder die CIA. So traf er Jesus im Himmel und unterhielt sich mit ihm, und Jesus zeigte ihm, dass das WTC im Himmel sei. Dabei wirkt das Arrangement sehr skurril im leichten Walzerrhythmus. Selbst Trauriges wirkt gar nicht so traurig, so traurig das nun klingen mag.
Kernstück ist das als 'Sing-A-Long' angekündigte über elf minütige "Lord Must Fix My Soul", ein Lied über die Transformation der menschlichen Seele. »The Great Plumber He Has To Come To Bring This In Right Order«, das ist die Botschaft! Meint er das jetzt wirklich ernst mit Gott??? Ich weiß es nicht. Jedenfalls hat dieser Titel eine ganze Menge von solchen Songs wie "John Brown's Body" und ähnlichen. Meistens erzählt Ottn jedoch davon, was alles Sünde ist und was er bereut. Selten habe ich eine solch seltsame Version von "St.James Infirmary" gehört, irgendwie schon wieder großartig! Das gilt auch für den Klassiker "Lost Highway", bei dem Country wieder Einzug hält. Zum Schluss wird dann noch die E-Gitarre durch einen Phaser gejagt, und gejagt wird auch durch den Schlagzeuger, der seine beiden Kollegen kräftig antreibt. Alles in allem Musik von hohem Spaßfaktor.
Line-up:
Dad Horse Ottn (banjo, basspedal, mandoline, kazoo)
Anto Macaroni (electric guitar)
Renato Vacirca (drums, megaphone)
Tracklist |
01:Too Close To Heaven (2:36)
02:Announcement "Through The Hole" *(1:19)
03:Through The Hole (4:06) *
04:Announcement "Dried Out River" *(0:26)
05:Dried Out River (2:26)
06:Announcement "Will The Circle Be Unbroken" *(0:42)
07:Will The Circle Be Unbroken *(3:55)
08:WTC In Heaven (4:07)
09:Announcement "Gates Of Heaven" *(0:59)
10:Gates Of Heaven (2:12)
11:Lord Must Fix My Soul (11:39)
12:St. James Infirmary Blues (4:41)
13:Announcement "Merchandise Song"* (2:31)
14:Merchandise Song (4:15)
15:Announcement "Falling" (2:15)
16:Falling (5:16)
17:Announcement "Waiting At The Turnpike" *(0:25)
18:Waiting At The Turnpike (3:28) *
19:Lost Highway (2:44) *
20:I'm Not Here Anymore (4:39)
(Bonustracks CD *)
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Externe Links:
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